Das sagt die Sparkasse Minden-Lübbecke zu den gekündigten Sparverträgen

Lübbecker Land. Langjährige Kunden der Sparkasse sind sauer. Sie hatten ihre Sparverträge als Vorsorge fürs Alter abgeschlossen. Statt dicker Prämien bietet das Kreditinstitut ihnen nun 0,001 Prozent. Gerald Watermann, Sprecher der Sparkasse Minden-Lübbecke, nimmt im nw.de-Exklusivgespräch Stellung zu den Vorwürfen von Kunden aus dem Lübbecker Land. Bis wann haben Berater der Sparkasse Minden-Lübbecke ihren Kunden empfohlen, an den Prämiensparverträgen festzuhalten? GERALD WATERMANN: Ob ein Festhalten an bestehenden Vermögensanlagen für den Kunden sinnvoll ist oder Alternativen zu suchen sind, hängt von den individuellen Rahmenbedingungen, Wünschen und Vorstellungen des Kunden ab. Hier gibt es keine grundsätzliche und generelle Festlegung. Die EZB-Niedrigzinspolitik hält seit Jahren an, und ein Ende ist nicht in Sicht. Warum kündigt die Sparkasse erst jetzt die Prämiensparverträge ihrer Kunden? WATERMANN: Vor dem Hintergrund der anhaltenden Niedrig- bzw. Negativzinspolitik der EZB und der deutlich über dem Marktniveau liegenden Rendite der Prämiensparverträge besteht hier schon lange Handlungsbedarf. Der BGH hat mit seinem Urteil vom 14. Mai 2019 für Rechtssicherheit gesorgt. Wir handeln nun auf gesicherter Basis. "Die Mehrbelastung aus aktuell gekündigten Verträgen ist auf Dauer wirtschaftlich nicht zu vertreten." Wie hoch sind die Verluste der Sparkasse durch die Prämiensparverträge, die sie jetzt gekündigt hat? WATERMANN: Dies kann so pauschal nicht beantwortet werden, da es letztendlich auch von der weiteren Zinsentwicklung an den Kapitalmärkten abhängt. Die jährliche Mehrbelastung aus den aktuell gekündigten Verträgen gegenüber einer zurzeit marktgerechten Verzinsung ist für die Sparkasse aber im mittleren sechsstelligen Euro-Bereich angesiedelt und so auf Dauer wirtschaftlich nicht zu vertreten. Warum haben Sie Ihren Kunden vor dem Anruf, mit dem die Kündigung des Vertrages angekündigt wurde, nicht zu einem Beratungsgespräch eingeladen, um Alternativen zu besprechen? WATERMANN: Unsere Kundenberater haben eine große Anzahl der Kunden bereits vor dem Versand der Vertragskündigungen angesprochen und Beratungsgespräche geführt, was aber nicht in allen Fällen gelungen ist. Wir bieten (wie bisher schon) allen Kunden Beratungsgespräche an, um unter Berücksichtigung der individuellen Kundensituation Alternativen auszuloten. Warum wurden Höchstprämien von 75 Prozent, die nach 25 Jahren fällig gewesen wären - in einem Fall 2022 - bereits 2018 und 2019 gezahlt? WATERMANN: Maßgebend für die Zahlung der Höchstprämie ist nicht die Vertragslaufzeit, sondern das Erreichen der 25-fachen Jahressparleistung, die in der Regel durch aufgelaufene Zinsen und Prämien schon eher erreichtwird. "Das allgemeine Zinsniveau wird weitestgehend durch die Zinspolitik der EZB bestimmt." Wie wurden die Zinsen berechnet, auf Grundlage eines Vertrages mit dreimonatiger Kündigungsfrist (also auf 3-Monats-Basis) oder auf Grundlage einer langfristigen Anlage über 25 Jahre? WATERMANN: Da das Guthaben für den Kunden grundsätzlich kurzfristig verfügbar ist (formal 3-monatige Kündigungsfrist) orientieren wir uns bei unseren Konditionen als Referenzzins an einem Mischungsverhältnis derMarktsätze &bdquo;Dreimonats Euribor" und dem &bdquo;Zinssatz für Anlagen mit einer Restlaufzeit von 10 Jahren". Diese Marktzinssätze werden von der Deutschen Bundesbank regelmäßig veröffentlicht. Ist das Angebot, das Guthaben mit 0,001 Prozent Zinsen fortzuführen ein Pro-Forma-Angebot oder ernst gemeint? WATERMANN: Das allgemeine Zinsniveau, welches sich zur Zeit in weiten Teilen im Minus bewegt, wird nicht von einem Kreditinstitut festgelegt, sondern weitestgehend durch die Zinspolitik der EZB bestimmt. So rentierte beispielsweise eine 30-jährige Bundesanleihe Anfang August dieses Jahres bei Minus 0,002 Prozent p.a. (Anm. d. Red.: Zinssatz in Prozent pro Jahr). 10-jährige Deutsche Staatsanleihen lagen zum gleichen Zeitpunkt bei circa Minus 0,5 Prozent p.a.. Die allgemeinen Marktrenditen kurzfristig verfügbarer Einlagen liegen ebenfalls deutlich im Minus-Bereich. Insofern ist der unseren Privatkunden bei Anlagen dieser Art angebotene &bdquo;Null-Zins" ein Ausfluss unserer Entscheidung, Privatkunden zurzeit und auch möglichst künftig keine Negativzinsen abzuverlangen. "Wir versuchen gemeinsam mit den Kunden eine angemessene individuelle Lösung zu finden." Sie werden durch diese Vorgehensweise Kunden verlieren, die seit 50, 60 Jahren Kunden bei Ihnen sind. Welchen Stellenwert hat Kundentreue über einen so langen Zeitraum für die Sparkasse? WATERMANN: Alle Kunden sind überall mit der Niedrig- und Negativzinspolitik der EZB konfrontiert. Hiervon sind nicht nur Bankeinlagen sondern auch Versicherungen, Vorsorgesysteme und vieles mehr betroffen. Wir bieten allen Kunden unsere Beratung an und versuchen gemeinsam mit den Kunden eine angemessene individuelle Lösung zu finden. Selbstverständlich ist es unser Ziel, möglichst alle Kunden auch bei diesen widrigen Rahmenbedingungen bestmöglich zu betreuen und als Kunde zu halten. Ein Kunde hat vor einer Woche der Kündigung schriftlich widersprochen. Wie viele andere Kunden haben bis jetzt widersprochen, und wie lange müssen sie auf eine Antwort von der Sparkasse warten? WATERMANN: Es gibt einige Unmutsäußerungen und zurzeit rund 40 &bdquo;Widersprüche". In den mit vielen Kunden geführten Gesprächen erfahren wir aber auch weit überwiegend Verständnis für unsere Vorgehensweise. Alle Kunden erhalten innerhalb weniger Tage eine Antwort, in der wir die Kündigungsgründe vor dem Hintergrund der BGH-Rechtsprechung nochmals bestätigen.

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