Anderer Lebensstil: Wie dieser Lübbecker 60 Prozent seines Einkommens spart

Lübbecke/Hüllhorst. Sparen - das klingt vernünftig, aber nach wenig Spaß. Für Luu Hoang, der aus Lübbecke kommt, gehört es zu seinem Leben dazu. Aber nicht, weil er muss, sondern weil er es möchte. "Frugalismus" nennt sich dieser Lebensstil. Der Begriff leitet sich von dem Wort "frugal" ab, was so viel bedeutet wie "bescheiden". Hoang versucht, möglichst wenig Geld auszugeben, um so 60 Prozent seines Nettogehalts sparen zu können. Das sind ungefähr 2.000 Euro im Monat. Seitdem er 27 ist, kommt er mit etwa 1.000 Euro im Monat aus. Sinn und Zweck des frugalen Lebensstils ist es, sich ein Startkapital anzusparen, um das Geld durch geschickte Anlagen zu vermehren und wiederum anlegen zu können. Das Ziel dabei ist es, sich durch das angehäufte Vermögen von seiner Erwerbsarbeit unabhängig zu machen. Einige streben auch an, auf diese Weise viel früher in Rente gehen zu können oder Teilzeit arbeiten zu können. Der Trend hat nach der Finanzkrise ab 2007 zunächst in den USA und später auch in Europa Fahrt aufgenommen. Mehr zu spannenden Trends im Kreis Herford und Kreis Minden-Lübbecke finden Sie in unserem Spezial "Lifestyle, Gastro, Shopping" Wie kommt man zum Frugalismus? Luu Hoang beschäftigt sich Mitte 20 zum ersten Mal mit dem Thema. Er kommt aus bescheidenen Verhältnissen: Seine Eltern ziehen 1993 von Vietnam in den Kreis Minden-Lübbecke. Er wächst in Lübbecke auf und geht in Hüllhorst zur Schule. Zu Hause ist das Geld knapp, die Eltern müssen stark auf die Ausgaben achten. "Als ungelernte Migranten bekommen sie nicht direkt die besten Jobs", sagt Hoang und fügt hinzu: "Ich wusste, wie es ist, auf sein Geld aufpassen zu müssen." Er selbst macht sein Abitur, bekommt nach der Schule einen Studienplatz in der Großstadt Hamburg und studiert Wirtschaftsingenieurwesen. Mit der Zeit kommen die Werkstudenten-Jobs im Bereich der Digitalisierung und mit ihnen das erste eigene Geld und damit die Möglichkeit, es das erste Mal auch ohne schlechtes Gewissen ausgeben zu können. Endlich kann er sich Dinge leisten, was er auch tut. "Ich habe nicht sehr sparsam gelebt", erinnert sich Hoang. Gleichzeitig macht die Arbeit immer weniger Spaß, doch um seinen Lebensstil zu halten und noch verbessern zu können, ist er auf ein hohes Gehalt angewiesen. "Das war eine schwierige Zeit", erinnert sich der 32-Jährige. "Es schwang immer die Angst mit, dass ich mir Karriere-Chancen verbaue, wenn ich mal etwas nicht machen will." Als Ausgleich geht er in seiner freien Zeit in die Stadt, um sich für die viele Arbeit etwas zu gönnen. Doch das gute Gefühl nach dem Kauf währt immer nur kurze Zeit. Schon zum Ende seines Studiums hin hat er sich mit Frugalismus beschäftigt. Er promoviert im Bereich der Automatisierungstechnik. Als er eine Art Abhängigkeit zu seiner Hauptarbeit verspürt, beginnt er - langsam aber stetig - diesen Lebensstil in seinem Alltag umzusetzen. Nach und nach reduziert er zunächst seine Ausgaben. Er kündigt mehrere Abos, achtet beim Einkaufen auf die Preise und besorgt sich eine Cashback-Kreditkarte, bei der er beim Einkaufen in bestimmten Läden Geld zurückbekommt. "Es geht nicht darum, immer das billigste und somit wenig nachhaltig zu kaufen", sagt der 32-Jährige. Er kaufe beispielsweise Lebensmittel, die reduziert seien, weil sie wegen des Mindesthaltbarkeitsdatums bald weggeschmissen werden. Zudem verkaufe er seine Kleidung und Gegenstände, die er nicht mehr benötigt, über das Internet. Aber auch das kostet Zeit, wie Hoang einräumt. Doch da dies auch dazu beitrage, dass Ressourcen wiederverwendet werden, investiere er diese Zeit gerne. Er beginnt sich weitere Einnahmequellen zu verschaffen, investiert in ETF, sogenannte börsengehandelte Fonds und Aktien und kauft eine Eigentumswohnung in der alten Heimat in Lübbecke, obwohl er derzeit in Frankfurt wohnt. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Frugalismus, Digitalisierung, finanzielle Freiheit (@frugal_und_digital) Macht ein frugales Leben überhaupt Spaß? Mittlerweile hat Hoang nach eigenen Aussagen so viel Geld gespart, dass er im Falle einer Kündigung zehn Jahre mit seinem jetzigen Lebensstandard mit dem Geld auskommen würde. "Man hat aber mit dem Vorurteil zu kämpfen, dass man als Geizhals ein freudloses Leben führen muss, um das zu erreichen", sagt Hoang. Dies sei aber nicht der Fall. Der Trick sei, das Ganze langsam anzugehen. Er selbst habe klein angefangen und immer weiter gemacht, so habe er nicht das Gefühl, auf viel verzichten zu müssen. Er könne immer noch viel in seiner Freizeit machen und auch mal verreisen Das Schwierige sei, dass der Erfolg sich nicht direkt einstelle. "Doch nach einer gewissen Zeit lernt man, mit dem zufrieden zu sein, was man hat", sagt er. Vor allem, wenn die Motivation stimmt. Derzeit habe er selbst eine ganz andere Einstellung zur Arbeit gewonnen und ist mit seinem Job als Berater im Bereich der Digitalisierung bei der REWE Group zufrieden. Perspektivisch möchte er das angehäufte Vermögen nutzen, um vielleicht mal in Teilzeit arbeiten zu können - um für seine Partnerin und eine mögliche zukünftige Familie mehr Zeit zu haben.

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