Drogen und Gewalt: Schülerin wird bei Messerangriff verletzt - Hiller vor Gericht

Hille/Minden. &bdquo;Wenn Sie Ihre Drogenprobleme nicht in den Griff bekommen, sehen wir uns hier wieder und dann ist der Weg in die Justizvollzugsanstalt ein ganz kurzer“, sagte Richterin Katrin Bandini in Richtung des Angeklagten Tarik L. (Name von der Redaktion geändert). &bdquo;Ab jetzt darf nichts mehr passieren“, gab sie dem 19-jährigen Hiller noch mit auf den Weg, der sich wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen vor dem Amtsgericht Minden verantworten musste. Doch die Richterin machte sich auch keine großen Illusionen: &bdquo;Aus Erfahrung weiß ich, dass diese Urteile meist nicht die letzten sind.“ Dem jungen Albaner, der 2015 nach Deutschland kam, wird vorgeworfen, in der Nacht vom 2. auf den 3. März vergangenen Jahres mit einem Messer auf einen Mann und eine Frau losgegangen zu sein. Die beiden waren in einer Gruppe in der Lübbecker Innenstadt unterwegs und wollten feiern gehen. Dabei wurden sie auf einen Streit zwischen dem Angeklagten und dessen Freundin aufmerksam. Diese habe geweint und wollte offenbar nur noch weg, hieß es in der Verhandlung. Ein 19-jähriger Hüllhorster mischte sich ein und fragte die Freundin, ob alles in Ordnung sei. Der Angeklagte, der sehr aggressiv auftrat und zudem unter Drogen- und Alkoholeinfluss stand, schlug und trat auf den Hüllhorster ein und ging mit einem Messer auf ihn los. Er traf aber nur die Jacke und den Hemdärmel. Körperliche und seelische Folgen So glimpflich kam eine 18-Jährige nicht davon, die sich couragiert in die Auseinandersetzung einmischte und versuchte, den Hüllhorster mit einer Handbewegung nach hinten zu schieben - weg von dem Beschuldigten. Sie bemerkte das Messer nicht und erlitt eine Schnittverletzung am Oberarm, die später im Krankenhaus genäht werden musste. &bdquo;Das hätte viel schlimmer ausgehen können“, betonte ihr Anwalt. Die Schülerin, die demnächst ihr Abitur am Söderblom-Gymnasium macht, war Nebenklägerin in dem Prozess und sagte als Zeugin aus. Ihr war die Situation im Gerichtssaal sichtlich unangenehm und daran war der Angeklagte nicht ganz unschuldig. Zunächst schilderte die 18-Jährige das Zusammentreffen und erklärte, dass sie den Messerangriff zunächst gar nicht bemerkt habe. Erst später habe sie gesehen, dass ihre Jacke voller Blut war. Der Vorfall habe bei ihr sowohl physische als auch psychische Folgen hinterlassen. Mehrere Wochen sei sie eingeschränkt gewesen, die Narbe ist nach wie vor sichtbar. Zudem habe sie sich monatelang nicht alleine in die Stadt getraut und auch ihre schulischen Leistungen hätten gelitten. Täter bietet Opfer Bargeld an Die folgende Aktion des Verteidigers von Tarik L. löste verschiedene Reaktionen aus - von Überforderung über Empörung bis hin zu Wohlwollen. Rechtsanwalt Baris Devletli legte vor der 18-Jährigen 300 Euro auf den Tisch. &bdquo;Es macht die Tat nicht besser, aber es soll unterstreichen, dass es meinem Mandanten leidtut.“ Das Geld habe der Beschuldigte sich bei seinem Vater geliehen. Der Angeklagte ergriff das Wort und entschuldigte sich bei dem Opfer. Er habe sich geschämt, deshalb habe er sie bisher nicht angesprochen. Weil ihr die Situation unangenehm war, verständigte man sich darauf, dass ihr Anwalt die 300 Euro stellvertretend an sich nahm. &bdquo;Ich hatte Ängste und Paranoia“ Der Angeklagte äußerte sich nicht selbst zum Geschehen, sondern ließ über seinen Verteidiger eine Erklärung verlesen. Dabei räumte er den Sachverhalt ein. Ja, sein Mandant sei alkoholisiert und gewesen und hätte berauschende Mittel genommen. Welche das genau waren, wollte Devleti nicht sagen. Denn ein weiteres Drogendelikt wird auf den Beschuldigten noch in einem anderen Verfahren zukommen. Zu dem Messerangriff selbst erklärte der Verteidiger, dass sein Mandant die junge Frau nicht habe verletzen wollen. &bdquo;Es war kein böswilliger oder gezielter Angriff.“ Auf die Frage der Richterin, warum er überhaupt mit einem Messer herumgelaufen sei, führte der Angeklagte selbst seine Drogenprobleme an. &bdquo;Ich hatte Ängste und Paranoia.“ Um von den Drogen loszukommen, sei er in der Zeit von Mitte Oktober bis Ende Januar bei seinem Onkel in Albanien gewesen, für einen kalten Entzug. Seitdem würde er keine Drogen mehr nehmen. Wenige Tage nach seiner Rückkehr wurde der 19-Jährige festgenommen und saß bis zum Prozess in Untersuchungshaft. Einen Plan für den Zeitpunkt seiner Rückkehr habe es nicht gegeben, gab Devleti zu. Und auch die Schule, das Weserkolleg in Minden, habe er länger nicht besucht. Zuvor sei er bereits von mehreren Schulen geflogen und habe auch schon Straftaten begangen, sei aber nicht vorbestraft. Sein Wunsch sei es, eine Ausbildung als Maler oder Lackierer zu beginnen. &bdquo;Ohne Schulabschluss werden Sie keine Lehrstelle bekommen“, mahnte Richterin Bandini. Außerdem bestehe die Gefahr, dass er nicht in Deutschland bleiben dürfe, weil Tarik L. kein deutscher Staatsbürger ist, sondern nur eine Duldung hat. &bdquo;Sie haben Schutz bekommen und treten das mit Füßen“, so die Richterin. Bewährung nur unter Auflagen Der Bericht der Jugendhilfe offenbarte, dass Tarik L. dort kein Unbekannter ist. Er habe keine Struktur in seinem Leben, seine Alkohol- und Drogenprobleme würden ihn laut eigenen Angaben belasten. Er habe falsche Freunde und deren Einfluss als Begründung angeführt. Die Mitarbeiterin der Jugendhilfe attestierte dem Angeklagten ein hohes Rückfallrisiko. Das Gericht verurteilte den 19-Jährigen aufgrund seiner Reifeverzögerung nach Jugendstrafrecht. Richterin Bandini verhängte jedoch keine Haftstrafe, weil dies eine schädliche Neigung vorausgesetzt hätte. Dafür müssen erhebliche Persönlichkeitsmängel vorliegen, die zum Zeitpunkt des Urteils noch bestehen und deshalb weitere Straftaten befürchten lassen. Ob das derzeit noch der Fall sei, könne nicht eindeutig bejaht werden, so die Begründung. Die Richterin machte von Paragraf 27 Jugendgerichtsgesetz Gebrauch - das heißt, sie stellte die Schuld fest, setzte die Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe aber für zwei Jahre zur Bewährung aus. Tarik L. auf muss auf eigene Kosten regelmäßig an Drogen-Screenings teilnehmen, mindestens alle 14 Tage die Drogenberatungsstelle aufsuchen, 100 Arbeitsstunden innerhalb von sechs Monaten leisten und sich unverzüglich um seine Schullaufbahn kümmern. Außerdem wird ihm ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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