
Lübbecke. Große Sorgen um das Lübbecker Werk an der B239: Smurfit Westrock, einer der weltweit führenden Hersteller von Verpackungen auf Grundlage von Papier, hat am 30. April die Schließung von Werken in den USA und in Deutschland angekündigt. In den USA geht es um zwei Werke in St. Paul und Forney in den Bundesstaaten Minnesota und Texas, sie werden in einer Mitteilung des Konzerns genannt.
In Deutschland sind zwei Standorte betroffen, die der Konzern selbst bislang nicht namentlich nennt. In Deutschland hat der Konzern nach eigenen Angaben Beratungen mit örtlichen Betriebsräten begonnen – mit dem Ziel einer dauerhaften Schließung von verarbeitenden Standorten. Das betrifft nach Angaben des Branchendienstes „Europäischer Wirtschaftsdienst“ (EuWid) Papier- und Zellstoff (www.euwid-papier.de) und der „Neuen Westfälischen“ auch den Standort Lübbecke. Laut Euwid ist die Schließung Lübbeckes geplant, Hanau in Hessen soll der zweite betroffene Standort sein. Insgesamt könnten laut Smurfit Westrock rund 650 Menschen ihre Jobs verlieren. Eine Anfrage der Redaktion bei Smurfit Westrock ist bislang noch ohne Antwort.
Das Werk in Lübbecke stellt Wellpappen-Verpackungen her. Als Spezialität nennt Smurfit Westrock in seiner Unternehmens-Darstellung für seinen Lübbecker Standort unter anderem Displays und Retailverpackungen (Verpackungen für die Verwendung im Einzelhandel) im hochwertigen Offset-Druck. Auf seinen Internet-Seiten bietet Smurfit auch Hinweise für Menschen an, die einen neuen Job suchen. „Um die Besten zu sein, benötigen wir die besten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, heißt es da. Für den Standort Hanau bei Frankfurt (Main) fand sich bei den Job-Angeboten am Wochenende ein Hinweis auf ein Schulpraktikum. In der Aufzählung der Standorte für die Jobsuche wurde Lübbecke am Wochenende auf der entsprechenden Seite des Unternehmens gar nicht genannt.
Auswirkungen auf Beschäftigte und Kommunen
Informationen der „Neuen Westfälischen“ zufolge wären allein 150 Menschen am Standort in Lübbecke von dem Schritt betroffen. Es heißt, dass ein Aus für den Lübbecker Standort in Richtung Jahresende 2025 angestrebt werden soll. Man sei sich der Auswirkungen für die betroffenen Beschäftigten und Kommunen bewusst, heißt es in der Mitteilung von Smurfit Westrock. Der Konzern will die betroffenen Beschäftigten nach eigenen Angaben bei Umschulungen in andere Berufe oder – wo möglich – durch Versetzungen unterstützen. Genannt werden außerdem Abfindungen, die der Konzern in Abstimmung mit Betriebsräten und Gewerkschaften zahlen wolle.
Obwohl die Schließung eines Standortes nie eine einfache Entscheidung sei, erfolge das auf Basis der Einschätzung zu aktuellen und künftigen Kapazitäts-Bedürfnissen, wird in der Smurfit Westrock-Mitteilung Konzernchef Tony Smurfit zitiert. Zudem verweist Smurfit auf Betriebskosten und einen „unermüdlichen Fokus“, das Geschäft zu verbessern. Man sei dankbar für die Beiträge der Beschäftigten der betroffenen Standorte für das Unternehmen und wolle alles Mögliche tun, „um sie während dieses Prozesses zu unterstützen“.

Papier- und Wellpappenfabrik seit 1907
Die Herstellung von Verpackungen aus Papier hat in Lübbecke eine relativ lange Tradition. Das Areal an der heutigen Bundesstraße 239 südlich der Lübbecker Altstadt hatten im Jahr 1903 mehrere Bremer Kaufleute erworben. Zuvor hatte an dieser Stelle über Jahrzehnte eine Tuchfabrik gestanden. Die Bremer Kaufleute gründeten 1907 die Bremer Papier- und Wellpappenfabrik. Zu den ersten Produkten gehörten Flaschenhülsen aus Wellpappe.
Als Papierfabrik war das Unternehmen in Lübbecke und Umgebung bekannt, die Bushaltestelle an der Bundesstraße 239 in Höhe des Werksgeländes heißt bis heute so. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wechselte die Papierfabrik wiederholt die Besitzer. Aus dem Lübbecker Wellpappenwerk wurde später ein Standort von Europa Karton, nach dem Einstieg eines US-amerikanischen Unternehmens war Lübbecke ein Standort von Stone Europa Karton.
Dann kam Smurfit hinzu, ein von Jefferson Smurfit 1938 übernommenes Unternehmen. Das fusionierte 1998 mit dem in Chicago ansässigen Unternehmen Stone Container Corporation. Im Jahr 2005 schlossen sich Jefferson Smurfit und die Kappa Corporation zu Smurfit Kappa zusammen. Die Kappa Corporation war 1974 in den Niederlanden gegründet worden und zählt zu den bedeutendsten europäischen Herstellern von Verpackungen aus Wellpappe und Kartons. Die nächste Fusion gab es 2018. Damals gingen Smurfit Kappa und das US-amerikanische Unternehmen Westrock zusammen.