Knöllchen-Streit mit der Stadt: Lübbecker (80) zieht wegen 20 Euro vor Gericht

Lübbecke. Wegen des geringen Betrages, ein von der Stadt Lübbecke gefordertes Verwarnungsgeld über 20 Euro, sei es eigentlich &bdquo;wirtschaftlich nicht sinnvoll", vor Gericht zu gehen. Das sagte kürzlich im Saal zwei des Amtsgerichts Lübbecke die Lübbecker Fachanwältin für Verkehrsrecht, Wibke Dahlhaus. Doch ihr Mandant, der 80-jährige Lübbecker Karl Heinz Otte, habe sich aufgrund des Verhaltens der örtlichen Verwaltung &bdquo;genötigt gefühlt", detailliert seine Sicht der Dinge darzulegen. &bdquo;Warum musste das hier landen?", fragte Dahlhaus und ergänzte: &bdquo;Die Verwaltung hätte das abräumen können." Und auch die Richterin ließ erkennen, dass die &bdquo;Geringfügigkeit" der Angelegenheit eigentlich außerhalb eines Gerichtssaals hätte bereinigt werden sollen. Gleichwohl nahm sie sich knapp 40 Minuten Zeit, beide Seiten zu Wort kommen zu lassen – auch die der Stadt Lübbecke, die durch einen als Zeuge geladenen Mitarbeiter aus dem Bereich Ordnung und Soziales vertreten war. Partnerin zum Arzt gebracht Die Vorgeschichte, wie Otte sie darlegt: Er wollte seine Lebensgefährtin zu einem Arzt in der Nähe fahren und stellte den Wagen deshalb auf der Parkpalette Weingarten ab. Die mehrfach eingeworfene 50-Cent-Münze nahm der Automat, der dem Wagen am nächsten war, nicht an. Da er den Hinweis auf die freie Parkmöglichkeit zwar gesehen hat, aber nicht wusste, was er tun muss, um an den Freiparkschein zu kommen, hat er seine Parkscheibe auf die korrekte Ankunftszeit 9.20 Uhr eingestellt. Dann begleitete er seine gehbehinderte Partnerin zum Arzt. Da noch Besorgungen anstanden, hat Otte um 9.43 Uhr ein Ein-Euro-Stück in den Automaten eingeworfen und einen Parkschein erhalten. Als er diesen ins Auto legen wollte, stellte er fest, dass um 9.24 Uhr – also vier Minuten nach der Ankunft – ein Strafzettel unter dem Scheibenwischer angebracht worden war. Er ging dann mit dem Strafzettel sofort zur Stadtverwaltung, um zu protestieren. Der Mitarbeiter habe sich sehr korrekt verhalten und den Protest entgegengenommen. Er habe sogar mit den für das Parken zuständigen Wirtschaftsbetrieben Lübbecke (WBL) über den Vorgang gesprochen und ihm, Karl Heinz Otte, die Funktion der Parkautomaten vor Ort auf dem Parkplatz erklärt. Von 20 auf 48,50 Euro Die Stadtverwaltung blieb bei ihrem Standpunkt. So erreichte Otte am 1. März dieses Jahres eine schriftliche Verwarnung mit Verwarnungsgeld über 20 Euro, weil das Fahrzeug ohne gültigen Parkschein auf der Parkpalette an der Weingartenstraße abgestellt war. Dagegen legte Otte Widerspruch ein. Später erreichte ihn ein Bußgeldbescheid. Dieser wies neben der Geldbuße (20 Euro) auch eine Gebühr (25 Euro) und Auslagen der Verwaltung (3,50 Euro) aus, die sich auf 48,50 Euro summieren. Da der Lübbecker sich weiterhin weigerte zu zahlen, teilte ihm die Stadt schließlich mit, man habe die Akte an die Staatsanwaltschaft Bielefeld abgegeben. So kam es schließlich zur Gerichtsverhandlung. &bdquo;Rein rechtlich", machte Richterin Claudia Essmann-Bode Otte klar, &bdquo;hätten sie einen Parkschein für freies Parken am zweiten Automaten ziehen müssen". Zumindest dieser sei voll funktionstüchtig gewesen, hatte der Zeuge der Stadt Lübbecke ausgesagt. Sie verstehe den Ärger Ottes darüber, wie die Verwaltung mit der Angelegenheit umgegangen sei. Seine Argumentation, er habe für einen Gang zum 60 Meter entfernten zweiten Automaten keine Zeit gehabt, weil er seine Lebensgefährtin pünktlich auf 9.30 Uhr zum Arzt bringen musste, bezeichnete sie allerdings als &bdquo;problematisch". Innerhalb des Zeitfensters geblieben Essmann-Bode widersprach zudem der Darstellung der Anwältin, ihr Mandant habe sich in einer &bdquo;Sondersituation" befunden (&bdquo;Das sehe ich anders."). Die Richterin wies zudem darauf hin, dass das Lübbecker Ordnungsamt nicht wissen konnte, warum Otte keinen Freiparkschein gezogen, sondern seine Parkscheibe benutzt hat, statt am zweiten Automaten einen Parkschein zu ziehen. Das Verwarnungsgeld sei deshalb &bdquo;berechtigt" gewesen. Daran änderte auch nichts der Vortrag der Rechtsanwältin, in Lübbecke gelte doch, dass man eine Stunde frei parken können. Otte sei &bdquo;innerhalb dieses Zeitfensters geblieben", habe einen Automaten bedienen wollen und seine Ankunftszeit dann mit der Parkscheibe deutlich gemacht. Auch bezeichnete Wibke Dahlhaus die Parkinformationen in Lübbecke als &bdquo;an der einen oder anderen Stelle unglücklich", nicht zuletzt die Beschilderung. Nicht bei jedem Sonnenstand sei das Display der Automaten gut zu lesen, und es sei auch nicht jeder Autofahrer technisch affin. Die Lübbecker Behörde solle &bdquo;nachdenken, wie sie so etwa vermeiden kann". Kleinigkeiten gebe es immer zu verbessern. Beratung auf dem Flur Da die Richterin weiterhin keine Bereitschaft zeigte, der Argumentation der Anwältin zu folgen, zogen sich Dahlhaus und Otte zu einer kurzen Beratung auf den Flur zurück. Anschließend verkündete die Anwältin, ihr Mandant nehme den Widerspruch zurück: &bdquo;Herr Otte versucht, vor Weihnachten seinen Frieden in der Angelegenheit zu machen." Mehr zum Thema: Zoff um digitale Parkscheibe: So ging der Prozess in Bünde aus

Meistgelesen