Politiker des Lübbecker Landes sagen Nein zu Corona-Beschlüssen von oben

Lübbecker Land. Die Gastronomie muss für den Rest des Novembers schließen, es gelten strenge Einschränkungen, darunter Kontaktbeschränkungen. So sehen es die verschärften Regelungen zur Eindämmung des Coronavirus vor. Damit werden Grundrechte weiter eingeschränkt, ohne Parlamentsbeteiligung. Das sorgt für Kritik – auch von heimischen Politikern. &bdquo;Die Lage ist ernst, das weiß jeder", sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Achim Post. Es sei daher richtig, die Kontakte so weit wie möglich einzuschränken. &bdquo;In den nächsten Tagen und Wochen wird der Bundestag aber eine deutlich stärkere Rolle haben in dieser Frage", sagt Post, der in Rahden geboren wurde und in Espelkamp aufwuchs. Am heutigen Montag werde die SPD-Fraktion das angehen. Er sei optimistisch, dass es eine klare Mehrheit für Forderungen gebe, mit denen auch die SPD klare Haltung zeigen wolle. Schutzmaßnahmen müssten zeitlich befristet sein &bdquo;Es muss einen Zustimmungsvorbehalt bei allen Rechtsverordnungen auf Bundesebene geben, die in die Grundrechte der Bürger eingreifen", fordert Post. Kanzlerin und Ministerpräsidenten-Konferenz könnten nicht einfach machen, was sie wollten. Alle Corona-Schutzmaßnahmen müssten zeitlich befristet sein: &bdquo;Vor einer Verlängerung muss überprüft werden, ob eine Verlängerung nötig ist." Zudem fordert Post eine regelmäßige Berichtspflicht der Bundesregierung zur Wirksamkeit und Notwendigkeit von Rechtsverordnungen, die in die Grundrechte eingreifen. Über diese Punkte werde die SPD nach der Abstimmung in der Fraktion auch mit dem Koalitionspartner reden, sagt Post. Er sehe da keine großen Differenzen: &bdquo;Das müssten wir hinkriegen." Schäffler stören Verbote im stillen Kämmerlein Die Gastronomie habe sich in den vergangenen Monaten erfolgreich um gute Hygienekonzepte bemüht. Er verstehe, dass es für die Gastronomen sehr schmerzlich sei, wenn sie trotzdem schließen müssten, merkt Post an. Die Bundesregierung werde in diesen Tagen darüber beraten, dass es für die indirekt betroffenen Betriebe wie Handel oder Brauereien Unterstützung gebe. Religiöse Veranstaltungen werden im Beschluss vom vorigen Mittwoch nicht wirklich angetastet. Religionsfreiheit, merkte Post dazu an, sei im Grundgesetz verankert und ein hohes Gut. &bdquo;Aber so, wie man prüfen muss, ob es angemessen war, harte Restriktionen zu beschließen, muss man auch da prüfen, wo es keine harten Restriktionen gibt, ob man das so weiterlaufen lässt." Post setzt auf eine baldige Impfstoff-Zulassung Bislang sei Deutschland relativ gut durch die Krise gekommen, weil es eine gute Grundlage gebe, die übergroße Mehrheit sich verantwortungsbewusst verhalte und die Politik handlungsfähig sei. Die Vorsichtsmaßnahmen für die nächste Zeit müsse man aber verbinden mit Zuversicht: &bdquo;Wir haben gesehen, dass wir Erfolg haben, wenn wir alle verantwortungsbewusst handeln", erklärt Post – und setzt offenbar auf eine baldige Impfstoff-Zulassung: &bdquo;Ich bin zuversichtlich, dass in der Forschung in den vergangenen Monaten nicht nur mit Hochdruck gearbeitet wurde, sondern sich in der nächsten Zeit auch Erfolge zeigen werden." Posts Bundestagskollege Frank Schäffler, zugleich FDP-Kreisvorsitzender, erinnert an die Initiative vor der Sommerpause, zur normalen Gesetzgebung und zu parlamentarischen Debatten vor Beschlüssen zurückzukehren: &bdquo;Das gilt noch immer." Ihn stören die ausgesprochenen &bdquo;Verbote im stillen Kämmerlein". Die beschlossenen Grundrechtseinschränkungen hält er &bdquo;in vielen Bereichen für irrational". Schutzmasken für Schulen und Altenheime Schäffler will aber nicht nur kritisieren und schlägt vor, sich auf Risikogruppen, etwa alte und kranke Menschen, zu konzentrieren. Darüber hinaus fordert er, zeitliche Korridore für Öffnungszeiten zu schaffen und Schutzmasken der Güte FFP2 an Schulen und in Altenheimen zu verteilen. Siegfried Gutsche, Kreistagsmitglied und Vorsitzender des Grünen-Ortsverbandes Lübbecke, ärgert, dass Verbote ausgesprochen werden, &bdquo;ohne zu sagen, wie den Betroffenen geholfen wird". Er plädiert dafür, Lösungen vor Ort zu finden. Bisher werde der Föderalismus außer Acht gelassen. Angesichts zentralistisch geprägter Corona-Entscheidungen auf Bundes- und Landesebene spricht er von &bdquo;französischen Verhältnissen". Gutsche wünscht sich Entscheidungsfreiheit vor Ort Gutsche spricht sich für einen Runden Tisch mit Experten aus, &bdquo;der die Vorgaben macht". Diese sollten eng mit den Kreisen abgestimmt werden. Für die wünscht er sich &bdquo;Entscheidungsfreiheit vor Ort": &bdquo;Statt des Rasenmäher-Prinzips müssen regionale Unterschiede möglich sein." Der CDU-Kreisvorsitzende Oliver Vogt möchte angesichts der fehlenden Beteiligung des Bundestages die Kritik der FDP nicht vom Tisch wischen. Es sei nicht so, dass Parlamente gar nicht beteiligt würden. Vogt erinnert an Gesetzespakete, um den betroffenen Betrieben zu helfen, um die Folgen für Mittelständler und Solo-Selbstständige abzumildern. &bdquo;Es ist nicht so, dass die Regierung nur mit Verordnungen regiert." »Die Hygienekonzepte wirken« Gleichwohl müssten die Parlamente stärker an den Debatten beteiligt sein. Die Ministerpräsidenten-Konferenz sei kein verfassungsmäßiges Organ. Mit umfangreichen Debatten im Parlament über deren Beschlüsse könne man die notwendige Akzeptanz in der Bevölkerung schaffen, so Vogt. Die Schließung der Gastronomie sei einer der ganz wenigen Punkte in der Vereinbarung, die ich nicht nachvollziehen kann: &bdquo;Das konnte mir auch keiner erklären." Auch Vogt verweist auf die erheblichen Anstrengungen der Gastronomie, damit die nicht zur Virenschleuder wurde: &bdquo;Untersuchungen zeigen, dass die Hygienekonzepte wirken." Hinweise auf Auffälligkeiten bei Infektionen durch Besuche religiöser Veranstaltungen gibt es nach Einschätzung Vogts nicht. Natürlich müsse jede Gemeinde dafür sorgen, dass in ihren Kirchen keine Infektionsherde entstünden. Dazu müssten Konzepte entwickelt und vorgelegt werden.

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