„Das war so alles nie gewollt“: Chef zur Insolvenz seiner Minden-Lübbecker Molkerei

Hille. Erst wollte er lieber nichts sagen, nun äußert sich der Chef der Wiehengebirgsmolkerei (Wiemo) doch zur Insolvenz seines Betriebs. Nach Angaben des Geschäftsführers Hanns-Ulf Hübel will sich die Wiemo zurückkämpfen, wenn auch voraussichtlich nicht mehr mit ihm an der Spitze der Molkerei. Was jetzt alles im Hintergrund des Betriebs passiert, ordnet ein Jurist ein. Hübel nennt unterschiedliche Gründe für die Schieflage. Besonders wehgetan habe der Wiemo, dass sie 2023 nach der Corona-Pandemie mit dem Versand-Kochboxen-Unternehmen &bdquo;Hello Fresh“ einen wichtigen Kunden verlor. Deswegen habe sich der Umsatz von 20 Millionen Euro fast halbiert, so Hübel. Aus diesem Grund verkleinerte er auch die Mitarbeiterzahl auf rund 20. &bdquo;Sie passt jetzt besser zu unserer Umsatzlage“, resümiert der Chef. Vor zwei Jahren beschäftigte er noch 40 Angestellte, es waren auch schon mal 60. Der Geschäftsführer versichert, dass er den Milchbauern stets 50.000 Euro monatlich zurückgezahlt habe, um die Forderungen zu begleichen. Laut MT-Informationen ist das jedoch nicht korrekt. Es soll einen Ratenzahlungsplan für die Schulden gegeben haben, der soll aber wiederholt nicht eingehalten worden sein, heißt es von gleich mehreren Landwirten. Mehr dazu: Mehrere Landwirte warten auf ihr Geld Betrieb der Wiehengebirgsmolkerei steht still In diesem Jahr sei es prinzipiell wirtschaftlich aber gut gelaufen, sagt Hübel: &bdquo;Wir haben schwarze Zahlen geschrieben.“ Probleme hätten der Firma jedoch die Altforderungen bereitet. &bdquo;Wir waren aus dem Grund nicht mehr liquide und auch die Bank hat nicht mitgespielt“, so der Inhaber. Seit September habe der Betrieb mehr oder weniger stillgestanden. &bdquo;Das war alles unglücklich und nie so gewollt“, versichert er. Gespräche mit Investoren hätten ihn nicht überzeugt, deswegen sei es nicht zu Abschlüssen gekommen. Inzwischen habe die Wiemo wieder wichtige Kunden zurückgewonnen, so Hübel. Aufträge braucht das Unternehmen auch, um überhaupt für potenzielle Investoren interessant zu sein. Denn derzeit läuft laut MT-Informationen der Versuch, das Insolvenzverfahren mit einem sogenannten Asset Deal abzuschließen. Insolvenzverwalter sprechen in diesem Fall von einer sanierenden Übertragung, wie der Mindener Jurist Dr. Marcel Streeck von der Kanzlei Münzel & Böhm aus Hamburg erklärt. Streeck ist nicht mit dem Verfahren betraut, erklärt aber, was in solchen Fällen passiert. Ziel eines Insolvenzverfahrens sei immer, möglichst viele Gläubiger zu befriedigen. Bei einem Asset Deal sucht der Insolvenzverwalter nach einem Investor, der die Wirtschaftsgüter (Assets) der Firma aufkauft. In diesem Fall wären das zum Beispiel die Molkerei, das Grundstück, die Anlagen, ihre Mitarbeiter und alle Geschäftsbeziehungen. Der Käufer erwirbt also quasi die Firma, gründet dann aber eine neue Gesellschaft, um die Geschäfte weiterführen zu können. So übernimmt er den Betrieb, nicht aber die alten Schulden. Zahlreiche heimische Landwirte unter Gläubigern Das soll sicherstellen, so Streeck, dass das Unternehmen künftig weiter existieren kann. In der Regel werde ein Asset Deal gemacht, wenn die Verbindlichkeiten so hoch sind, dass eine Sanierung im Bestand nicht möglich ist. &bdquo;So wird dann aber der Betrieb erhalten. Denn oft ist es für die Geschäftsbeziehungen - also Kunden und Lieferanten - besser, wenn es weitergeht.“ Bei einem Asset Deal bekommt in der Regel der Käufer den Zuschlag, der am meisten bietet. Vom Kaufpreis wird dann das Insolvenzverfahren bezahlt. Und es werden so viele Gläubiger wie möglich bedient, erläutert Jurist Streeck. Wiemo hat Verbindlichkeiten in Millionenhöhe angehäuft, unter den Gläubigern sind auch zahlreiche heimische Landwirte. Die hatten sich auch bereits mehrfach beim MT über die Molkerei und deren Geschäftsführer beklagt. Auch warfen sie Hübel persönlich vor, auf großem Fuß gelebt zu haben. Er selbst dementiert das: &bdquo;Ja, ich fahre einen Sportwagen - das war es aber auch.“ Lesen Sie auch: Kritik am Geschäftsführer - Mehrere Vorwürfe Betrieb soll an Familienmitglieder gehen Dass ein Großteil der Gläubiger auch dann leer ausgeht, wenn ein Investor für einen Asset Deal gefunden wird, ist dennoch wahrscheinlich. Denn der Kaufpreis des Unternehmens dürfte weit unterhalb dessen liegen, was noch an Schulden da ist. Hübel, der als Geschäftsführer der Kommanditgesellschaft mit seinem Privatvermögen haftet, wird die Verbindlichkeiten ebenfalls nicht bedienen können. Laut Dr. Marcel Streeck ist es in solchen Fällen zwar möglich, eine Einigung mit den Gläubigern zu erzielen, regelmäßig würden die Komplementäre, wie die Haftenden in KGs heißen, aber selbst Privatinsolvenz anmelden, um eine Restschuldbefreiung zu erzielen. Was passiert also nun? Hanns-Ulf Hübel kündigt an, dass er den Betrieb zukünftig an Familienmitglieder weitergeben und sich von der Unternehmensspitze zurückziehen möchte. Das wäre theoretisch möglich - aber nur, wenn die Familie auch wirklich meistbietender Investor wäre. Und über die nötigen Mittel verfügt, den Betrieb künftig profitabel weiterzuführen. Streeck: &bdquo;Bei einem Asset Deal werden die Schulden zwar nicht mit übernommen, die laufenden Kosten müssen aber ja von Tag eins getragen werden.“ Investoren müssten also nicht nur den Kaufpreis aufbringen, sondern auch liquide Mittel haben, den Betrieb erstmal aufrechtzuerhalten und zu sanieren.

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