Minden-Lübbecker Molkerei insolvent: Mehrere Landwirte warten auf ihr Geld

Hille. Seit einigen Jahren steckt die Wiehengebirgsmolkerei – kurz &bdquo;Wiemo“ – in einer finanziell schwierigen Lage. Mehrere Landwirte warten bereits länger auf ihr Geld und haben der privatgeführten Molkerei Kredite gewährt. Zwischenzeitlich lagen die Forderungen im Millionenbereich. Ob die Milchviehhalter nun überhaupt an Geld kommen, bleibt offen. Nach Auskunft des Westfälischen-Lippischen Landwirtschaftsverbands (WLV) könnte ihre Existenz betroffen sein. Denn: Der Betrieb in Unterlübbe ist pleite und befindet sich deswegen seit einer Woche in einem Insolvenzeröffnungsverfahren. Auf Kipp steht der Betrieb laut Informationen des &bdquo;Mindener-Tageblatts“ (MT) aber schon länger. Wiemo-Geschäftsführer Hanns-Ulf Hübel ließ eine MT-Anfrage zu den Hintergründen unbeantwortet. 2022 sagte er, dass er sich aus der finanziell schon damals problematischen Lage herauskämpfen wolle. Zu der Zeit hieß es, dass er die ausstehenden Milchgelder nach einem Sechs-Jahres-Plan abstottern wollte. Weshalb dem 61-Jährigen nicht der Umschwung gelang, bleibt unklar. Offen ist auch, was die Insolvenz für die Mitarbeiter bedeutet (2022 waren es eigenen Angaben zufolge 40) und was die Gründe dafür sind. Das MT fragte den Insolvenzverwalter auch nach der Schuldenhöhe und den Chancen, ob der Betrieb erhalten bleiben kann. Details dazu möchte der Insolvenzverwalter allerdings erst in der nächsten Woche liefern. Mehr Auskunft gibt der WLV. Der Verein ist ein freier Zusammenschluss der Land- und Forstwirte und vertritt die Interessen der Mitglieder gegenüber der Politik, Wirtschaft oder Behörden. Der Geschäftsführer des Kreisverbandes Minden-Lübbecke, Holger Topp, hatte Kenntnis davon, dass ein dänischer Investor in die Wiehengebirgsmolkerei einsteigen wollte: &bdquo;Warum dieser Deal letztlich scheiterte, ist uns nicht bekannt.“ 54 Landwirte beliefern die Wiehengebirgsmolkerei MT-Informationen zufolge sind neben der Stadtsparkasse Rahden 20 bis 30 Milchviehhalter von der Situation der Wiehengebirgsmolkerei betroffen. Sie haben ihre Höfe in der Region, aber auch im Sauer- und Münsterland. Die Molkerei selbst zählt 54 Landwirte als Lieferanten, die jährlich etwa 30 Millionen Kilogramm anliefern würden. Topp spricht davon, dass sie ihre Forderungen im Insolvenzverfahren geltend machen müssten: &bdquo;Dabei werden wir unsere Mitglieder unterstützen.“ Trotz bestehender Lieferverträge hatte die Wiemo die Milch nicht mehr abgeholt. Da etwa eine Handvoll Landwirte keinen Abnehmer für ihr Produkt fanden, haben sie die Milchproduktion komplett eingestellt. &bdquo;Es ist nicht ausgeschlossen, dass mit der Insolvenz die Existenz einiger Landwirte bedroht ist“, prognostiziert Topp. Angesichts der langjährigen finanziellen Schwierigkeiten hätten sich die betroffenen Betriebe jedoch in unterschiedlicher Weise auf den Insolvenzfall eingestellt. Darüber hinaus hat der Verband Kenntnis davon, dass über längere Zeit versucht worden sei, ein Insolvenzverfahren abzuwenden. &bdquo;Wir hätten es sehr begrüßt, wenn eine andere Lösung mit einem für unsere Landwirte besseren Ergebnis hätte gefunden werden können“, bilanziert Geschäftsführer Topp und bestätigt die Stundungs- und Ratenzahlungsvereinbarungen, mit denen die Landwirte die Wiemo unterstützt hätten. Das MT hat dazu mit mehreren Betroffenen gesprochen. Schon 2022 fehlten sechsstellige Summen von der Molkerei &bdquo;Es ist erschütternd“, heißt es von einem Hiller Familienbetrieb zur Insolvenz. Zwar sei dessen Existenz nicht bedroht, das Geld – ein fünfstelliger Betrag – würde aber an allen Ecken und Enden fehlen, geben die Hofbetreiber einen Einblick. Niemand der Befragten möchten seinen Namen öffentlich genannt wissen. Zu tief sitzt die Enttäuschung und die meisten haben wohl auch kein Interesse an einer persönlichen Auseinandersetzung mit Wiemo-Geschäftsführer Hanns-Ulf Hübel. Ihrer Meinung nach waren die Gespräche stets &bdquo;schwierig“. Die Wiemo ist über die Jahre immer mal wieder in Zahlungsverzug geraten, habe das aber stets wieder aufgeholt, sagen die ehemaligen Milchlieferanten. Ihnen fehlten bereits 2022 durchweg sechsstellige Summen von der Molkerei. Weil zudem noch die Preise für Futtermittel, Tierarzt und Energie gestiegen waren, wuchs die Sorge, dass sich die finanziellen Ausfälle nicht kompensieren lassen. Einige berichten, sie hätten sich von Hübel noch überreden lassen, ihre Milch weiter nach Unterlübbe zu liefern. Es ist eine Entscheidung, die sie im Nachhinein nun teuer bezahlen. Viele entschieden sich schließlich aber für einen Wechsel zu Frischli. Das Unternehmen holt bei vielen Hiller Betrieben seitdem die Milch ab. Hübel hatte den Landwirten, so berichten sie unabhängig voneinander, vor zwei Jahren angeboten, die ausstehenden Milchgelder nach einem Sechs-Jahres-Plan abzustottern. Die Hoffnung, noch etwas von dem Geld zu sehen, war aber seinerzeit schon gering, sagt einer der Milchbauern – und er sollte Recht behalten. Letztes Jahr im Oktober sei die letzte Rate geflossen, erklärt der Landwirt, dem nach wie vor ein hoher fünfstelliger Betrag fehlt: &bdquo;Wir sind mit allem in Vorleistung gegangen, um die Milch zu produzieren und jetzt bleiben wir auf den Kosten sitzen.“ Der Betroffene rechnet nicht damit, aus dem Insolvenzverfahren noch etwas zu bekommen. Produkte zeitweise in Kochboxen von &bdquo;Hello Fresh“ &bdquo;Wir werden wohl keinen Cent sehen“, vermutet ein anderer Hiller, der angibt, dass bei ihm ebenfalls noch ein hoher fünfstelliger Betrag ausstehe. Zunächst würden die Banken bedient, dann die Arbeitnehmer. Die Bauern würden nicht weit oben auf der Liste stehen. Der Landwirt erzählt, dass er selbst vor zwei Jahren als Milchlieferant bei der Wiemo ausgestiegen ist. Ein Dreivierteljahr habe das Unternehmen die vereinbarten Raten gezahlt, dann sei die Summe auf zwei Drittel reduziert worden und seit mindestens einem Jahr fließe gar kein Geld mehr. &bdquo;Innerlich hatte ich das schon von Anfang an abgeschrieben“, sagt der Betroffene. Die Wiemo-Produkte fanden sich eine Zeit lang in den Kochboxen von &bdquo;Hello Fresh“. Wie der Hiller Landwirt erfahren hat, sei das Geschäftsverhältnis aber vor gut einem Jahr aufgekündigt worden – und damit eine weitere Einnahmequelle weggefallen. Die Molkerei, hinter der sich ein Familienunternehmen in der dritten Generation verbirgt, produziert unterschiedliche Produkte wie Vollmilch, Sahne, Speisequark, Joghurt, Schmand oder Frischkäse. Die Lebensmittel standen seit 2019 wieder in den Regalen der Edeka-Märkte. Zuletzt hatte der Wiemo-Geschäftsführer Hanns-Ulf Hübel 2022 auf wirtschaftliche Einbrüche aufgrund von Pandemie und Krieg hingewiesen. Rechtlich handelt es sich bei der Wiemo um eine KG – also eine Kommanditgesellschaft. Sollte das Insolvenzverfahren eröffnet werden, haftet Hübel für alle Verbindlichkeiten mit seinem Privatvermögen.

Meistgelesen