Lübbecke

In Lübbecke können an Brustkrebs erkrankte Frauen offen reden

Seit fünf Jahren gibt es in Lübbecke den Gesprächskreis "Leben mit Brustkrebs". Hier können Frauen sich über ihre Krankheit austauschen. Das hilft, mit der Diagnose und der Angst fertig zu werden

06.10.2019 | 06.10.2019, 10:00
Trost, Geborgenheit, Lachen: Zum fünfjährigen Bestehen haben die Frauen auf dieses Herz geschrieben, was ihnen der Gesprächskreis bedeutet. - © Cornelia Müller
Trost, Geborgenheit, Lachen: Zum fünfjährigen Bestehen haben die Frauen auf dieses Herz geschrieben, was ihnen der Gesprächskreis bedeutet. | © Cornelia Müller

Lübbecker Land. „Brustkrebs". Die Diagnose stellt das Leben auf den Kopf. Von einem Moment auf den anderen ist alles anders. Plötzlich ist da die Angst vor dem Tod. Aber auch vor der Krebstherapie: vor OP, Bestrahlung, Nebenwirkungen. Oder davor, wie die Umgebung reagiert.

Ulrike Nebur-Schröder, Gemeindepädagogin aus Pr. Oldendorf, und Sabine Heinrich, Pfarrerin aus Lübbecke, wissen aus eigener Erfahrung, „was in diesem Moment über eine Frau hereinbricht". Und sie wollten nicht, dass Betroffene damit allein fertig werden müssen.

Die Idee entstand vor fünf Jahren

Vor fünf Jahren haben sie deshalb den Gesprächskreis "Leben mit Brustkrebs" gegründet, in dem Frauen offen über ihre Krankheit sprechen können. Um sich gegenseitig Mut zu machen, Ängste abzubauen und Erfahrungen zu teilen – und manchmal auch den Schmerz.

Leben mit Brustkrebs: Der Gesprächskreis feiert sein fünfjähriges Bestehen. Von links: Annegret Nedderhoff, Ulrike Nebur-Schröder, Liesbeth Erber, Sonja Hilgefort und Sabine Heinrich. - © Cornelia Müller
Leben mit Brustkrebs: Der Gesprächskreis feiert sein fünfjähriges Bestehen. Von links: Annegret Nedderhoff, Ulrike Nebur-Schröder, Liesbeth Erber, Sonja Hilgefort und Sabine Heinrich. | © Cornelia Müller

„Im Frühjahr 2014 wurde bei mir die Krankheit festgestellt. Im Krankenhaus hatte ich dann viel Zeit zu überlegen. Mein Ziel war, nach der Therapie auf jeden Fall wieder zu arbeiten und dabei etwas aus diesen Erfahrungen zu machen", erzählt Sabine Heinrich.

Die Konfession spielt im Gesprächskreis keine Rolle

Mit Ulrike Nebur-Schröder, die zwei Jahre vor ihr an Brustkrebs erkrankt war, gründete sie den Gesprächskreis „Leben mit Brustkrebs" - ganz bewusst als kirchliches Angebot unter dem Dach des Evangelischen Kirchenkreises Lübbecke, denn „uns hat in dieser schwierigen Zeit der Glaube sehr geholfen".

Deshalb endet auch jedes Treffen mit einem kleinen „liturgischen Abschluss", wie die beiden es nennen, einem gemeinsamen Lied. Aber: "Auch wenn es eine kirchliche Gruppe ist: Sie ist offen für alle. Wir fragen keinen: Bist du evangelisch oder katholisch oder bist du überhaupt in einer Kirche", betont Ulrike Nebur-Schröder.

Die Treffen finden einmal im Monat statt

Ein gutes Dutzend Frauen aus dem gesamten Kreisgebiet kommt regelmäßig zu den monatlichen Treffen. Oft sind es mehr, selten weniger. Die jüngste ist gerade 30, die älteste in den Siebzigern. Die Teilnahme ist kostenlos – der Gesprächskreis wird nicht nur vom Kirchenkreis, sondern auch von anderen Sponsoren unterstützt.

Broschüren und Bücher liegen bereit, die sich die Teilnehmerinnen ausleihen können. Und in unregelmäßigen Abständen werden Referenten eingeladen: Ärzte, aber auch Fachpflegerinnen („Breast Nurses") oder Sanitätshäuser, die über Hilfsmittel informieren.

Das Wichtigste ist das Gespräch

Das Wichtigste aber bleibt das Gespräch, der gemeinsame Austausch. In einem geschützten Raum können die Frauen hier „sagen, was sie sonst nicht sagen können", so Ulrike Nebur-Schröder. Hier brauchen sie nicht viel zu erklären – die anderen verstehen sie, weil sie selbst Ähnliches durchgemacht haben.

Hier können sie Fragen stellen, Erfahrungen austauschen und auch mal "Dampf ablassen". Vor allem aber, sich gegenseitig Mut machen. Manchmal einfach, indem sie da sind.

Sonja Hilgefort beschreibt das so: „Man bekommt seine Diagnose und fragt sich verzweifelt: Was wird jetzt? Und dann kommt man hierher und sieht andere Frauen hier sitzen, die einmal in derselben Lage waren, denen es gut geht. Und man denkt: Warum soll es mir nicht auch wieder so gut gehen?"

Der Hinweis in der Zeitung gab den Ausschlag

Aus der Zeitung habe sie von dem Gesprächskreis erfahren und beschlossen: „Da gehe ich mal hin", erzählt Liesbeth Erber. Seither kommt sie regelmäßig. Andere Frauen kommen vielleicht nur ein-, zweimal und dann nicht wieder – und das sei auch ganz in Ordnung so, finden die beiden Leiterinnen.

„Manche wollen einfach nicht über die Krankheit sprechen." Für andere sei der Gesprächskreis vielleicht nur nicht der richtige Rahmen - da könne zum Beispiel die Krebsberatungsstelle in Lübbecke eine gute Anlaufstelle sein.

„Jede muss ihren eigenen Weg finden und tun, was für sie das Beste ist", fasst Sabine Heinrich zusammen, die 2016/2017 eine Weiterbildung in Psychoonkologie absolviert hat, "um auch von der anderen Seite einen Einblick zu haben, nicht nur aus Sicht der Patientin".

Jede Frau muss ihren eigenen Weg finden

Überhaupt ist das ein ganz wichtiges Ziel des Gesprächskreises: die Frauen darin zu bestärken, darauf zu achten, was für sie das Beste ist. Das Leben zu genießen. Deshalb wird hier auch viel miteinander gelacht und gelegentlich etwas gemeinsam unternommen.

Und deshalb wird auch das fünfjährige Bestehen des Geprächskreises mit einem Essen und einer kleinen Überraschung gefeiert.

Nach der Erkrankung genauso weiterzumachen wie vorher: Das gehe nicht, sagt Ulrike Nebur-Schröder. Auch wenn die Gesellschaft - oft auch die eigene Familie - nach einer gewissen Zeit genau das von der Erkrankten wieder erwarte. "Man kann einfach keine 100 Prozent mehr geben." Das Leben mit Brustkrebs ist ein anderes.

INFORMATION


Hilfe bei Brustkrebs

  • Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Nach Angaben der Deutschen Krebsgesellschaft erkrankt derzeit jede achte Frau im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs.

  • Auch Männer können an Brustkrebs erkranken, allerdings sehr selten (jährlich 650 Fälle).

  • Bei rechtzeitiger Behandlung gibt es gute Heilungschancen. Dennoch sterben jährlich 17.000 Frauen in Deutschland an Brustkrebs.

  • Der Gesprächskreis „Leben mit Brustkrebs" trifft sich jeden ersten Mittwoch im Monat um 19.30 Uhr im Thomas-Gemeindehaus, Alsweder Straße 38, in Lübbecke. Hilfe finden Brustkrebs-Patientinnen auch bei der Krebsberatung von Parisozial, Bahnhofstraße 27, Lübbecke, Tel. (05741) 342428.