Von Internetbekanntschaft in Hille vergewaltigt? Schwere Vorwürfe gegen 22-Jährigen

Hille/Minden. Sie lernen sich über die Dating-App Tinder kennen, zwei Wochen später kommt es laut Anklage zur Vergewaltigung. Bei einem Treffen im September 2021 sollen beide zunächst freundschaftlich gerangelt haben, dann soll es zum nicht einvernehmlichen Geschlechtsverkehr gekommen sein - während der Säugling der Frau direkt nebenan im Zimmer lag. Ein 22-Jähriger muss sich am Dienstagmorgen vor dem Schöffengericht am Amtsgericht Minden für die mutmaßliche Tat verantworten. Wollten den Sex in einer Oberlübber Wohnung wirklich beide oder ignorierte der Mann das Nein der heute 21-Jährigen? Am Ende bleibt (noch) vieles vage. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der inzwischen nach Hüllhorst gezogene Mann gegen den Willen der Frau handelte und das "Hör auf!" nicht weiter beachtet habe. Laut Anklage habe der 22-Jährige das mutmaßliche Opfer gewürgt, es soll an dem Nachmittag auch der Satz "Du willst das doch auch!" gefallen sein. Noch am gleichen Abend ging die 21-Jährige aus Horn-Bad Meinberg zur Polizei und begab sich für eine Untersuchung ins Klinikum Herford. Im Anschluss durchsuchte die Polizei die Wohnung des 22-Jährigen und sicherte Spuren. "Gewürgt habe ich sie nicht" Zu Beginn des Prozesses sagt der Angeklagte umfassend aus und schildert minutiös mehr als eine Stunde lang, wie aus seiner Sicht alles ablief. Er erklärt, dass die beiden nach der Kontaktaufnahme über das Netzwerk Tinder mehrmals und viel miteinander geschrieben hätten. Zu dem Zeitpunkt sei die Frau noch in einer anderen Beziehung gewesen. "Sie erzählte mir, dass es da viele Streits gab." Zum ersten Mal hätten sie sich an einer Tankstelle in Herford getroffen, wo die Tuningszene verkehrt. Später sei er auch auf einer Party des damaligen Freundes der 21-Jährigen gewesen. Eines Abends habe sich die Frau bei ihm gemeldet, es sei wieder zu einem Streit mit ihrem Partner gekommen. "Sie bat mich, sie mit ihrem Baby abzuholen, was ich auch machte." Im Laufe des Abends sei man sich näher gekommen. "Es kam zum ersten Kuss, wir kuschelten miteinander, während wir einen Film schauten." Auch am nächsten Tag habe man sich mehrmals geküsst, sei darüber hinaus intimer geworden, bis es schließlich zum Geschlechtsverkehr gekommen sei. "Gewürgt habe ich sie nicht", sagt der Angeklagte und betont, dass vieles von ihr ausgegangen sei. "Sie hat auch ihren Freund informiert und ihm mitgeteilt, dass wir etwas hatten." Dieser habe sie abends von ihm in Oberlübbe abgeholt. "Er ist aggressiv auf mich zugegangen und schubste mich." Zudem habe er gedroht, dass er ihn zwar schlagen könne, aber eine Anzeige wegen einer Vergewaltigung eine viel bessere Idee sei. Mutter hat nichts Auffälliges bemerkt Das mutmaßliche Opfer sagt ebenfalls aus und berichtet Gegensätzliches: "Geküsst haben wir uns überhaupt nicht." Die 21-Jährige dementiert, dass man sich überhaupt näher gekommen sei. Beim Geschlechtsverkehr habe sie geweint. "Ich habe mich nicht gewehrt, das konnte ich nicht." Unmittelbar danach sei ihr nicht gleich klar gewesen, was sich abgespielt habe. "Das war kein normaler Sex - ich weiß nicht, wie man das nennt." Sie betont auch, dass sie nicht darauf Annäherungsversuche des Angeklagten eingegangen wäre, weil ihr schlafender, fünf Monate alter Sohn nebenan gelegen habe. Das Schöffengericht hört auch die Mutter des Angeklagten, die Frau war an dem Tag ebenfalls in der Wohnung, brachte Babynahrung vorbei und zwei Pizzen. Sie erlebte beide direkt nach der mutmaßlichen Tat. "Beide tauschten Küsse und Zärtlichkeiten aus - da war nichts", sagt die Mutter. Die 21-Jährige habe gestrahlt und sei fröhlich gewesen. "Bei der späteren Hausdurchsuchung hat mein Sohn fast einen Nervenzusammenbruch erlitten und wollte am liebsten vom Balkon springen", erinnert sich die Zeugin. Auch der damalige Freund der 21-Jährigen spricht vor Gericht (inzwischen sind sie nicht mehr zusammen), kann sich jedoch nur noch an Bruchstücke erinnern: "Sie hatte allerdings eine Spur am Hals." Für ein abschließendes Urteil will das Gericht weitere Zeugen hören. Dann soll der Gynäkologe des Klinikums Herford sprechen, der die Frau nach der mutmaßlichen Vergewaltigung untersuchte. Die Schrift des Arztes im Befund konnte kein Prozessbeteiligter lesen. Darüber hinaus soll ein Polizist im Saal erscheinen, der bei der Hausdurchsuchung mit dem Angeklagten sprach und vermutlich etwas zu dessen Gemütszustand berichten kann. Außerdem werden Herforder Polizisten geladen, die die Anzeige der 21-Jährigen und ihre Aussage aufnahmen. Die sollen auch Bilder vom Hals der Frau gemacht haben. Der Prozess wird am Dienstag, 16. Mai, fortgesetzt.

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