Lübbecker Meteorologe: Diese Wetterphänomene sind im Kreis Minden-Lübbecke typisch

Minden. Drehen Gewitter am Mittellandkanal wieder um? Welche Anziehungskraft hat das Hiller Moor? Und warum ist es vor allem an warmen Tagen gerade im Innenstadtbereich von Minden oft windig? Es gibt zahlreiche kleinräumige Wetterphänomene im Mühlenkreis. Doch manche Erscheinungen sind auch nur Mythos. Im Interview erklärt der Lübbecker Diplom-Meteorologe Friedrich Föst, was dahinter steckt. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke Herr Föst, viele bezeichnen das Wiehengebirge als Wetterscheide. Was ist da dran? Bei speziellen Wetterlagen ist das richtig. Vor allem im Herbst und Frühwinter können wir häufig beobachten, dass die eine Bergseite im Nebel versinkt, während die Bewohner auf der windabgewandten Seite strahlenden Sonnenschein genießen können. Dann sprechen wir vom sogenannten Föhneffekt. Den kennt man sonst ja eher aus den Alpen. Aber auch unsere kleineren Hügel schaffen es durchaus, feuchte Luft aufzuhalten. Auf der windabgewandten Seite kann sich die Luft dagegen erwärmen und aufsteigen. Dadurch verdunstet die Feuchtigkeit schneller, der Nebel löst sich auf. Ich habe meine Diplomarbeit in Innsbruck über den Föhneffekt geschrieben: Spannend ist ja, dass die Hauptjahreszeiten für Föhnwetterlagen an den Alpen und am Wiehengebirge exakt übereinstimmen. Neben dem Herbst und Frühwinter ist das auch der Zeitraum Februar/März. Gewitter ziehen immer übers Moor: Mythos oder Wahrheit? Gewitter haben auf jeden Fall hier bei uns in der Region Lieblingszugbahnen. Ab und zu höre ich, dass Leute behaupten, der Mittellandkanal oder die Weser würden Gewitter aufhalten oder zum Umkehren bringen. Das ist natürlich völliger Quatsch. So ein kleiner Fluss schafft es nicht, solch eine riesige Gewitterwolke aufzuhalten. Und Gewitter drehen auch nicht um. Aber was man beobachten kann: Gewitter ziehen gerne aus dem Raum Bielefeld über Herford und Bad Oeynhausen in die Mindener Richtung. Oder aus dem Raum Osnabrück über Stemwede und Rahden. Dazwischen ist dann oft ein Loch ohne Regen und Gewitter im Bereich Lübbecke, Hille und Preußisch Oldendorf. Wie kommt das? Mutmaßlich haben auch hier unsere eher niedlichen Hügel ihre Finger im Spiel. Und die Höhenzüge des Teutoburger Waldes. Die paar Hundert Meter reichen aus, um Zugbahnen durch aufsteigende Winde zu beeinflussen. Oft sieht man, dass Gewitter eher südlich des Wiehengebirges entlangziehen und gar nicht über den Berg kommen. Man kann sagen, dass Hügel durchaus gewitterfördernd sind. Gewitterfördernd, inwiefern? An den Hügeln wird die Luft zum Aufsteigen gezwungen. Dabei wird auch Luftfeuchtigkeit in höhere Schichten transportiert. Das begünstigt die Bildung von Gewitterwolken. Auch andere Phänomene wie Tornados werden dadurch beeinflusst. Dafür ist nämlich die Luftbewegung in den untersten 100 Metern entscheidend. Durch aufsteigende Luft an Höhenzügen wird die sogenannte Windscherung begünstigt. Und wenn die hoch ist, besteht theoretisch ein höheres Potenzial für Tornados. Das gilt im Übrigen auch für die Mittelgebirge. Wo wir gerade bei Gewittern sind: Stimmt der Eindruck, dass sie immer häufiger aus dem Nichts entstehen? Nein, zumindest nicht direkt. Aus dem Nichts hieße ja, sie waren überhaupt nicht vorhergesagt. In der Regel können wir in der Meteorologie spätestens 24 Stunden im Voraus vor einer Gewitterlage warnen. Nun ist es ja aber so, dass das dann nicht jeden treffen muss. Vielleicht kommt der Eindruck daher: Trotz Wetterwarnung hat den ganzen Tag die Sonne geschienen. Und abends trifft es einen dann doch. Dann wirkt das so plötzlich, als käme es aus dem Nichts. Was man aber tatsächlich sagen kann: Die Dinger sind in 15 Minuten fertig gebaut. Gerade wenn sich die Gewitter hier vor Ort bilden, geht es rasend schnell und die schwarze Wolke entlädt sich über uns, während fünf Kilometer weiter strahlender Sonnenschein herrscht. Gewitter verbinden viele auch mit Wind. Zuletzt war eher der Eindruck, dass es vor allem an warmen sonnigen Tagen immer auch windig ist. Stimmt das? Ja, das ist durchaus so und das ist auch lokal total unterschiedlich. Wir Meteorologen sprechen von der sogenannten Blauthermik. Wir haben strahlend blauen Himmel und trotzdem ist es windig. Das liegt daran, dass die bodennahen Luftmassen unterschiedlich stark erhitzen. Im Innenstadtbereich von Minden ist beispielsweise viel versiegelte Fläche. Die wird viel schneller warm als grüne Wiese. Diese Hitzeblasen steigen dann schnell auf und sorgen für plötzliche Böen. Für die Bildung von Wolken reicht es an solchen warmen und trockenen Tagen allerdings nicht, weil bei Hochdrucklagen gleichzeitig Luft von oben absinkt und das weitere Aufsteigen der bodennahen Luftschichten ausbremst. Es kann aber auch sein, dass an warmen Tagen in der Nähe ein Tiefdruckgebiet liegt. Davon merkt man beim Wetter vor Ort zwar nichts, aber die Druckgegensätze gleichen sich trotzdem durch Wind aus. Das ist aber kein Phänomen, das mit dem Klimawandel gekommen ist. Das beobachten wir schon immer und lässt sich physikalisch auch gar nicht anders erklären. Mehr zum Thema: Lübbecker Meteorologe Friedrich Föst sucht neue berufliche Herausforderung

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