Dieser Espelkamper ist Künstler des Jahres in den USA

Espelkamp. Viktor Witkowski weiß, was gut ist. Und das weiß er auch zu schätzen. Mit Vater Wieslaw sitzt er am heimatlichen Frühstückstisch und isst mit Genuss das Brötchen eines Bäckers, der noch selbstständig in Espelkamp handwerklich kleine Brötchen backt. "Das ist selten geworden. Das muss man unterstützen", sagt der 44-Jährige, der zu einem ganz besonderen Ereignis wieder einmal bei seinem Vater in Espelkamp zu Gast ist. Mehrere Orte, die er als Heimat bezeichnen kann Espelkamp als Heimat zu bezeichnen, ist eigentlich nur ein kleines Stück der Wahrheit. Denn Viktor Witkowski hat mehrere Orte, die er als Heimat bezeichnen kann: Da wäre sein Haus im US-Bundesstaat Vermont, das er mit seiner Frau Katie Hornstein bewohnt und auch sein Künstleratelier in Leipzig. Von dort ist es nicht mehr ganz so weit bis nach Polen, wo in einem Dorf in Schlesien seine Oma Janina und seine Tante Dana wohnen, denen er jetzt in einem Film mit dem Titel "In my words" (mit eigenen Worten) ein filmisches Denkmal gesetzt hat und damit auch seinen eigenen Wurzeln nachgegangen ist. Mit seinen Eltern war Viktor Witkowski im Alter von vier Jahren nach Espelkamp gezogen. 40 Jahre später wird zum ersten Mal deutlich, welch atemberaubende künstlerische Karriere Viktor Witkowski auf seinem ebenso ungewöhnlichen Lebensweg gegangen ist. Einige seiner gefeierten Kunstwerke hat er jetzt im Schloss Benkhausen ausgestellt und sie damit auch zum ersten Mal in seiner Heimat Espelkamp zeigen können. Gleichzeitig wurde "In my words" als Welturaufführung gezeigt. Auftrittsverbot in Polen Für den Weltbürger ist es bereits der dritte Film, den er selbst gedreht hat. Ein Vierter ist bereits in der Pipeline: Es wird eine Dokumentation über Anthony Viti, ein Aktivist aus der schwulen New Yorker Aktivisten-Bewegung. "Ich wollte einfach mal zeigen, was aus jemandem wird, der trotz seiner künstlerischen Arbeiten völlig unbeachtet bleibt." Unbeachtet, das ist Viktor Witkowski nicht: In den USA ist er inzwischen zum "Artist of the Year" erklärt worden. Auch in Leipzig hat er sich inzwischen einen Namen gemacht. In Polen würde er dies gerne, durfte aber bislang nicht - denn er hatte unter der PIS-Regierung Auftritts- und Präsentationsverbot. Witkowskis Kunst gilt dort als zu politisch, liberal, links? - er weiß es selbst nicht. "Ich passe denen nicht in ihr Weltbild, aber das wird sich jetzt hoffentlich ändern", sagt er und hofft jetzt auf einen freieren, demokratischen Wind. In Espelkamp hatte man jedenfalls keine Probleme mit seiner Kunst. Ganz im Gegenteil. Viele Lehrerinnen und auch Schulkollegen, mit denen er sich regelmäßig trifft, wenn er seinen Vater in Espelkamp besucht, kamen ins Schloss. Sie zeigten sich sowohl von den Gemälden, als auch vom Film sehr angetan und hatten viele Fragen. Schon in der Schulzeit künstlerisch aktiv Überrascht und erfreut zugleich zeigte sich der Künstler als die Söderblomer - an der Spitze Pädagogin Bärbel Brandt - ein Bühnenbild zum Musical Tabaluga mitbrachten, das 1998 aufgeführt wurde. Witkowski machte seinerzeit gerade sein Abitur und hatte sich bereit erklärt, es zu erstellen. "Wir haben schon früh sein künstlerisches Talent erkannt und dann ganz einfach gefragt, ob er uns da was macht", so Bärbel Brandt. Auch Viktor Witkowski hat noch viele gute Erinnerungen an seine alte "Penne". Ich habe sofort zugestimmt und in der Freizeit bis zu zwei Stunden täglich daran gearbeitet, erinnert er sich. "Das Söderblom ist eine richtig gute Schule. Es gab keine Spannungen und wir künstlerisch Aktiven bekamen wichtige Unterstützung." Viktor Witkowski schloss 2006 sein Erstes Staatsexamen an der Hochschule für Bildende Künste und der TU Braunschweig ab. Im selben Jahr wanderte er in die USA aus und erwarb 2010 einen MFA (Master of Fine Arts) in der Freien Kunst von der Rutgers University in New Jersey. Wenn er nicht malt oder an Filmen arbeitet, unterrichtet er als Dozent der Freien Kunst am Dartmouth College in Hanover, New Hampshire. Im Jahr 2018 begann Viktor Witkowski zum ersten Mal, seine Großmutter zu interviewen und zu filmen. Anfang Juli 2021 beendete er schließlich die Dreharbeiten und begann mit der Bearbeitung von Material aus drei Jahren. Die Postproduktion von &bdquo;In My Words“ (In eigenen Worten) wurde im Mai 2023 abgeschlossen. Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg Es ist sein bisher persönlichster Film, da er sich auf seine Großmutter, seine Tante und ihre gemeinsame Familiengeschichte konzentriert. Im gesamten Film werden verschiedene Aspekte des Lebens der Großmutter verfolgt: ihre frühen Jahre kurz vor, während und direkt nach dem Zweiten Weltkrieg. Oma Janina erinnert sich, wie sie als Teenager in einem kleinen Dorf im Osten Polens aufwuchs, in dem mehrere polnisch-jüdische Familien lebten. Sie erzählt eindringlich von der plötzlichen und tragischen Wendung der Ereignisse, als die deutschen Besatzer in ihrem Dorf ein Vernichtungslager errichten. Nach dem Krieg zieht sie nach Westpolen, wo sie ihren zukünftigen Ehemann, den Großvater von Viktor Witkowski, kennenlernt. Beide erhalten ein Grundstück, das früher einer deutschen Familie gehörte. In dem Jahr, in dem ihre erste Tochter Dana geboren wird, beginnen sie mit der Bewirtschaftung des Landes auf ihrem Grundstück, das schließlich zu einem großen Bauernhof mit Weizen, Mais, Rindern und Milchkühen heranwächst. Die harte Arbeit auf dem Bauernhof drängt Dana dazu, eine Karriere als Ärztin anzustreben. Nach zwei gescheiterten Versuchen, sich auf dem Höhepunkt der kommunistischen Herrschaft Polens als Medizinstudentin einzuschreiben, gibt Dana ihren Traum von einer beruflichen Laufbahn auf. Seit 20 Jahren verdient sie ihren Lebensunterhalt als private Pflegekraft in Deutschland. Während dieser Zeit ist sie monatelang von ihrer Mutter, ihren Söhnen und Enkelkindern getrennt, um ihre Rente aufzubessern. Film soll beim Stadtjubiläum gezeigt werden "In My Words" wirft einen genauen Blick auf die Lebenserfahrungen von Viktor Witkowskis Großmutter und Danas, die von Geschichte, nationaler Politik, tragischen Ereignissen, mangelnden Möglichkeiten, aber auch von Glaube, Widerstandsfähigkeit und Hoffnung geprägt waren. Darüber hinaus spielt der Schauplatz dieses Films – ein üppiger und bergiger Teil des Südwestens Polens – eine eigene Rolle, indem er Fragen rund um die Vorstellungen von Heimat, Landschaft und Natur aufwirft. Durch die Kombination von Merkmalen eines Dokumentarfilms mit magischem Realismus liefern die Bilder von "In My Words" eine halluzinatorische und poetische Meditation über Erinnerungen und Erfahrungen, die nicht in Worte gefasst werden können. Angelika Gauselmann, die diese ungewöhnliche Begegnung ermöglichte, will sich dafür einsetzen, dass "In my words" während des Stadtjubiläums noch einmal gezeigt wird. "Er passt doch wunderbar in die Zeitzeugen-Präsentation, die vom deutschen Auswanderermuseum Bremerhaven erstellt wird", so die Kultur-Aktive.

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