Warum der Kreis Minden-Lübbecke die Ausgangssperre aufgehoben hat

Kreis Minden-Lübbecke. Rahden, Espelkamp und Hille sind derzeit die drei Kommunen im Kreisgebiet mit einem Inzidenzwert von deutlich über 200. Trotzdem hat der Krisenstab des Kreises die Ausgangssperre für den gesamten Kreis Minden-Lübbecke aufgehoben und damit auch für die beiden Städte Espelkamp und Rahden. Für die galt, wie berichtet, schon einmal eine eigene Ausgangssperre. Die generelle Aufhebung der Ausgangssperre erstaunte am Freitag deshalb so manchen nw.de-Leser. Kreisdezernent Hans-Joerg Deichholz ist Mitglied des Krisenstabes und sagt, die Gesetzessystematik sehe vor, dass eine Ausgangssperre entweder über eine kreisfreie Stadt, etwa Bielefeld, verhängt werde, oder über ein ganzes Kreisgebiet mit allen Kommunen. Beispielhaft verdeutlicht er das an einer Großstadt mit mehreren Stadtteilen. Sei der Inzidenzwert nur in einem Stadtteil auffällig hoch, würde man eine Ausgangssperre trotzdem über die ganze Stadt verhängen und nicht nur über den betroffenen Stadtteil. Dieser Regel habe man mit der Aufhebung der Ausgangssperre für ganz Minden-Lübbecke &bdquo;entsprochen". In Espelkamp "von der Norm abgewichen" Angesprochen auf die Ausnahme Espelkamp – die erste Kommune im Kreisgebiet, für die eine separate Ausgangssperre galt – sagte Deichholz am Freitag, in Espelkamp sei der Kreis &bdquo;von der Norm abgewichen". Und zwar zu einem Zeitpunkt, als der Inzidenzwert nahe 600 gelegen habe und sich abzeichnete, dass das Infektionsgeschehen sich auf die Nachbarkommunen ausdehnen würde. Vor allem auf Rahden traf das zu, weshalb nach Espelkamp als &bdquo;absolute Ausnahme", als &bdquo;Sonderlösung, die mit dem Ministerium abgesprochen war" auch über Rahden eine Ausgangssperre verhängt wurde, bevor diese schließlich für das ganze Kreisgebiet in Kraft trat. Derart hohe Überschreitungen des Inzidenzwertes wie damals seien jetzt aber nicht festzustellen, sagt Deichholz, der deutlich macht, dass dem Krisenstab sehr wohl bewusst ist, dass die Verhängung einer Ausgangssperre die Einschränkung eines Grundrechts bedeutet. Angegebener Inzidenzwert zu niedrig Darüber hinaus wies Deichholz im nw.de-Gespräch darauf hin, dass bei der Zentralstelle für die Überwachung von Infektionskrankheiten in NRW die Daten eines ganzes Tages aus dem Mühlenkreis &bdquo;nicht angekommen" und der für Minden-Lübbecke angegebene Inzidenzwert deshalb zu niedrig sei. Deichholz: &bdquo;Wir rechnen damit, dass wir in den nächsten Tagen den Inzidenzwert von 200 reißen werden." Deshalb habe man die Ausgangssperre &bdquo;ausgesetzt, aber nicht aufgehoben". Wie berichtet hatte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann in der ZDF-Talkrunde "Lanz" am Mittwochabend erklärt, dass es in NRW keine nächtliche Ausgangssperre mehr gebe. Explizit hatte er dabei auch den Kreis Minden-Lübbecke genannt. Diese Aussage war zu diesem Zeitpunkt schlicht falsch. Eine nächtliche Ausgangssperre gilt übrigens auch bis dato für den Kreis Herford, den hatte der Minister aber nicht erwähnt. Die Laumann-Aussage sorgt in OWL, speziell im Mühlenkreis zumindest für Verwunderung. Auch mit dem Kreis Herford besprochen Am Donnerstag tagte der Krisenstab des Kreises - per Videokonferenz. Zuvor hatten die Verantwortlichen Im Kreishaus mit den Bürgermeistern der Städte und Gemeinden im Kreis gesprochen. "Wir haben uns auch mit dem Kreis Herford besprochen", sagt Deichholz, "doch der hat sich in letzter Minute gegen ein Aussetzen der Ausgangssperre entschieden." Der Minden-Lübbecker Krisenstab hätte sich am Donnerstag in einem Dilemma befunden. "Wir stehen vor der problematischen Situation, dass wir bereits am Wochenende die 200er-Marke wieder überschreiten können", so Deichholz. "Also gab es nur zwei Möglichkeiten: Entweder wir lassen es laufen, halten die Ausgangssperre aufrecht und riskieren, dass uns jemand verklagt, weil wir die freiheitlichen Grundrechte dann unrechtmäßig einschränken, oder wir reagieren und folgen damit der gesetzlichen Vorgabe", erläutert Deichholz. Wie geht es ab Montag weiter? Der Krisenstab habe sich schließlich nach intensiver Diskussion auch über mögliche Konsequenzen für Infektionsgeschehen für das Aussetzen der Sperre - ab Freitag, 8. Januar - entschieden. Die Ausgangssperre galt ohnehin zunächst bis zum 10. Januar. Wie es ab Montag weitergeht, auch aufgrund der neuen Landesverordnung, werde derzeit diskutiert In der am Freitag veröffentlichten NRW-Schutzverordnung, die ab Montag, 11. Januar gilt, heißt es jetzt: "Kreise und kreisfreie Städte, in denen die Zahl der Neuinfektionen innerhalb von sieben Tagen bezogen auf 100.000 Einwohner (7-Tages-Inzidenz) nach den täglichen Veröffentlichungen des Landeszentrums Gesundheit über einem Wert von 200 liegt, prüfen die Erforderlichkeit über diese Verordnung hinausgehender zusätzlicher Schutzmaßnahmen und können diese im Einvernehmen mit dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales anordnen." Dieses gilt auch für die Ausgangssperre.

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