Trauer

Ehemaliger Espelkamper Bürgermeister gestorben

Heinz Goroncy war einer der Gründerväter der heimischen Sozialdemokraten. Nach dem Streit um das Martinshaus hatte er alle Ämter niedergelegt.

Heinz Goroncy, ehemaliger Espelkamper Bürgermeister und Stadtheimatpfleger, ist verstorben. | © Joern Spreen-Ledebur

Karsten Schulz
29.11.2023 | 29.11.2023, 15:00

Espelkamp. „Sie haben sich um dieses Amt verdient gemacht, es geprägt und ihm Ihren ganz persönlichen Stempel aufgedrückt.“ Mit diesen Worten dankte der damalige Bürgermeister Heinrich Vieker dem scheidenden Stadtheimatpfleger und Alt-Bürgermeister Heinz Goroncy. Das war im Jahr 2007, also vor genau 16 Jahren. Jetzt schloss der seinerzeit Geehrte für immer die Augen.

Mit großer Trauer und Dankbarkeit nehmen vor allem die Sozialdemokraten Espelkamps Abschied von einem ihrer Gründerväter, der vor wenigen Tagen im Alter von 92 Jahren im Ludwig-Steil-Hof verstorben ist. Stellvertretender Fraktionsvorsitzender Hartmut Stickan würdigte jetzt in einem Nachruf Leben und Wirken des bekannten Sozialdemokraten.

Heinz Groroncy war seit mehr als 58 Jahren Mitglied der SPD und viele Jahre Mitglied im Stadtrat der jungen Stadt. 1985 wurde er als Nachfolger von Fritz Steding ehrenamtlicher Bürgermeister und blieb dieses bis zur Kommunalwahl 1989.

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Offener und lieb gewordener Gesprächspartner

Der beliebte Polizeibeamte war vielen Menschen ein offener und lieb gewordener Gesprächspartner, der auch für seine offene und ehrliche Arbeit im Rat weit über die eigenen Parteigrenzen hinweg große Anerkennung gewonnen hat, so Stickan. Heinz Goroncy lebte zuletzt im Ludwig-Steil-Hof und folgt nun seiner vor einem Jahr verstorbenen Frau.

Mehr als 13 Jahre war er einer der kompetentesten Ansprechpartner für die noch junge Espelkamper Geschichte. Er führte in dieser Zeit unzählige Besuchergruppen durch „seine“ Stadt. Wichtigste Stationen waren dabei neben der Thomas- und Martinskirche auch Rathaus, Bürgerhaus und Ludwig-Steil-Hof. Doch ein Ereignis führte dazu, dass er seine Ämter später zur Verfügung sellte.

Einer der Hauptgründe war seine Verärgerung über den Umgang mit dem wohl geschichtsträchtigsten Gebäude der Stadt, dem Martinshaus. „Wenn einem zehn Jahre lang immer wieder Mut gemacht wurde, dass das Haus gesichert wird und dann ist plötzlich alles aussichtslos, dann fühlt man sich schon an der Nase herumgeführt“, so Goroncy seinerzeit. Jetzt wolle er „da nicht mehr zwischen stehen. Ich will meine Ruhe haben, jetzt ist Schluss“, hatte er seinerzeit im Gespräch mit der NW verkündet.

„Ganz bewusst“ nach Espelkamp gezogen

Seine Familie sei 1965 „ganz bewusst“ von Mönchengladbach nach Espelkamp gezogen. Er sei weder geflüchtet noch strafversetzt worden. Deshalb habe er sich auch „sehr engagiert“ für die Stadt. Dies zeigte sich schnell vor allem auch in der Kommunalpolitik. Von 1985 bis 1989 bekleidete er das Amt des ehrenamtlichen Bürgermeisters für die SPD.

Von 1989 bis 1994 war er stellvertretender Bürgermeister. Goroncy stellte fest, dass nicht nur die Kirche einen Anspruch aufs Martinshaus habe, sondern die Bevölkerung in Gänze. Schließlich sei das Haus von der politischen Gemeinde der evangelischen Gemeinde seinerzeit geschenkt worden. Diese hätte es jetzt zurückgeben müssen. „Das ärgert mich schon sehr.“

Dennoch sei für ihn die Zeit als Stadtheimatpfleger eine sehr schöne gewesen. Vor allem die Gemeinschaft mit den Ortsheimatpflegern werde er sicherlich vermissen. Gerne wolle er jedoch die Führungen im Rathaus mit den Schulklassen weiter machen, so hatte er vor 16 Jahren öffentlich erklärt.

Politischen Machtverhältnisse änderten sich

Danach wurde es ruhig um den engagierten Streiter für Espelkamp und kritischen Bürger. Auch die politischen Machtverhältnisse änderten sich in der Stadt. Durch den Zuzug russlanddeutscher Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion schlug das politische Pendel in Richtung CDU aus.

Der Streit um das Martinshaus ging noch einige Zeit weiter. Es gründete sich ein Verein, der das Haus für eine Dokumentationsstätte und eine Art stadtgeschichtliches Museum ausbauen wollte. Auch diese Idee zerschlug sich. Die evangelische Martinskirchengemeinde verkaufte es schließlich an die Evangelische Freikirche, die es renovierte und wieder zu einem Gemeindezentrum machte. In einem Anbau ist außerdem heute die Espelkamper Ausgabestelle der Tafel Lübbecker Land untergebracht.