Wahlanalyse zur Kommunalwahl: „Lübbecke ist für die CDU generell kein einfaches Pflaster“

Lübbecker Land. Die Stimmzettel sind ausgezählt, die Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen ist gelaufen. Überraschungen gab es bei der Kommunalwahl auch im Lübbecker Land. In Espelkamp wurde Bürgermeister Henning Vieker (CDU) mit deutlichem Vorsprung schon im ersten Wahlgang gewählt, in Lübbecke siegte SPD-Kandidat Philipp Knappmeyer deutlich. Und in Rahden wurde erstmals ein CDU-Bürgermeister abgewählt, hier triumphierte Florian Haase (FDP). In allen Kommunen legte bei der Ratswahl die AfD zu, in Espelkamp ist sie zweitstärkste Fraktion. Die CDU fuhr in ihren einstigen Hochburgen im Nordkreis die schlechtesten Ratswahl-Ergebnisse seit der Gebietsreform ein. Wie fällt die Bilanz von CDU und SPD zur Kommunalwahl aus? Dazu äußerten sich auf Nachfrage der Redaktion Oliver Vogt, CDU-Bundestagabgeordneter und CDU-Kreisvorsitzender, sowie Achim Post, in Espelkamp aufgewachsener SPD-Bundespolitiker und Co-Vorsitzender der NRW-SPD. Wie beurteilen beide Politiker den Ausgang der Kommunalwahl in NRW? In der ehemals sozialdemokratischen Herzkammer ist die CDU kommunal die stärkste Kraft. Er schließe sich dem CDU-Landesvorsitzenden und Ministerpräsidenten Hendrik Wüst an. Er sei zufrieden und ziehe eine positive Bilanz, sagte Oliver Vogt. Den CDU-Sieg in Dortmund könne man als historisch einstufen. Vogt erinnerte an Erfolge der CDU in OWL auch bei der Stichwahl. Auch die Kreis-CDU sei zufrieden. Es habe sich wieder gezeigt, dass Kommunalwahlen Persönlichkeitswahlen seien. &bdquo;Insgesamt gibt es in NRW Licht und Schatten für die SPD“, sagte Achim Post. Die SPD habe mit Köln die einzige Millionen-Stadt in NRW zurückgeholt und auch in Wuppertal oder Oberhausen gewonnen sowie Duisburg und Gelsenkirchen klar gehalten. Auf der anderen Seite schmerze der Verlust von Dortmund. Die Wahl habe auch gezeigt, dass &bdquo;bei der AfD die Bäume nicht in den Himmelwachsen“. Mit Blick auf das Abschneiden der AfD: Warum erreicht die CDU einen Teil ihrer Wählerschaft nicht mehr? Wie will sie das ändern und was muss die CDU auch intern dafür tun? &bdquo;Die Frage ist für mich zu einseitig gestellt“, merkte Vogt an. Die AfD ziehe nicht mehr in erster Linie Potenzial der CDU ab, sondern Potenzial der SPD. Das bedeute, dass sich alle demokratischen Parteien stärker mit den Motiven befassen müssten, &bdquo;die die Menschen zur AfD treiben“. Zudem müsse man stärker die Info-Kanäle aktualisieren. Social Media sei nur ein Teil. Vogt: &bdquo;Es wird vieles gut gemacht, aber unzureichend oder schlecht kommuniziert.“ Mit Blick auf das Abschneiden der AfD: Warum erreicht die SPD einen Teil ihrer Wählerschaft nicht mehr? Wie will sie das ändern und was muss die SPD auch intern dafür tun? Es gebe bei der Kommunalwahl Beispiele, wo die SPD ihre Wählerschaft gut bis sehr gut erreiche. Insgesamt sei es aber richtig, dass Teile nicht mehr erreicht würden, sagte Achim Post. Die Gesellschaft und die Parteienlandschaft seien heterogener geworden und das mache Prozentzahlen wie noch vor Jahren noch schwieriger. Wenn Bürger gewählt hätten und es gebe eine neue Regierung, dann müsse die auch liefern und nicht ständig streiten. &bdquo;Das war das Elend der Ampel, das muss die jetzige Bundesregierung besser machen.“ Zudem müsse man klipp und klar sagen, was man wolle und was nicht, so Post. Es brauche generell mehr Klarheit. >>> Kommunalwahl 2025 - Kreis Minden-Lübbecke Wie beurteilen Achim Post und Oliver Vogt die Kommunalwahl im Lübbecker Land? &bdquo;Es ist ein durchwachsenes Bild, es gibt Licht und Schatten“, sagte Vogt. In Stemwede habe der gemeinsame Kandidat ein herausragendes Ergebnis erzielt und CDU und FDP könnten ihre Arbeit im Rat fortsetzen. Einige Prozentpunkte mehr habe man sich hier schon gewünscht. &bdquo;Schmerzlich“ sei das Rahdener Ergebnis, das müsse aufgearbeitet werden. Die Windrad-Debatte und weitere Faktoren seien nicht hilfreich gewesen. &bdquo;Lübbecke ist für die CDU generell kein einfaches Pflaster“ &bdquo;Sensationell war das Ergebnis in Espelkamp“, sagte Vogt. Henning Vieker habe mit 66 Prozent seinen Vater übertroffen, die CDU habe die absolute Ratsmehrheit noch ausgebaut. In Lübbecke erzielte Bent Grote nach Angaben Vogts ein &bdquo;achtbares Ergebnis“. Er habe mit Philipp Knappmeyer aber auch kreisweit den stärksten SPD-Gegenkandidaten gehabt. Schauen müsse die CDU, wo es noch Potenzial gebe. Vogt: &bdquo;Lübbecke ist grundsätzlich für die CDU kein einfaches Pflaster.“ In Preußisch Oldendorf sei Marko Steiner mit deutlichem Ergebnis bestätigt worden, die CDU sei stärkste Ratsfraktion. Man müsse nun sehen, wie man im Rat zu demokratischen Mehrheiten komme. In Hüllhorst, traditionell keine CDU-Hochburg, habe Michael Kasche ein überzeugendes Ergebnis bekommen und die CDU habe ihre führende Stellung gestärkt. In Lübbecke gab es nach Angaben Posts einen großartigen Erfolg für die SPD mit Philipp Knappmeyer und auch in Rahden habe es ein gutes Bündnis von FDP, SPD und Grünen und einen guten Bürgermeister-Kandidaten gegeben. Er habe selten einen so engagierten Wahlkampf gesehen auch bei der SPD, sagte Post. Die Wahlkämpfer hätten versucht, Berlin auszublenden und sich auf die Heimat zu konzentrieren: &bdquo;Was schmerzt, ist das starke Abschneiden der AfD in Espelkamp.“ Die AfD habe in NRW unterdurchschnittlich abgeschnitten und sei bei jungen Wählern nur fünftstärkste Kraft. &bdquo;Umso stärker fällt das Ergebnis der AfD in Espelkamp ins Gewicht“, so Post. Die AfD hat kräftig zugelegt, ist in Espelkamp sogar zweitstärkste Fraktion. Was müssen die demokratischen Parteien nun zwingend tun? Früher habe man gesagt, dass Espelkamp ein AfD-Problem habe, merkte Vogt an: &bdquo;Aber das Problem ist mittlerweile kreisweit.“ Mitten in der Mindener Innenstadt sei die AfD stärkste Partei geworden: &bdquo;Wer hätte sich das vor Jahren vorstellen können?“ &bdquo;Die demokratischen Parteien müssen stärker zusammenarbeiten“, merkte Post an. Das gelte auch für den Wahlkampf – ohne eigene inhaltliche Positionen hintenan zu stellen: &bdquo;Sie müssen konstruktiv miteinander umgehen.“ Bislang hat es Debatten um ein AfD-Verbot gegeben, aber keine nennenswerten inhaltlichen Debatten, um die AfD inhaltlich zu entzaubern. Wenn die demokratischen Parteien die AfD jetzt nicht inhaltlich stellen, steuern wir dann nicht auf eine Neuauflage der Spätphase der Weimarer Republik zu? &bdquo;Wir müssen unsere Politik besser erklären und den persönlichen Kontakt aufbauen“, antwortete dazu Vogt. Die inhaltliche Auseinandersetzung mit der AfD müsse intensiviert werden. Die AfD schüre Emotionen und Ängste, präsentiere aber keine Lösungen. Da sei es schwer, mit Sachargumenten dagegen anzugehen: &bdquo;Aber das müssen wir tun.“ Ein AfD-Verbot sieht Vogt weiter kritisch. Das helfe nicht, die Menschen zurückzugewinnen, die sich von demokratischen Parteien abgewandt hätten: &bdquo;Mit dem Verbot verbiete ich nicht die Beweggründe.“ &bdquo;Da muss man das eine tun und das andere nicht lassen“ Achim Post dazu: &bdquo;Das gilt es zu verhindern, und ich sehe für uns auch alle Möglichkeiten, es zu verhindern. Und dazu muss man das eine tun und das andere nicht lassen.“ Der ausführliche Bericht des Verfassungsschutzes zeige, dass die AfD verboten werden müsse, weil sie Feind der Demokratie sei. Man müsse sie auch inhaltlich stellen und viel stärker deutlich machen, dass die AfD marktradikal sei sowie frauen- und arbeitnehmerfeindlich. Post: &bdquo;Ich kenne keine Partei, deren Steuerpläne so ungerecht für den Großteil der Bevölkerung sind.“ Am 1. November beginnt die neue Wahlperiode. Was muss nach Überzeugung Posts und Vogts ein neuer Stadt- oder Gemeinderat unbedingt zuerst angehen? Er sei nicht mehr in der Kommunalpolitik tätig und wolle als Bundestagsabgeordneter keine Lehrstunde geben, antwortete Vogt. Die Vertreter in der Kommunalpolitik wüssten, was zu tun sei. Alle Räte in NRW müssten dafür kämpfen, dass von den 100 Milliarden Sondervermögen für Länder und Kommunen 80 Prozent an die Kommunen gingen, sagte Post. Er habe das Sondervermögen ja mitverhandelt. Mit einem Anteil von 80 Prozent lasse sich vieles bewegen. Die Umfragen für die schwarz-rote Bundesregierung sehen derzeit nicht gut aus. Angesichts von Streit wie jüngst bei der Richterwahl: Hat die Koalition nichts aus der Ampel gelernt? &bdquo;,Nichts gelernt’ würde ich nicht sagen“, meinte Oliver Vogt. Aber bei der Kommunikation sei viel Luft nach oben. Es sei bei den Menschen nicht angekommen, dass die Regierung seit dem Start vor fünf Monaten eine Menge auf den Weg gebracht habe: &bdquo;Das kommt vor Ort zu wenig an.“ Auch seien die Menschen ungeduldig, doch brauche in der Demokratie auch alles seine Zeit. &bdquo;Ich hoffe, die Bundesregierung hat aus der Ampel etwas gelernt“, merkte Achim Post an. Gleichwohl habe das Beispiel der Richterwahl für das Bundesverfassungsgericht gezeigt, dass es beim ersten Mal nicht geklappt habe. Er rate allen Beteiligten in SPD, CDU und CSU, sich auf die wesentlichen Dinge zu konzentrieren, die man brauche für sozialen Zusammenhalt, Arbeit sowie aktive Wirtschafts- und Industriepolitik. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

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