Bestand seit den 1980er Jahren: Lübbecke verliert die nächste Gaststätte

Lübbecke. &bdquo;Ich bin traurig, mir blutet das Herz. Ich gebe etwas weg, was ich nicht weggeben will“, sagt Vassili Panoutsos. Denn um 3 Uhr schloss er Mittwochnacht seine Bar &bdquo;Liquid“ in der Niedernstraße – voraussichtlich für immer. Der Hauptgrund: Die Sperrstunde zwischen 3 und 6 Uhr. In dieser Zeit durfte sich kein Gast in der eigenen Angaben zufolge mit 120 Plätzen größten Gaststätte in Lübbecke aufhalten. &bdquo;Noch nicht einmal mehr, um auf ein Taxi zu warten.“ Ein Umstand, den der Gastronom nie verstand und der ihn letztlich so viel Nerven kostete, diesen Schritt nun zu gehen. Aufgrund von Anwohnerbeschwerden, unter anderem wegen Lärm und Müll, hat die Stadt Lübbecke die ohnehin schon vorhandene Sperrstunde zwischen 5 und 6 Uhr auf 3 Uhr vorgezogen. &bdquo;Ich hatte einige Gäste, die gerne von außerhalb kamen, sogar aus Niedersachsen, und wegen der Sperrstunde nicht mehr kamen“, bedauert Panoutsos zwar, sagt aber im selben Atemzug, dass er die Menschen verstehen könne. &bdquo;Die Leute wollen raus, feiern, trinken, Spaß haben und die Nacht genießen. Vor allem, wenn man jung ist.“ Letzteres trifft nicht nur auf seine Gäste zu, sondern auch auf die des Nachbarn, des &bdquo;Kunstwerks“ als Veranstaltungs- und Clublocation – nur mit dem feinen Unterschied: &bdquo;Dort gilt die Sperrstunde aber nicht.“ Mehr zu Freizeit-Themen im Kreis Herford und Kreis Minden-Lübbecke finden Sie in unserem Spezial "Lifestyle, Gastro, Shopping" Verlängerung der Sperrzeit als angemessenes Mittel? Panoutsos weiter: &bdquo;Ich habe mich nach Ladenschluss mal mit einem Kaffee in die Niedernstraße gestellt und drei Polizeieinsätze gezählt, als ich zu hatte.“ Ihn nerve, dass solche Einsätze in der Niedernstraße sehr häufig mit seiner Gaststätte in Verbindung gebracht worden seien. Die Stadt Lübbecke sah es im Herbst 2021 so, dass sich die Probleme regelmäßig ab etwa 3 Uhr in der Niedernstraße und an der Gaststätte gehäuft hätten. Im Interesse der öffentlichen Sicherheit sei aus diesem Grund die Sperrzeit verlängert worden, &bdquo;das geeignete, angemessene und erforderliche Mittel, die Probleme in den Griff zu bekommen“, nannte Stadtsprecher Andreas Püfke das damals. &bdquo;Das stimmt nicht. Vor allem kann ich nichts dafür, dass Gäste, die vorher bei mir waren, sich irgendwo anders prügeln. Da habe ich doch gar nichts mit zu tun, wenn sich jemand woanders danebenbenimmt“, betont der Lübbecker. &bdquo;Wann hört denn die Verantwortung als Wirt auf? Muss ich jeden Gast ins Bett bringen?“ Muss ich jeden Gast ins Bett bringen? Aus dem Grund sehe Panoutsos die Sperrstunden-Auflage als gezielt gegen sich gerichtet. &bdquo;Ich könnte ein Buch schreiben, was ich hier erlebt habe.“ Er habe nicht das Gefühl gehabt, dass die Gegenseite nach Lösungen oder einen Mittelweg gesucht hätte. Eigenen Angaben zufolge brachte Panoutsos einige Vorschläge an. Er verstehe nicht, warum sich Mitarbeitende der Stadt oder der Polizei nicht mal bei ihm ein eigenes Bild gemacht hätten. &bdquo;Ich habe auch klar signalisiert, dass man meine Nummer an die Anwohner geben kann, um sachlich miteinander zu sprechen. Gekommen ist nichts.“ Er bemängelt auch falsche Angaben seitens der Behörden. Panoutsos beruft sich hierbei unter anderem auf eine Aussage des ehemaligen Polizeiwachleiters Frank Meyer, dass eine Kontrolle der Polizei und des Ordnungsamts im &bdquo;Liquid“ um 3.30 Uhr stattgefunden haben soll. Dem Gastronom gehe es hierbei darum, dass nicht das Bild entstehe, &bdquo;ich würde einfach überziehen und es ist uns egal“. Es sei 3.07 Uhr gewesen und die Gäste hätten auf ihre Taxen gewartet. &bdquo;Dann gab es eine Anzeige mit dem Text, dass die Gäste frisch gezapfte Biere vor sich stehen gehabt hätten. Nun ja, seit der Sperrstunde habe ich gar kein Gezapftes mehr.“ 40 bis 50 Prozent weniger Umsatz Das Ergebnis der verlängerten Sperrzeit: 40 bis 50 Prozent weniger Umsatz, Panoutsos zufolge. Er machte seit Längerem schon nicht mehr unter der Woche auf, sondern nur am Wochenende, und arbeitet in Teilzeit auch im Lübbecker Krankenhaus, damit er &bdquo;über die Runden“ kommt. &bdquo;Es macht keinen Spaß und ist nicht gastfreundlich, wenn man kurz vor 3 Uhr 40 Leute rausschmeißen muss. Das ist das Schlimmste für einen Gastronom. Und dazu noch grundlos.“ Vor allem: &bdquo;Wenn der Laden nicht laufen würde, würde es mir nicht so schwerfallen. Aber weil dem nicht so ist, ist es umso schwieriger. Weil ich die Arbeit auch so gerne mache“, betont Panoutsos, der seit 1999 in der Lübbecker Gastronomie in verschiedenen Bereichen tätig war und vor vier Jahren das seit den 1980er Jahren bestehende &bdquo;Liquid“ übernommen hatte. Seit 1999 in der Lübbecker Gastronomie tätig Nun kommt auch zu den üblichen Öffnungszeiten keiner mehr rein: Am Allerheiligen-Mittwoch räumte er seine persönlichen Sachen aus seiner Gaststätte. &bdquo;Das Inventar ist mit gepachtet und bleibt“, sagt Panoutsos. Die einzige Hoffnung für sein &bdquo;Liquid“ ist nur noch ein ausstehender Gerichtstermin gegen die Stadt Lübbecke wegen der Sperrstunde. In einem Eilverfahren wurde seine Klage vor zwei Jahren zunächst abgeschmettert. &bdquo;Ich warte schon länger auf den Termin“, sagt er. Sein Wunsch jetzt: &bdquo;Menschliches Entscheiden der Richter.“ Dann könnte es zu einem Comeback kommen. Denn den Gedanken, das &bdquo;Liquid“ in einen geschlossenen Zustand zu versetzen, habe er zwar schon länger gehabt. &bdquo;Aber nur wegen der Sperrstunde.“

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