Gastronomen im Lübbecker Land berichten über Folgen des Lockdowns

Lübbecker Land. Es sind schon quälend lange Wochen, die hinter dem Gastgewerbe liegen. Seit Anfang November müssen die Betriebe geschlossen bleiben, außer dem Außer-Haus-Service ist Gaststätten und Restaurants nichts geblieben. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) schätzt, dass Wirten im Januar 80 Prozent aller Einnahmen wegbrechen. Und die im Oktober vorigen Jahres angekündigten schnellen Hilfen kommen wenn überhaupt nur im Schneckentempo an. "Es sieht nicht gut aus", merkt der Leverner Gastronom Sami Mabrouk an. Die Gäste hätten im Januar neben den Rechnungen der Versicherungen auch ihre Nebenkosten-Abrechnungen bekommen, sagt der Betreiber des "Brutzelstübchens". In jedem Jahr merke man das bei den Januar-Umsätzen. "Nun kommt noch Corona dazu." Jeder kleine Betrag hilft den Wirten "Es ist sehr, sehr schwierig, über die Runden zu kommen." Mabrouk reagiert darauf und reduziert die Öffnungszeiten, solange das Gastgewerbe gezwungen ist, geschlossen zu halten. Derzeit öffnet Mabrouk noch von Donnerstag bis Sonntag. Montag und Dienstag bleibt die Küche kalt. Auch so möchte Mabrouk Energiekosten sparen. Jeder kleine Betrag helfe - was das Einsparen von Kosten angeht, aber auch was Einnahmen angeht. Sami Mabrouk bietet derzeit Außer-Haus-Verkauf an. "Die Stammkundschaft bemüht sich, uns zu unterstützen." Die staatlichen Beihilfen kämen ganz spät, sagt Mabrouk. Von den November-Hilfen sei erst in diesen Tagen ein Teil gezahlt worden. Sorgen vor Pleitewelle in der Branche Ob er von den Ankündigungen des Staates mit angeblich schnellen Hilfen enttäuscht ist? Der Gastronom zuckt mit den Schultern. Vielleicht etwas. Der Staat tue aber auch sein bestes und wenn es Software-Probleme gebe, dann könne niemand etwas dafür. Zudem mache es eine Hausbank auch sehr schwer und lege Steine in den Weg, wenn es um Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gehe. Welche Hoffnungen Sami Mabrouk hat? Das Impfen werde dauern. Er befürchte, dass gut 50 Prozent der Betriebe die Coronakrise nicht überleben würden. Wirte vermissen ihre Gäste - und umgekehrt Auch Zdenko Maros hat Beihilfen beantragt. Die Zahlung sei nach fast zwei Monaten gekommen und es sei nur ein Teil der zugesagten Hilfe gewesen, merkt der Betreiber des Espelkamper Restaurants "Dalmacija" an. Es sei derzeit sehr schwer, merkt der Gastronom an. Seine Frau Iva und er vermissen die Gäste. "Die fehlen uns." Alle hätten sie doch sonst zusammen immer auch Spaß gehabt. "Das fehlt auch den Gästen." Aus der Sicht von Zdenko Maros ist es egal, ob die Corona-Regelungen noch vier oder fünf Wochen dauern. "Wir müssen zusammenhalten." Das Virus müsse bekämpft werden. Man lebe derzeit aber auch in einer Ungewissheit, wann die Gäste wiederkommen könnten, räumt der Gastronom ein. Dankbarkeit für treue Kunden "Wir haben das Glück, dass wir schon so lange hier sind und das Restaurant bekannt ist." Das Restaurant gebe es seit 40 Jahren, Iva und Zdenko Maros sind seit 22 Jahren in Espelkamp. Er danke allen Freunden und Gästen für die Unterstützung. "Sie bleiben treu." Anders als während des Lockdowns im vorigen Frühjahr steht der Betrieb im Rahdener Hotel Westfalen-Hof nicht ganz still. Übernachten dürfen Geschäftsreisende. Westfalen-Hof-Chef Rainer Benk spricht von einer Auslastung von 10 bis 15 Prozent. Mit den Einnahmen könne man die Ausgaben nicht decken. Dennoch ist das Hotel nicht zugesperrt. "Wir machen es trotzdem, weil es wichtig ist, dass wir als Dienstleister für die Gäste da sind." Zum Teil seien es ja auch Stammgäste. November-Hilfe nur teilweise überwiesen Die Hilfen kämen erst einmal schleppend, sagt Benk. Von den November-Hilfen sei erst am 18. Dezember ein Bescheid gekommen und ein Abschlag sei erst in der zweiten Januar-Woche ausgezahlt worden. Die Dezember-Hilfen seien entgegen allen Erwartungen sehr schnell gekommen. Zwei Wochen nach dem Antrag sei ein Abschlag gekommen. "Im Vergleich zum November ist das sehr schnell", meint Benk. Dass die Hilfen immer verspätet kämen, sei schon etwas schwierig. Firmen gingen ja in Vorleistung. Nun merke man aber, dass etwas komme - auch wenn von den November-Hilfen für den Westfalen-Hof erst 35 Prozent ausgezahlt wurden. Sorge um die Vielfalt in der Gastronomie Nur etwa 35 Prozent der berechtigten Betriebe hätten Hilfen beantragt, weil die Hürden so hoch seien, merkt Rainer Benk an. Kleine Betriebe, die keinen Antrag stellten, seien schon mehr als 11 Wochen ohne Einnahmen. Etwa 30 bis 40 Prozent der Betriebe seien akut gefährdet, sagt Rainer Benk. "Wenn wir Pech haben, dann geht die Vielfalt der Gastronomie verloren." An die Stelle der kleinen, familiengeführten Betriebe könnten dann die großen Ketten treten. Es müsse gesichert sein, dass Betriebe Liquidität hätten, wenn sie wegen der Auflagen nicht öffnen dürften und folglich keine Einnahmen hätten, vertritt der Rahdener Gastronom. "Alles andere verursacht nackte Existenzangst." Den Mitarbeitern gehe es auch nicht gut. "Sie wollen arbeiten, dürfen aber nicht." Umsatz um 90 Prozent eingebrochen Rainer Benk geht persönlich nicht davon aus, dass die Gastronomie Mitte Februar wieder öffnen darf. Der Lockdown sei immer scheibchenweise verlängert worden. Er hoffe für Ende Februar auf eine Öffnung unter den Bedingungen des Vorjahres - wenn in den kommenden Wochen die Regeln konsequent eingehalten würden. Einen 90-prozentigen Umsatzrückgang hat Tim Tödtmann, Inhaber des Hotel-Restaurants Wiehen-Therme in Hüllhorst, in den beiden Monaten November und Dezember zu beklagen. In den kommenden Lockdown-Wochen sehe es nicht besser aus, befürchtet er. Was ein Wirt zur Lockdown-Dauer sagt Seine 20 festangestellten Mitarbeiter sind in Kurzarbeit, das Hotel mit seinen 56 Zimmern zählt Belegungszahlen im einstelligen Bereich und in der Küche wird nur noch abends für die wenigen Übernachtungsgäste und den Außer-Haus-Service gekocht. &bdquo;Dadurch bleiben wir in Kontakt mit den Kunden und ermöglichen es den Angestellten, einige Stunden zu arbeiten“, sagt er. Er hat angesichts der hohen Inzidenzzahlen durchaus Verständnis für die Maßnahmen der Bundesregierung, &bdquo;Realistisch gesehen musste man ja mit einer Verlängerung des Lockdowns rechnen. Ich habe bei der aktuellen Lagekeine andere Entscheidung erwartet“, sagt er. "Das zerrt an den Nerven" Er geht auch davon aus, dass die Gastronomie noch etwas länger geschlossen bleibt. Dann habe man einschließlich der beiden Monate im Frühjahr ein halbes Jahr geschlossen gehabt. &bdquo;Das zerrt an den Nerven und geht aufs Gemüt“, gesteht er. Doch das ist für den jungen Gastronomen kein Grund zum Klagen. Tim Tödtmann setzt auf steigende Temperaturen im Frühjahr und die Impfungen. Er hofft, dass sich die Lage ab März wieder langsam entspannt. Bis dahin sei Geduld gefragt. Die Zeit soll derweil genutzt werden, kleinere Reparaturen zu erledigen und Sachen, die liegen geblieben sind, abzuarbeiten. "Das gibt Mut für die Zukunft" Geduld war auch erforderlich, bis die November-Hilfe endlich Mitte Januar im Hause Tödtmann eintraf. Bereits einen Tag später traf die Dezember-Hilfe ein. &bdquo;Ich bin froh, dass es überhaupt eine finanzielle Unterstützung gibt“, betont er. Doch alles hätte unbürokratischer und schneller laufen können. Optimistisch stimmt ihm die gelebte Solidarität der Kunden und Gäste. &bdquo;Wir haben viel Unterstützung erfahren. Unser Außer-Service wird gut angenommen und viele Firmen haben ihren Mitarbeitern Gastro-Gutscheine zu Weihnachten geschenkt haben. &bdquo;Das gibt Mut und Zuversicht für die Zukunft.“

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