Polizisten mitgeschleift: Staatsanwaltschaft beantragt mehrjährige Haft

Lübbecke/Espelkamp/Bielefeld. &bdquo;Ich weiß, ich habe heftige Scheiße gebaut. Wenn ich könnte, würde ich es rückgängig machen“, sagte Oskar C. (Namen geändert) in der Verhandlung. Vor dem Bielefelder Landgericht sind nun die Schlussvorträge in dem Verfahren gegen den 21 Jahre alten Mann aus Espelkamp gehalten worden. Seit September muss sich C. vor Gericht verantworten, weil er bei einer eskalierten Verkehrskontrolle zwei Polizisten schwer verletzt hatte. Einig sind sich die Prozessbeteiligten zumindest darin, dass sich Oskar C. am 20. März dieses Jahrs im BMW seines Vaters gemeinsam mit einer weiteren Person aus Espelkampn ach Lübbecke begab. Bei dem Begleiter handelte es sich möglicherweise um den Drogendealer Mathies S. - doch bleibt dies wohl im Bereich des Spekulativen. Polizist nahm Marihuanageruch wahr Ebenso wenig wird sich noch aufklären lassen, ob möglicherweise Marihuana in dem Auto gelagert war, oder aber ob der Beifahrer unterwegs einen Joint geraucht hatte. Fest steht, dass C., als er schließlich alleine aus Lübbecke zurückfahren wollte, an der Niedertorstraße in eine Verkehrskontrolle geriet. Ein Polizist nahm durch das geöffnete Autofenster Marihuanageruch wahr und forderte C. auf, aus dem Fahrzeug zu steigen. Gas gegeben und rückwärts gefahren Als C. sich weigerte, beugte sich der Beamte in das Auto, um C. herauszuholen. Mittlerweile war ein weiterer Polizist hinzugekommen, der wiederum ebenfalls durch das geöffnete Fenster der Tür ins Wageninnere griff. In diesem Moment gab Oskar C. Gas - und fuhr mit mindestens Tempo 30 rückwärts. Dabei schleifte er die beiden eingeklemmten Polizisten mit sich mit. Als er mit einem parkenden Auto kollidierte und stehen blieb, blieb einer der Beamten mit einem dreifachen Rippenbruch sowie einem Kreuzbandriss liegen. Beamter ist bis heute dienstunfähig Doch anstatt aufzugeben, beschleunigte C. nun vorwärts und fuhr mit mindestens 67 Kilometern pro Stunde unter anderem durch einen Kreisverkehr eine Strecke von 190 Metern, bis schließlich auch der zweite Polizist vom Auto weggeschleudert wurde. Der Beamte zog sich schwere Verletzungen am Kopf zu. Bis heute ist er dienstunfähig. Es ist fraglich, ob er je wieder in den Dienst wird zurückkehren können. Oskar C. fuhr dennoch weiter. In Espelkamp zündete er schließlich an einer abgelegenen Straße gemeinsam mit einem unbekannt gebliebenen Begleiter - MathiesS.? - den BMW seines Vaters an. Das Fahrzeug brannte vollständig aus. Rechtsanwältin geht von versuchtem Tötungsdelikt aus In der Verhandlung vor der XX. Großen Strafkammer des Bielefelder Landgerichts beantragte Staatsanwalt Veit Walter nun, den Angeklagten wegen versuchten Mordes, gefährlicher Körperverletzung, gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr sowie Brandstiftung zu einer Jugendstrafe von vier Jahren zu verurteilen. Die Strafe solle nicht höher ausfallen, da im Jugendrecht der Erziehungsgedanke im Vordergrund stehe und C. Gelegenheit gegeben werden solle, seine offensichtlichen Defizite anzugehen. Rechtsanwältin Ruth Siekmeier, die einen der verletzten Beamten als Nebenkläger vor Gericht vertritt, sagte anschließend, dass die Strafe nicht unter vier Jahren Gefängnis liegen dürfe. Auch sie gehe von einem versuchten Tötungsdelikt aus. Darüber hinaus widersprach sie dem zuvor in der Verhandlung erörterten Bericht der Jugendgerichtshilfe: &bdquo;Die Jugendgerichtshilfe mag es mir nachsehen: Ich kann diesen Bericht nicht nachvollziehen. Anders als dort dargestellt, handelt es sich im Fall von Oskar C.“ - der sich bereits vor dem nun angeklagten Vorfall zu Fuß einer Polizeikontrolle entzogen hatte - &bdquo;nicht um eine mangelnde Impulskontrolle, sondern um mangelnden Respekt vor Polizisten und Autoritäten.“ Angeklagter habe einen Tunnelblick entwickelt Die Verteidiger Ali Mojab und Martin Lindemann hingegen betonten, dass es keinesfalls die Absicht ihres Mandanten gewesen sei, die Polizisten zu töten. Drei Tage vor dem Vorfall habe sich der beste Freund von Oskar C. umgebracht. Daraufhin habe C. Drohanrufe erhalten, dass er nun die Drogenschulden seines toten Kumpels bezahlen müsse. Als er mit diesen Gedanken im Hinterkopf in die Kontrolle geraten sei, habe er einen Tunnelblick entwickelt und nur noch aus der Situation weggewollt. Die Verteidiger beantragten, ihren Mandanten zu einer Jugendstrafe zu verurteilen, die zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Man möge es C. zur Auflage machen, so Lindemann, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Das Urteil wird für den 6. Dezember erwartet.

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