Energiekrise: Politiker aus dem Kreis Minden-Lübbecke erklären, wer welche Unterstützung erhält

Nach der Energiepreispauschale will die Bundesregierung Bürger im Dezember mit einer weiteren Maßnahme – der Soforthilfe für Gas- und Stromkunden – entlasten. Das gilt jedoch nicht für die, die mit Heizöl, Flüssiggas oder Holzpellets heizen. Warum? Schahina Gambir: Die Dezember-Soforthilfe für Haushalte und Unternehmen unterstützt die Bürgerinnen und Bürger, die mit ihren Gasheizungen unter den höchsten Preissteigerungen leiden. Auch, wenn bei den anderen Heizformen die Preise ebenfalls gestiegen sind, ist das Preisniveau immer noch deutlich unter dem von Erdgas. Dazu kommt, dass im November die Preise von Heizöl und Pellets weiter gesunken sind. Frank Schäffler: Der brutale Angriff Russlands auf seinen Nachbarn Ukraine hat die Rohstoff- und Energiemärkte weltweit, aber vor allem in Europa, stark erschüttert. Die daraus resultierenden hohen Energiepreise belasten Haushalte und Unternehmen enorm. Die Bundesregierung zeigt hier Willens- und Schaffenskraft: Zusammen mit den zwei vorhergehenden Entlastungspaketen umfassen die Hilfsprogramme für Bürger und Unternehmer nun insgesamt knapp 300 Milliarden Euro. Die Übernahme der Gasabschlagszahlung im Dezember reiht sich hierbei in ein großes Paket an direkten und schnell wirksamen Unterstützungsmaßnahmen ein, wozu unter anderem auch die Gas- und Strompreisbremse gehören. Finanziert werden diese Maßnahmen zum Teil mit einer Sonderabgabe für diejenigen Energieerzeuger, die von den hohen Elektrizitätspreisen besonders profitieren – beispielsweise die Besitzer großer Wind- und Solaranlagenparks. Achim Post: Die Bundesregierung hat mit bisher drei Entlastungspaketen im Umfang von fast 100 Milliarden Euro auf die akute Energiepreiskrise und die hohe Inflation reagiert. Darüber hinaus haben wir einen Abwehrschirm im Umfang von 200 Milliarden Euro gespannt, mit dem wir die Energiepreise längerfristig senken. Die Preissteigerungen bei Gas sind im Vergleich zu anderen Energieträgern mit Abstand am höchsten. Deshalb war und ist dort auch der Handlungsdruck am größten. Ich bin aber sehr dafür, dass wir auch bei Heizöl, Flüssiggas und Holzpellets mehr tun als bisher vorgesehen. Wie erklären Sie den Bürgern, die genauso heizen müssen und durch die enorm gestiegenen Preise für Heizöl, Flüssiggas oder Holzpellets genauso belastet sind wie die, die die Soforthilfe bekommen, die unterschiedliche Behandlung? Frank Schäffler: Ich kann den Unmut einiger Bürger und Unternehmen nachvollziehen, die nicht mit Gas, sondern beispielsweise mit Pellets und Öl heizen, und deshalb von den Entlastungsmaßnahmen für Gaskunden nicht direkt profitieren. Nichtsdestotrotz stimmt es aber auch, dass die Gaspreise für Haushalte von Oktober 2021 bis November 2022 von sieben auf rund 22 ct/kWh gestiegen sind, sich also mehr als verdreifacht haben. Im gleichen Zeitraum haben sich zwar Pellets und Heizöl auch stark verteuert, jedoch zu weniger extremen Raten. Betont werden sollte außerdem, dass die Preise für Pellets noch im Juni 2022 deutlich unter 10 ct/kWh lagen, weshalb viele Endverbraucher in diesem Zeitraum ihre Bestände für den Winter zu annehmbaren Preisen auffüllen konnten und zu großen Teilen auch haben. Achim Post: Der SPD reicht die von der Bundesregierung angekündigte Härtefallregelung für Verbraucherinnen und Verbraucher mit Öl- oder Pellet-Heizung so noch nicht aus. Wir werden das jetzt anlaufende Verfahren im Bundestag nutzen, um Verbesserungen für Öl- und Pellet-Kunden zu erreichen. Wie geht es Ihnen dabei, in der Ampelkoalition eine offensichtlich ungerechte Entscheidung mit getroffen zu haben? Schahina Gambir: Die Ampel hat in mehreren Entlastungspaketen innerhalb der vergangenen Monate alle gesellschaftlichen Gruppen in den Blick genommen und Entlastungen von knapp 100 Milliarden Euro auf den Weg gebracht, zusätzlich zu dem 200 Milliarden Euro umfassenden Abwehrschirm. Familien, Rentner, Studierende, Berufstätige und Menschen mit wenig Einkommen wurden entlastet. Dabei werden diejenigen, die wenig finanziellen Spielraum haben, am stärksten unterstützt. Das ist eine solidarische Herangehensweise. Frank Schäffler: Auch die Nutzer von Pellets und Heizöl profitieren von den vielfältigen Entlastungspaketen der Bundesregierung, beispielsweise der Energiepreispauschale oder der Abschaffung der EEG-Umlage auf Strom. Zudem ist klar, dass wir die Energiepreise weder auf das Vorkriegsniveau heruntersubventionieren können noch sollten. Richtig ist aber auch: Niemand muss in diesem Land frieren. Achim Post: Wie gesagt: Das parlamentarische Verfahren geht jetzt erst los. Die abschließende Entscheidung steht also noch aus. Finden Sie das persönlich gerecht? Schahina Gambir: Die Entlastungspakete und Soforthilfen beruhen auf dem Prinzip der Solidarität. Diejenigen, deren finanzieller Spielraum begrenzt ist, bekommen die meiste Unterstützung. Frank Schäffler: Ich setze mich in der Ampel zudem dafür ein, nicht nur die Symptome der Energiekrise, sondern auch die Ursachen anzupacken. Mittel- bis langfristig hilft uns nur eine massive Angebotsausweitung an grundlastfähigen Energieträgern. Dazu gehören neben dem LNG-Gas auch Atomkraft und zuverlässige Erneuerbare Energien, beispielsweise aus Wasser-, Gezeiten- oder Biogaskraftwerken. Achim Post: Ich finde es richtig und auch notwendig, dass wir Bürgerinnen und Bürger sowie Betriebe mit einem historisch einmaligen Volumen von fast 300 Milliarden Euro entlasten. Dabei ist es uns wichtig, insbesondere kleine und mittlere Einkommen zu unterstützen. Und es muss natürlich auch um eine gerechte Balance der Entlastungen gehen – mit Blick auf Stadt und Land genauso wie mit Blick auf unterschiedliche Energieträger. Zugleich setze ich mich dafür ein, dass wir eine gerechte Finanzierung der Krisenkosten hinbekommen. Daher werden wir die Übergewinne auf dem Strommarkt abschöpfen und sehr hohe Gewinne der Öl-, Gas- und Kohleunternehmen zusätzlich besteuern. Ebenso sind Entlastungen aus der Gas- und Strompreisbremse für Menschen mit hohen Einkommen zu versteuern. Das alles sind wichtige Gerechtigkeitselemente. Darauf kann man weiter aufbauen.

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