Grünen-Bürgermeisterkandidat: "Als Erstes Maßnahmen zum Klimaschutz"

Herr Craig, weshalb treten Sie als Spitzenkandidat für die Grünen in Espelkamp an? Florian Craig: Ich strebe einen generellen Wandel in dieser Stadt an. Und zwar auf allen Ebenen: politisch, strukturell und gesellschaftlich. Es kann einfach kein &bdquo;Weiter so" mehr geben, bei dem man nur an den kleinen Stellschrauben zieht und dann soll es reichen. Wir müssen nach vorne blicken und gemeinsam mit den Bürgern Visionen entwickeln. Es geht darum, progressiv und klimaneutral die Stadt weiterzuentwickeln, dabei gilt es zudem, die Aufenthaltsqualität deutlich zu verbessern. Was stört Sie an der augenblicklichen Politik am meisten? Craig: Die jüngsten Entscheidungen im Rat. Es kann doch nicht angehen, dass man viereinhalb Millionen Euro für Klärschlamm ausgibt und ihn nur von einer Seite der Stadt zur anderen pumpt und nicht einmal Geld für zehn Flüchtlingskinder hat, die an den europäischen Außengrenzen vielleicht sterben müssen. In meinen Kopf geht das nicht hinein. Herr Craig, Sie sprechen auch immer von Transparenz. Was bedeutet das für Sie konkret? Craig: Ich kann mir hier gut die Installierung eines Bürgerrats vorstellen. Der soll eine große Bedeutung bekommen. Besetzt sein soll er mit einem zufallsgemischten Querschnitt der Bevölkerung. Die Bürger-Räte sollen über aktuelle Themen beraten und ihre Ergebnisse sollen wieder als Feedback an die Politik zurückgehen. Was können sie besser machen? Craig: Sie sind viel breiter aufgestellt und bilden einen größeren Querschnitt der Bevölkerung ab. Parteien sind heute nicht mehr so optimal bei der Willensbildung und auch nicht mehr der große Anziehungspunkt für die Menschen. Was kommt auf den neuen Bürgermeister als Erstes zu? Craig: Es gilt vor allem, sowohl für die Innenstadt wie auch für die Dörfer Perspektiven für die Zukunft zu entwickeln. Das sollte sich vor der Frage ereignen: Wie gestalte ich den Klimaschutz? Daraus müsste sich ein transparenter Bürger-Haushalt entwickeln. Wir bekommen dadurch ein Erlebnis von Veränderung durch unser eigenes politisches Handeln. Jeder spürt dann, dass er für sich und auch für die anderen etwas verbessern kann. Wenn Sie als Bürgermeister gewählt sind – was würden Sie am ersten Arbeitstag als Erstes machen? Craig: Zunächst würde ich durch das Rathaus gehen, alle begrüßen und sagen: Ich bin der Neue. Natürlich muss ich erst in den neuen Job hineinfinden, deshalb würde ich den Amtsvorgänger fragen, wie es gelaufen ist. Ich würde außerdem alles im offenen Plenum besprechen. Was würden Sie als Erstes angehen? Craig: Da gibt es eine klare Reihenfolge. Als Erstes würde ich Maßnahmen zum Klimaschutz umsetzen, um für 2035 die Klimaneutralität zu erreichen. Dann geht es darum, die Mobilität und auch das bis dahin vorliegende Mobilitätskonzept aktiv zu gestalten und umzusetzen. Der dritte Punkt wäre, das Wir-Gefühl zwischen City und Dörfern zu stärken. Herr Craig: Was nehmen Sie aus der Corona-Zeit mit? Craig: Es hat sich unheimlich viel verändert und wir können als Politik klar gestalten. Gleichzeitig sind die sozialen Probleme ebenfalls gut sichtbar an die Oberfläche gespült worden. Es zeigt sich, dass die Last vor allem Frauen aufgebürdet wird. Wir haben zum Teil einen Zustand wie in den 60er-Jahren. Das wirkt sich auf Schule, Kindergarten und die eigenen vier Wände aus. Positiv ist, dass es auch ein großes soziales Miteinander gibt. Herr Craig, sind für Sie in Espelkamp Parallelgesellschaften vorhanden und ist das auch für Sie ein Thema? Craig: Es gibt fundamentalistische Gruppierungen innerhalb der Baptisten- und Mennonitengemeinden. Man muss nur aufpassen, dass man nicht in einen strukturellen Rassismus verfällt. Wir müssen überlegen, wie wir es vielleicht schaffen, die Gruppen in die Gesellschaft hineinzubekommen. Allerdings haben wir die Entwicklung wohl bei einigen Gruppierungen verpasst. Sie stellen allerdings nicht die Bevölkerungsmehrheit. Zwingen kann man jedoch niemanden, da bin ich von der Einstellung sehr liberal. Sie müssen jedoch auf dem Boden unseres Grundgesetzes stehen und die dort verbrieften Rechte respektieren. Was kann man als Bürgermeister da machen? Craig: Wir können und müssen aufpassen, dass wir Bebauungspläne entwickeln, die bei den Wohngebieten unterschiedliche Bauformen zulassen und sehr gemischt sind. Ich bin gegen reine Eigenheim-Ghettos. Gleichzeitig müssen wir darauf achten, dass wir insgesamt nicht überaltern. Gibt es ein Problem bei der Digitalisierung? Craig: Wir haben jetzt in der Corona-Krise gesehen, dass vor allem im schulischen Bereich das Know-how oft nicht vorhanden war. Und dass bei den ärmeren Bevölkerungsschichten die Hardware fehlte. Es ist ein sehr komplexes Feld. Auf der anderen Seite müssen wir auch aufpassen, dass wir uns nicht zu sehr vom Internet abhängig machen. Wir müssen alles auch immer in Papier abbilden können. Eine Entwicklung ist nicht klar erkennbar. Was würden Sie in der Verwaltung machen? Craig: Vor allem zunächst versuchen, die Zuständigkeit der Ausschüsse zu entflechten. Der Ausschuss für Stadtentwicklung ist zu stark befrachtet. Das muss auf andere verteilt werden. Sicherlich ist ein Umweltausschuss nötig. Er muss allerdings auch richtige, gute Themen haben. Die Verwaltungsstrukturen müssen überprüft werden. Ich halte sehr viel von Mitarbeiterbefragungen. Und was macht der private Florian Craig am liebsten? Craig: Zunächst sollte man Politik und Privates sorgfältig trennen. Ich brenne für den Waldfreibadverein, aber ich glaube, das wissen auch alle. Ich habe Respekt vor der gewalttätigen Rechten und weiß um ihre Gefahr, werde sie aber bekämpfen, wo immer es geht. An privaten Interessen gibt es einige: das Fahrradfahren, sportliche Fitness ganz allgemein, Taekwondo und Ausflüge in die Natur.

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