Kommunalwahl: "AfD-Verhalten hat der Demokratie geschadet"

Espelkamp. Weder die Bürgermeisterwahl noch die Gemeindewahl müssen aufgrund des &bdquo;zweifelhaften Verhaltens der Partei Alternative für Deutschland (AfD)" wiederholt werden. Das gab Wahlleiter und stellvertretender Bürgermeister, Matthias Tegeler, jetzt vor den Mitgliedern des Wahlprüfungsausschusses der Stadt Espelkamp bekannt. Damit widerspricht der Wahlleiter den Einsprüchen, die die Fraktion der Unabhängigen und im Nachgang auch der Kreis Minden-Lübbecke als Kommunalaufsicht gegen das Ergebnis der Kommunalwahl vom September 2020 eingelegt hatten. Nur die SPD und die Unabhängigen stimmten dagegen Mit neun Stimmen der CDU, der Grünen, der AfD und der FDP nahm der Wahlprüfungsausschuss Espelkamp das Ergebnis der rechtlichen Prüfung Tegelers jetzt in seiner Sitzung an. Nur die drei Mitglieder der SPD und Unabhängigen-Vertreter Paul-Gerhard Seidel stimmten dagegen, weil sie die Gültigkeit der Espelkamper Kommunalwahl gerne von einer höheren Instanz prüfen lassen würden und ihre grundsätzlichen Zweifel am Verhalten der AfD nicht ausgeräumt werden konnten. Wie kam es zu dieser Entwicklung? In seiner Sitzung am 15. September 2020 hatte der Wahlausschuss seinerzeit zum Ausdruck gebracht und in der Sitzungsniederschrift dokumentiert, dass sich Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten bei der Bewerberzulassung ergeben haben, da die Zustimmung zur Kandidatur in mehreren Fällen möglicherweise erschlichen wurde. So hatten nach Abschluss des Wahlvorschlagsverfahrens drei Personen am 25. Juni 2020 im Rathaus vorgesprochen und mitgeteilt, dass sie über eine Kandidatur für die AfD nicht informiert gewesen seien. Das Gleiche ist von drei weiteren Kandidaten in einem exklusiven nw.de-Interview vom 10. September 2020 (&bdquo;AfD-Kandidaten fühlen sich hinters Licht geführt") berichtet worden. Öffentlich im nw.de-Interview von Bewerbung distanziert Seinerzeit hatten die AfD-Kandidaten Peter Garb, Bernd Brandhorst und Ralf Schlüter sich öffentlich von ihrer Direktkandidatur distanziert. Insgesamt hätten sich zehn Kandidaten der AfD bei ihm beschwert, so Tegeler vor den Ausschussmitgliedern. Sie waren allerdings alle auf der Reserveliste auf aussichtslosen Plätzen gesetzt. Mit Schreiben vom 30. September erhoben auch die Unabhängigen fristgerecht Einspruch gegen das Ergebnis der Ratswahl vom 13. September. Begründet wurde dieser damit, dass &bdquo;offenbar Kandidaten der AfD unter Vorspiegelung falscher Tatsachen zu Unterschriften unter die Zustimmungserklärungen für die Kommunalwahl bewegt worden sind". Und am 16. Oktober schließt sich der Kreis ebenfalls fristgerecht mit der Begründung: Den Kandidaten der AfD sei bei der Unterzeichnung der Zustimmungserklärung nicht klar gewesen, dass sie eine Zustimmungserklärung als Wahlbewerber abgegeben haben. "Vorspiegelung falscher Tatsachen" Sie seien somit &bdquo;unter Vorspiegelung falscher Tatsachen erlangt worden, wodurch &bdquo;eine Unregelmäßigkeit" vorläge, so der Kreis. Dieses mache eine Wiederholungswahl in den betroffenen Wahlbezirken erforderlich. Monatelang prüfte Tegeler rechtlich diese Einsprüche. Ein zwischenzeitliches Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Bielefeld wegen des Verdachts der Wahlfälschung und Wählertäuschung wurde im März 2021 eingestellt. Daraufhin befragte Tegeler Ende April alle Direktkandidaten der AfD mittels eines förmlich zugestellten Fragebogens zu den Umständen ihrer Kandidatenaufstellung und ob sie sich hierzu äußern würden. "Alle haben zweifelsfrei persönlich unterschrieben" Tegeler: &bdquo;Die sich beschwerenden Kandidaten geben in der Regel an, dass sie mit ihrer Unterschrift die AfD unterstützen wollten. Allerdings wären sie nicht darüber informiert bzw. getäuscht worden, dass sie hierdurch selbst einer Direktkandidatur für die Wahl zum Stadtrat zustimmen. Einige erklären, dass sie mit ihrer Unterschrift dem ihnen persönlich bekannten Vertreter der AfD, Peter Grundmann, einen Gefallen tun wollten."Nach einem halben Jahr Wahlprüfung kommt Tegeler zu dem Ergebnis, dass &bdquo;alle das Formular zweifelsfrei persönlich unterschrieben haben". Den unterzeichneten und mit einer Anzahl von Personendaten versehenen Zustimmungserklärungen lasse sich unzweideutig entnehmen, dass es sich um einen Antrag auf Aufstellung als Wahlbewerber handele, so Tegeler. Die Erklärung sei eindeutig formuliert. Es gebe keinerlei Hinweise darauf, dass bei der Unterzeichnung durch die Kandidaten eine &bdquo;Drucksituation erzeugt, einzelne Textpassagen verdeckt oder sonstige Manipulationshandlungen vorgenommen wurden". Zweifel an der Seriosität bleiben Dennoch blieben &bdquo;Zweifel an der Seriosität der Kandidatenaufstellung durch die AfD", stellt Tegeler fest. Deshalb empfiehlt er, die vorliegenden Einsprüche zwar zuzulassen aber als unbegründet zurückzuweisen. Die Stadt wolle diese Vorfälle bei der Kommunalwahl mit der AfD zum Anlass nehmen, beim zuständigen Landesministerium in Düsseldorf vorzusprechen, ob bei den nächsten Wahlen nicht eine Änderung zu mehr Sicherheit und Transparenz bei der Aufstellung der Kandidaten herbeigeführt werden könne. "Dürfen nicht zur Tagesordnung übergehen" Es sei &bdquo;mehr als ein Indiz, wenn die Hälfte der Kandidaten nicht mehr gewählt werden soll", so Unabhängigen-Sprecher Seidel. Es sei &bdquo;absolut richtig gewesen, den Einspruch eingelegt zu haben. Seidel: &bdquo;Wir dürfen jetzt nicht einfach zur Tagesordnung übergehen." Es müsse darauf geachtet werden, dass so etwas in Zukunft nicht noch einmal passiert. Wir müssen zukünftig allen stärker auf die Finger schauen." &bdquo;Entscheidend für uns ist es, dass es offensichtlich Unregelmäßigkeiten gegeben hat und wir müssen somit die Wahl zumindest in Teilbereichen für ungültig erklären", so Hartmut Stickan (SPD). Gerd-Udo Sasten bezeichnet das Verhalten der AfD so: &bdquo;Das Ganze hat einen bitteren Beigeschmack und schadet der Demokratie. Ich halte Änderungen beim Wahlrecht in dieser Frage für sinnvoll. Dennoch solle man nicht &bdquo;weiter Öl ins Feuer schütten".

Meistgelesen