Lübbecke. Ein wortgewaltiger Auftritt von Elmar Brok war ganz eindeutig das Highlight der Kreisvertreterversammlung der CDU Minden-Lübbecke. Brok teilte ordentlich aus, mal gegen links, mal gegen rechts. Für seine Philippika, die er auch gegen Vertreter der „Werteunion“ richtete, gab es viel Beifall von den Delegierten.
Es hatte der Tag von Anna Katharina Bölling werden sollen, es wurde der Tag von „Mr. Europa“ Elmar Brok. Wegen „vorzeitigen Mutterschutzes“ habe man die Kür der Landratskandidatin verschieben müssen, erläuterte der Vorsitzende der Kreis-CDU, Oliver Vogt. Natur sei eben nicht planbar, „das hat jedenfalls meine Amtsvorgängerin immer gesagt“, meinte Vogt schmunzelnd.
Einen Dank richtete Vogt an Brok, der sofort eingesprungen sei, als er ihm von seinem Problem erzählt habe. „Ich habe ihm gesagt: Du bist meine letzte Rettung“, machte Vogt deutlich. Daraufhin habe Brok – trotz anderer Termine – zugesagt. Dass die Versammlung trotz Mutterschutz und Corona stattfand, hatte vor allem satzungsrechtliche Gründe. „Wir müssen Fristen einhalten“, erläuterte der Geschäftsführer der CDU Minden-Lübbecke, Lutz Abruszat. Es seien aber deutlich weniger Teilnehmer gekommen als sonst (139).
Besinnung auf die Grundwerte der Partei
Elmar Brok nutzte seine Redezeit zu einem flammenden Appell für soziale und demokratische Grundwerte. In einer Zeit, „wo Hetze den Dialog ersetzt“, müsse man sich auf die Werte der CDU besinnen, die eine Antwort auf die Verbrechen des Nationalsozialismus, aber auch des Stalinismus gewesen seien. Der Wunsch, nie wieder in einen Krieg ziehen zu müssen, sei auch für Europa zu einem Fundament geworden. Im Grundgesetz („eine Pflichtlektüre für alle CDU-Mitglieder“) habe sich Deutschland verpflichtet, in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen.
Demokratie: Für Brok ist das mehr als das in Thüringen (bei der Wahl des Ministerpräsidenten) praktizierte „technische Abzählverfahren“. Demokratie bedeute auch, dass Demokraten nicht mit denen zusammenarbeiten dürften, die die Demokratie außer Kraft setzen wollten. Den Vertretern der „Werteunion“ sprach Brok ab, überhaupt Werte zu haben.
Ein weiteres Kernelement des Rechtsstaats sieht Brok in der Gewaltenteilung. „Demokratie heißt auch, dass die Regierung von heute die Opposition von morgen ist“, sagte er mit Blick auf die Ereignisse in Russland. Polen und Ungarn warf Brok vor, die Unabhängigkeit der Gerichte zu beschädigen. Die Institutionen blieben zwar erhalten, hätten aber keinen Sinn mehr. Kritik übte Brok auch am Ministerpräsidenten von Thüringen, Bodo Ramelow. Ramelow gebe sich als „Erfinder der Demokratie“, während in einer Strategiekonferenz ganz andere Töne zu hören seien („ein Prozent der Reichen erschießen“).
Das Parlament als „Bühne“ zu bezeichnen, habe er in ähnlichen Worten schon von Joseph Goebbels gehört. Kein Verständnis hat Brok auch für die „andere Partei, die AfD, die davon redet, dass die Nazizeit ein Fliegenschiss war“. Mit Leuten, die derartige Positionen hätten, könne es keine Zusammenarbeit geben. Das gelte aber auch für „Leute in der CDU, die sich eine solche vorstellen können“.
CDU darf die Mitte nicht anderen Parteien überlassen
Im letzten Abschnitt seiner Rede wurde Brok grundsätzlich. Die CDU sieht er als Partei der Mitte, diese Mitte dürfe sie nicht den anderen Parteien überlassen. Statt zu versuchen, „ein paar Prozent von der AfD zu holen“, und bei der nächsten Wahl eine sichere Niederlage zu erleiden, sollte sich die CDU auf die eigenen Grundsätze (das christliche Menschenbild, die unantastbare Menschenwürde) besinnen.
Brok plädierte für Freiheit und Verantwortung, eine Wettbewerbskontrolle und für eine „soziale Balance“: „Der Markt allein baut keine Schulen, das muss der Staat machen.“ Vom einfachen „Grenzen dicht“ hält Brok wenig. Globale Probleme seien örtliche Probleme, die eine globale Strategie nötig machten. Gerade kleinere Länder würden von einer Zusammenarbeit über Grenzen hinweg profitieren können. Denn: „Souverän ist nur derjenige, der die Kraft hat, für seine Interessen einzutreten.“ Ein Land wie Deutschland könne allein nichts gegen die USA oder China ausrichten.