Hüllhorst. Der demografische Wandel macht sich vor allem auch im ländlichen Raum bemerkbar. Die Bevölkerung wird immer älter und die Zahl der pflegebedürftigen Menschen steigt. Das Alten- und Pflegegesetz Nordrhein-Westfalen verpflichtet die die Kreise und kreisfreien Städte dazu, regelmäßig die „Örtliche Pflegeplanung“ fortzuschreiben und über den Stand und die voraussichtliche Entwicklung der pflegerischen Versorgung zu berichten. Darüber hinaus werden auch Vorschläge zur Weiterentwicklung des vorhandenen Hilfeangebots gemacht. In der Sitzung des Ausschusses für Familie, Sport und Kultur der Gemeinde Hüllhorst unterrichtete Klaus Marschall vom Kreis-Sozialamt über den derzeitigen Stand der Örtlichen Pflegeplanung im Kreis Minden-Lübbecke und ihre Planungen für die Zukunft.
Im Fokus stehen dabei die Menschen über 60 Jahre und im besonderen Maße die über 80-Jährigen. „In diesem Alter steigt das Risiko deutlich, von Hilfe- und Pflegebedürftigkeit betroffen zu sein“, sagt Klaus Marschall und verdeutlicht seine Aussage mit einigen Zahlen.
Die Ausgangslage im Kreis Minden-Lübbecke ist geprägt durch einen relativ hohen Anteil der über 80-jährigen Menschen, der derzeit bei sieben Prozent liegt, mit steigender Tendenz. So ist der Anteil der 60- bis 79-Jährigen in den vergangenen zwei Jahren von 20,8 auf 21,5 Prozent gestiegen. Entsprechend ist davon auszugehen, dass der Anteil der Pflegebedürftigen an der Gesamtbevölkerung im Kreis Minden-Lübbecke steigen wird und der kommunalen Pflegeplanung eine immer größere Bedeutung zukommt.
Anteil der über 80-Jährigen steigt in 20 Jahren um 8.000
Dazu kommt, dass die Bevölkerungsentwicklung auch im Kreis Minden-Lübbecke von einer signifikanten Verschiebung der Alterspyramide geprägt ist. Laut Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Landesamts IT.NRW wird der Anteil der über 80-jährigen Menschen im Kreis Minden-Lübbecke in den kommenden 20 Jahren voraussichtlich um rund 8.000 Personen steigen.
Neben dem wachsenden Anteil der älteren Bevölkerung wird ein Rückgang der Gesamtbevölkerung im Kreis prognostiziert. Im Jahr 2040 werden die 70-bis 80-Jährigen im Kreis Minden-Lübbecke die am häufigsten vertretene Bevölkerungsgruppe sein. Dann wird die geburtenstarke Generation der „Babyboomer“ im pflegerelevanten Alter sein. Die Prognose geht bereits von einem deutlichen Anstieg pflegebedürftiger Menschen ab dem Jahr 2030 aus.
Die Entwicklung der Bevölkerungspyramide zeigt zudem, dass sich die Unterstützungsformen für ältere Menschen grundlegend verändern werden. Derzeit leben 13.758 pflegebedürftige Menschen im Mühlenkreis, davon 10.430 zu Hause und 3.321 in Pflegeheimen. 6.891 Menschen werden von Angehörigen und 3.540 ganz oder teilweise von ambulanten Pflegediensten betreut. 702 Pflegebedürftige werden in Tagespflegeeinrichtungen betreut.
702 Pflegebedürftige werden in Tagespflegeeinrichtungen betreut
Welchen Stellenwert der Pflegesektor auch auf dem Arbeitsmarkt hat, verdeutlichen folgenden Zahlen: es gibt im Mühlenkreis 51 Pflegedienste mit 1.593 Beschäftigten, 50 Pflegeheime mit 3.177 Mitarbeitern und 17 Tagespflegeeinrichtungen mit 213 Beschäftigten.
Der professionelle Pflegebereich wird in den kommenden Jahren und Jahrzehnten weiter wachsen. Einer zunehmenden Anzahl älterer Menschen mit Unterstützungsbedarf werden in Zukunft immer weniger potenziell Helfende entgegenstehen, aus demografischen Gründen sowie sich verändernder Familien-und Haushaltskonstellationen. Dies führe mittelfristig zu einer notwendigen Professionalisierung der Hilfs-und Pflegeangebote, ist Klaus Marschall überzeugt.
Der kommunalen Planung und Steuerung der Versorgungsstrukturen komme hierbei eine besondere Bedeutung zu, beispielsweise durch Entwicklung und Unterstützung von Maßnahmen für eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf, Vernetzung von bestehenden Angeboten und Förderung von komplementären Angeboten.
Da gerade im ländlichen Raum der Anteil der über 80-Jährigen und der prognostizierte Bevölkerungsrückgang bis 2040 deutlich über den landesweiten Vergleichswerten liege, sollte die Sicherstellung Herausforderung der pflegerischen Versorgung im ländlichen Raum eine zentrale Rolle in der Pflegeplanung und -steuerung einnehmen.
Man weise in Gesprächen mit Investoren darauf hin, das Kurzzeitpflegeplätze fehlten. Ein weiteres Problem sei, entsprechenden Wohnraum zu finden. Obwohl es der Wunsch der meisten Unterstützungsbedürftigen sei, weiterhin in den eigenen vier Wänden zu leben, führe dies häufig dazu, dass ältere Menschen in ein Pflegeheim gehen. „Wir brauchen nach wie vor bezahlbare barrierefreie Wohnungen“, unterstrich Klaus Marschall.
Zudem sei der Kreis aktiv dabei, das Image des Pflegeberufs zu verbessern und führe gezielte Informationsveranstaltungen für potenzielle Schülerinnen und Schüler durch, um Nachwuchs für die Pflegeberufe zu gewinnen.