Wie die Pandemie die Arbeit der Polizei erschwert

Lübbecker Land. Unfälle, Verkehrskontrollen, Schlägereien oder Einbrüche. Der Einsatzbereich der Polizeibehörde im Kreis Minden-Lübbecke ist breit gefächert und 2020 hat die Gesamtzahl mit rund 32.000 von außen veranlassten Einsätzen, wie es im Polizeijargon heißt, sogar noch leicht zugenommen. "Unsere Auftragsbücher sind voll", sagt Polizeipressesprecher Ralf Steinmeyer, denn durch die Pandemie sind noch die Kontrollen der nächtlichen Ausgangssperren sowie die Begleitung von Demonstrationen hinzugekommen. Letztere werden zusehends mehr. Allein für den 1. Mai waren drei Demos im Kreis angemeldet. Die drehten sich nicht, wie sonst am 1. Mai üblich, um die Rechte der Arbeitnehmer, sondern um die Corona-Politik. Die Gewerkschaft verzichtete sogar auf ihre traditionelle Maikundgebung - auch um die Polizei zu entlasten. Nur einen Tag später kamen an der Kreuzung B 239/ B 65 in Lübbecke erneut Menschen zusammen, um zu demonstrieren. Vor allem gegen die Test-Pflicht an Schulen sowie die Maskenpflicht für Kinder. Die Zahl der Demonstranten in Lübbecke betrug rund 160 und hatte sich im Vergleich zur letzten Demo verdreifacht. Abgenommen hatte hingegen die Stärke der Polizeibeamten, die diesmal keine Unterstützung aus Bielefeld hatten. Um das Alltagsgeschäft zu absolvieren käme die Polizei im Kreis mit ihrer Personalstärke hin, sagt Steinmeyer, doch die Kundgebungen stellen eine zusätzliche Belastung da, für die teils auf die Unterstützung der Bereitschaftspolizei aus Bielefeld zurückgegriffen werde. Aussichten, dass es ruhiger wird, gibt es derzeit nicht Aussichten, dass es ruhiger werde, gebe es derzeit nicht, sagt der Polizeipressesprecher. Denn für den Monat Mai seien bereits weitere Kundgebungen angekündigt, zu denen auch die Fortsetzung der sogenannten "Friedensspaziergänge" alle zwei Wochen in Espelkamp zählt. Hinzu kommen auch noch die Spontan-Demos, die rechtlich okay seien, und ebenfalls von der Polizei abgesichert werden. Im Großen und Ganzen würden alle Anti-Corona-Märsche friedlich verlaufen, bescheinigt Steinmeyer. Festzustellen seien aber immer wieder Regelverstöße gegen das Maksen- und Abstandsgebot. "Das wir keinen Verstoß feststellen, ist die absolute Ausnahme." Verbale Attacken gegen die Beamten kommen allerdings immer wieder mal vor, denn die Polizei repräsentiere den Staat. Da wird den Beamten schon mal der "Hitlergruß" gezeigt, wie unlängst in Espelkamp. Auch werde immer wieder versucht, die Polizisten und Polizistinnen in Gespräche über die Corona-Politik zu verwickeln. "Wir versuchen alles konfliktfrei zu regeln", sagt Steinmeyer. Zur Grundausstattung der Polizei gehöre die Kommunikation. "Und auch wir müssen natürlich das sich ständig verändernde Regelwerk präsent haben. Auf die Frage, ob die Corona-Politik vielleicht auch hier und da polizeiintern auf Kritik stoße, antwortet Steinmeyer: "Klare Aussage. Im Dienst sind wir nach dem Landesbeamtengesetz der Neutralität und dem Schutz der Verfassung verpflichtet. Darauf haben wir den Amtseid abgeleistet. Privat darf jeder seine Meinung haben." Übergriffe auf Polizisten häufen sich Neben den Kundgebungen, sind es aber auch die Kontrollen der nächtlichen Ausgangssperren, oft gemeinsam mit dem Ordnungsamt, die zusätzliche Arbeit bescheren. Und die Kontrollierten zeigen sich nicht immer friedlich und einsichtig. So kam es im April in Lübbecke und Hüllhorst zu zwei Angriffen auf Polizisten bei Überprüfungen der Ausgangssperre. In Lübbecke versuchte ein angetrunkener 19-Jähriger einem Polizisten mit der Faust ins Gesicht zu schlagen, als seine Personalien auf der Wache festgestellt werden sollten. In Hüllhorst war ein 22-Jähriger des Nachts unterwegs. Bei der Überprüfung habe er sich aggressiv verhalten und die Beamten beleidigt. Auf der Wache schlug er schließlich um sich. "Für uns ist das nicht neu und das hat auch nicht unbedingt etwas mit Corona zu tun", sagt Steinmeyer. Allgemein hätten in den vergangenen Jahren die Übergriffe auf die Einsatzkräfte zugenommen. Deshalb habe die Polizei NRW auch Bodycams und neue Schutzwesten eingeführt. "Auch andere Berufsgruppen sind stärker belastet" Insgesamt könne man schon sagen, dass sich durch die Pandemie auch die Einsatzanlässe verlagert hätten, sagt Steinmeyer. Zu den Aufgaben der Polizei zähle nunmehr auch der Schutz der Bevölkerung vor Infektionen. Dazu gehöre dann auch schon mal ein "Zustelldienst". So erhielt die Polizei nach den Osterferien vom Landesministerium den Auftrag, übers Wochenende Schnelltests an die Schulen zu verteilen, damit diese montags mit der Testpflicht starten konnten. "Ja, wir haben im Rahmen der Pandemie viel zu tun." Wichtig sei aber, meint der Polizeisprecher, dass auch andere Berufsgruppen wie beispielsweise medizinisches Personal stärker belastet seien. Die Dankbarkeit, die dem Personal in Kliniken und im Pflegebereich entgegengebracht wird, bekommt die Polizei allerdings selten zu spüren.

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