Wahllokal in früherem Lübbecker Nazi-Bau?

Lübbecke. Lübbecke war unmittelbar nach dem Krieg ein zentraler Ort für die britische Armee in ihrer Besatzungszone. Hier arbeitete unter anderem die Kontrollkommission. Die Briten nutzten auch einen Nazi-Bau – bis zu ihrem Abzug im Sommer 2019. Könnte der zu einem Wahllokal werden? Das Gebäude hoch über der Lübbecker Altstadt spiegelt die jüngere Geschichte wider. Errichtet wurde das Gebäude 1938/1939 als Gau-Schulungsburg der Nationalsozialisten. Wenige Wochen vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde der NS-Bau eingeweiht. Zu den Gästen unter den Hakenkreuzfahnen gehörten unter anderem der fanatische NS-Kreisleiter Ernst Meiring und Gauleiter Alfred Meyer. Der Leiter des Gaues Westfalen-Nord zählte im Januar 1942 zu den Teilnehmern der Wannsee-Konferenz, bei der die SS und verschiedene Behörden über die Koordination des Holocaust sprachen. Am 4. April 1945 machten die Alliierten dem Nazi-Terror im damaligen Landkreis Lübbecke ein Ende. Seit dem 4. April 1945 wehte an der Gau-Schulungsburg, nun britisches Offizierscasino, der britische Union Jack, bis er im Juni 2019 eingeholt wurde. In den letzten Jahrzehnten bis zu ihrem Abzug nutzten die Briten das Gebäude, das sie noch erweitert hatten, als Church House. Die kirchliche Begegnungsstätte wurde durch das Royal Chaplains Department betrieben. Deutsch-britische Initiative mit Ideen Das Gebäude am südlichen Ende der Schützenstraße steht für das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte. Es sollte ein Ort sein, an dem die Nazis ihre verbrecherische Ideologie weitergaben. Das Gebäude steht aber auch für die Nachkriegszeit und die Besatzungszonen, in diesem Fall die britische. Das Gebäude steht auch dafür, wie sich eine deutsch-britische Verbindung entwickelte, die auch viele ganz persönliche Freundschaften zwischen Menschen beider Nationen beinhalten. Die jüngst verstorbene Londonerin Diana Goldsworthy, die als Kind mit ihren Eltern für einige Zeit nach Lübbecke kam, hatte Ideen für das so symbolträchtige Gebäude hoch über Lübbecke. Gemeinsam mit Deutschen und Briten entwickelte sie Ideen, in einigen wenigen Räumen des Church Houses die Entwicklung der deutsch-britischen Beziehungen zu dokumentieren. Auf nennenswerte Resonanz stieß die Idee der deutsch-britischen Initiative bislang eher nicht. Der Lübbecker Roland Quarder nimmt nun einen neuen Anlauf und würde das Church House gern zumindest zeit- und teilweise öffentlich zugänglich machen. Der interessierten Öffentlichkeit einen Einblick in das Haus zu ermöglichen, das habe er mal bei einer Bürgerfragestunde im Stadtrat vorgeschlagen. Diese Anregung habe Bürgermeister Frank Haberbosch aber abschlägig beschieden, sagte Roland Quarder. Laut Auskunft der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben wäre dies aber durchaus möglich, sagt Roland Quarder. Wie die Stadt den Vorschlag bewertet Eine Gelegenheit dafür, interessierten Menschen das Church House zu zeigen, sei der 14. September 2025. An jenem Sonntag ist Tag des offenen Denkmals und an dem Tag finden in Nordrhein-Westfalen Kommunalwahlen statt. Quarder schlägt deshalb vor, an jenem Tag im früheren Church House ein Wahllokal einzurichten. Der Flur wäre aus Sicht des Lübbeckers auch geeignet, an dem Tag eine kleine Ausstellung zur deutsch-britischen Freundschaft zu platzieren. Ist Roland Quarders Vorschlag machbar? Auf eine entsprechende Frage an Lübbeckes Bürgermeister Frank Haberbosch antwortete Andreas Püfke, Sprecher der Stadt Lübbecke. Die Auswahl der Wahllokale erfolge nach praktischen Erwägungen, unter anderem einer möglichst zentralen Lage innerhalb des jeweiligen Stimmbezirks, Erreichbarkeit mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln, Nutzbarkeit der Räume ohne großen Personalaufwand oder auch einem barrierearmen Zugang, teilte Püfke mit. Grundsätzlich versuche die Stadt auch, Konstanz zu wahren, um es den Wählerinnen und Wählern, aber auch den Wahlhelferinnen und Wahlhelfern so bequem wie möglich zu machen. Stadtsprecher Andreas Püfke bewertete Quarders Vorschlag als &bdquo;eine hübsch schräge Idee, deren Umsetzung wir aus oben genannten Gründen praktischen Gründen nicht in Erwägung ziehen“. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

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