Tausend Mal gestohlen: Wie die Polizei Fahrraddieben auf die Spur kommt

Minden. Ermittlungen zu einem Diebstahl in einem Kleinbetrieb, Auswerten von Kameraaufzeichnungen nächtlicher Gärten in der Nordstadt, nach Dienstschluss Durchforsten von Online-Portalen – und dann dieser Kick, wenn ein Angebot zu einer Anzeige passt: Alexandra Wenige findet ihr Arbeitsgebiet &bdquo;Fahrraddiebstähle" alles andere als trocken. Seit vergangenem Oktober ermittelt die Kriminaloberkommissarin dazu bei der Kreispolizei Minden-Lübbecke, und sie sagt: &bdquo;Eigentlich möchte ich das gar nicht mehr abgeben." Wenn sie von den Menschen erzählt, mit denen sie tagtäglich zu tun hat, jenen, die sich melden, weil ihr teures E-Bike weg ist, dann wird Anteilnahme spürbar: &bdquo;Viele sind wirklich traurig, und für viele ist es ein großer finanzieller Verlust, den sie nicht so einfach wegstecken." Auf der anderen Seite erlebt sie Dankbarkeit bei denjenigen, die ihr Rad wiederbekommen. &bdquo;Neulich konnten wir einer Familie, die augenscheinlich finanziell nicht so gut gestellt war, ihr Kinderfahrrad zurückgeben. Die haben sich total gefreut und sich immer wieder überschwänglich bei uns bedankt." Aktuell spürt die Kriminaloberkommissarin Ereignissen in der Nordstadt nach. Dort werden Räder aus Lauben und Garagen gestohlen. Kameras der Anwohner zeigen Gestalten, die offenbar nachts durch die Gärten schleichen und diese nach Wertvollem abscannen. &bdquo;Leider ist die Qualität der Videos nicht so, dass sie uns nennenswert bei den Ermittlungen hilft", sagt Wenige. Und was tut die Polizei dagegen? Das wird für einen Medienbericht nicht verraten – auch Täter könnten das MT lesen. Handelt es sich vielleicht um Banden, die von außerhalb kommen? Auch das wäre pure Vermutung. Doch manches bleibt beim Thema Fahrraddiebstahl tatsächlich im Dunkeln. 1.000 Anzeigen pro Jahr Denn nur einen Teil der gestohlenen Waren findet die Polizei wieder. Rund 1.000 Anzeigen gibt es pro Jahr, die Aufklärungsquote ist bei 9,81 Prozent. Im Vergleich sei das ein sehr guter Wert, betont Polizeisprecher Thomas Bensch. Lediglich eine der sechs Vergleichsbehörden mit ähnlicher Struktur sei mit 10,29 Prozent besser; die schlechteste liegt bei 4,13 Prozent. Nur ein Bruchteil der gestohlenen Räder wird überhaupt jemals wieder gefunden. Wie das kommt? Die Ermittler wissen es nicht. Werden die hochwertigen E-Bikes auf Laster gepackt und in andere Teile der Welt gebracht? Auch das: Spekulation. Hin und wieder sagten Verdächtige das in Ermittlungen. Urban Legend? Echte Spur? Auf einen großen Fisch, der Fahrräder bandenmäßig verschiebt, habe die Polizei jedenfalls keine Hinweise. Darum auch die Präventionsarbeit. &bdquo;Wir müssen erkennen können, nach welchem Rad wir suchen", sagt Wenige. Da hilft die Codierung enorm. &bdquo;Nicht alle Leute erstatten Anzeige – leider." Dabei helfe das unter anderem dabei, Brennpunkte zu erkennen und Verdächtigen weitere Straftaten zuzuordnen – wenn beispielsweise in einem Keller weitere Räder entdeckt werden. Neben der Datenbank mit codierten Fahrrädern (siehe unten) führt Wenige auch eine eigene, in der sie alle gestohlenen Räder einträgt, die nicht codiert sind. Fundräder werden zunächst in der Asservatengarage bei der Polizei aufbewahrt und dann in der Regel nach einem halben Jahr ans Fundbüro weiter gegeben, wenn sie nicht Bestandteil von Ermittlungen oder Strafverfahren sind. Und nein, keiner könne von dort Räder weiter verkaufen, wie unlängst in Leipzig geschehen, sagt Wenige: &bdquo;Bei uns gibt es nur einen Schlüssel, und den hat der Leiter der Asservaten. Jeder Vorgang wird im Vier-Augen-Prinzip mit Unterschriften belegt." Auch Käufer von Gebrauchträdern müssten in die Pflicht genommen werden, so ihre Überzeugung. Wer Schnäppchen mit unrealistischen Preisen erwirbt, könne sich der Hehlerei schuldig machen. Übrigens geht bei Fahrraddieben der Trend eindeutig zum hochwertigen Modell, vor allem zum E-Bike. Und auch darum sei die Codierung wichtig. &bdquo;Den Bürgern ist glaube ich nicht bewusst, wie viele Räder gestohlen werden." Apps, Schlösser, Codierungen: So lassen sich Fahrräder sicher machen Nummernschild Seit 2012 bietet die Polizei im Kreis Minden-Lübbecke die Möglichkeit, Fahrräder in der Polizei-Datenbank erfassen zu lassen. Jedes Rad bekommt dabei eine eigene Nummer, die links unter dem Sattel aufgeklebt wird und nur schwer abzulösen ist. Der Vorteil: Wird das Gefährt gestohlen, dann liegen den Ermittlern für eine Anzeigenaufnahme schon alle relevanten Informationen vor. Und auch, wenn bei einem Dieb Räder sichergestellt werden, können diese über die individuelle Nummer direkt einem Eigentümer zugeordnet werden. Dieser Service ist kostenlos, jede Polizeidienststelle kann nach Absprache ein Fahrrad registrieren. Dazu müssen der Eigentumsnachweis – in der Regel der Kaufbeleg – und der Personalausweis vorgelegt werden. Allerdings: Diesen Service können Bürger aus Rahden und Stemwede nicht in Anspruch nehmen, weil diese Kommunen die Aktion nicht unterstützen. Nach Angaben der Polizei haben die die anderen neun Kommunen im Kreisgebiet einmalig zwischen 500 und 1000 Euro beigetragen. Der Service könne nur kostenlos angeboten werden, wenn die Sachkosten gedeckt sind. Das sei auf diesem Weg möglich. Der Polizeisport- und Präventionsverein hat die Verwaltung dieser Mittel übernommen. Schlösser Teures Fahrrad kaufen, aber am Schloss sparen: Das sollte sich jeder gut überlegen. Nicht nur, weil es ärgerlich ist, wenn das Gefährt wegkommt, sondern auch, weil die meisten Versicherungen nur zahlen, wenn kein billiges Schloss verwendet wurde. Manche Versicherungen verlangen dafür auch entsprechende Kaufbelege. In der Regel deckt die Hausratversicherung den E-Bike-Diebstahl nicht mit ab. Viele Seiten im Internet und die Fahrradhändler informieren über die Qualität einzelner Schlösser und geben Tipps für die Auswahl des Richtigen. In jedem Fall sollte es ein hochwertiges sein, das schwer mit Bolzenschneider oder Akku-Flex zu knacken ist. Auch beim Abstellen kann jeder für mehr Sicherheit sorgen. Gut ist, sein Rad in Sichtweite zu halten oder es nicht an einsamen Stellen allein stehen zu lassen, empfiehlt die Polizei Wegfahrsperren, GPS etc. Auf dem Markt sind auch andere zusätzliche Systeme, etwa Warntöne, wenn das Rad ohne Entsperren bewegt wird, gekoppelt mit elektronischen Alarmierungen per App; oder auch elektronische Wegfahrsperren, ohne die die die Antriebseinheit deaktiviert bleibt. Es gibt Tracking-Möglichkeiten per GPS, und auch Ortung und Rückholservice sind einige der neueren Angebote.

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