Bad Oeynhausener Autorin schreibt über das Sterben

Bad Oeynhausen. Was geht in Menschen vor, die wissen, dass sie nicht mehr lange leben werden? Acht Jahre lang haben die aus Bad Oeynhausen stammende Autorin Sonja Hartwig und die Erfurter Fotografin Nora Klein Männer und Frauen auf ihrem Weg zur Himmelspforte begleitet. Herausgekommen ist dabei ein bewegendes und facettenreiches Buch über das Tabu-Thema Tod, das jüngst im Kunstverlag Hartmann veröffentlicht wurde. &bdquo;Der Tod hat keine Lobby. Niemanden, der für ihn wirbt oder gerne mit ihm gesehen werden möchte“, sagen die Autorinnen Hartwig und Klein. &bdquo;In der Öffentlichkeit“, so argumentieren sie, &bdquo;begegnet uns der Tod im Tatort, in Nachrichten, in Bildern vom Krieg. Den alltäglichen Tod aber, den die meisten von uns sterben, sehen wir kaum“. Unter dem Titel &bdquo;Wer bist Du, Tod?“, appelliert das Buch tiefgründig gegen unsere Sprachlosigkeit beim Abschiednehmen. Und gibt Beispiele dafür, welche Sprache gesprochen wird, wenn das Leben zu Ende geht – individuelle und sehr persönliche Reflexionen von Menschen, die von Sonja Hartwig und Nora Klein auf ihrem letzten Weg begleitet wurden. Da ist Karolin, die vermutet, dass sie nicht so einfach einschlafen wird. Sie sagt: &bdquo;Ich habe einen Idealweg vom Sterben. Der ist, dass irgendwann die Leber versagen wird. Dann bekomme ich Wasser im Bauch und er wird aufgebläht aussehen, ich werde gelb. Das klingt natürlich unangenehm und ich schwanke zwischen der romantischen Vorstellung, dass ich dann kaum mehr ins Krankenhaus muss, dass ich in der letzten Zeit, die bleibt, noch meinen Frieden machen kann; und es auch ganz schön stören wird, wenn ein Organ versagt. Wahrscheinlich werde ich ja nicht einfach so wie Dornröschen einschlafen. Und von diesem Idealweg gibt es viele Abzweigungen“. Letzte Vorkehrungen getroffen Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Sonja Hartwig (Text) und Nora Klein (Bild) (@wer_bist_du_tod) Da ist aber auch Siggi, der erzählt, dass er die Fließgeschwindigkeit seiner Magenpumpe selbst bestimmen kann. Und Ulrike, die sich einen Sarg wie einen Schuhkarton wünscht und nicht in einem Krematorium verbrannt werden möchte. Oder Sigrid, die als Ameise zurück in die Welt kommen möchte und zu ihrer Freundin sagt &bdquo;dann kann ich dich wenigstens piesacken“. So unterschiedlich sie ihr persönliches Abschiednehmen auch erleben: am Ende ihres Lebens haben sie durchweg &bdquo;aufgeräumt“. Ihre Unterlagen geordnet. Versicherungen und Konten gekündigt. Ihre Beerdigung bis ins kleinste Detail geplant. Und sich, wie Ulrike, sogar ihren Grabstein ausgesucht. Wie präsent der Tod für sie ist und welche emotionalen Lichtblicke sie trotzdem noch genießen, kann man in den Bildern von Nora Klein erleben, die sich vor zehn Jahren als Sterbebegleiterin hat ausbilden lassen und ehrenamtlich in einem Hospiz arbeitet. In warmen Farben erzählen ihre Fotos von den Sterbenden und ihrer letzten Lebensphase. Einzelne gelbe Herbstblätter. Ein Händedruck. Ein Moment der Freude in einem Blütenmeer. Ein Streicheln. Aber auch Trauer. Einsamkeit. Abschied. Weil oft die Sprache fehlt Wie oft die Sprache fehlt, wenn der Tod da ist, hat Sonja Hartwig erlebt, als ihr Vater starb. Die 1985 geborene Autorin, die für Magazine und Wochenzeitungen wie die Zeit, bis 2004 als Freie Mitarbeiterin für den Lokalteil der Neuen Westfälischen in Bad Oeynhausen, den Stern, den Spiegel, die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung und das Magazin der Süddeutschen schreibt, erinnert sich: &bdquo;Andere Menschen wichen aus, blieben stumm; aus Angst, etwas Falsches zu sagen, sagten sie lieber nichts“. Aber: &bdquo;Im Reden steckt ganz viel Heilung“, sagt die Autorin. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke Ob es für sie in ihrem Alter keine Hemmschwelle gab, sich dem Thema anzunähern? &bdquo;Nein. Auch schon deshalb nicht, weil ich nicht so gut im Small-Talk, sondern besser in tieferen Gesprächen bin. Die fallen mir leichter als die flüchtigen Begegnungen. Außerdem haben es mir die Menschen, mit denen ich für dieses Buch gesprochen habe, leicht gemacht, weil sie mit ihren Gefühlen waren. Schonungslos und ohne eine Mauer“, beschreibt Sonja Hartwig die Ausgangssituation. In Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Fußballer Neven Subotic´ schrieb die in Bad Oeynhausen geborene Autorin das Buch &bdquo;Alles geben“, das mehrere Monate auf der Spiegel-Bestsellerliste stand. Erfolgreich war auch ihr Text-Bild-Band &bdquo;Mal gut, mehr schlecht“ über die Gefühlswelt depressiver Menschen, der von der Stiftung Buchkunst für &bdquo;Die schönsten Bücher 2017“ nominiert wurdet. Und ihr Buch &bdquo;Kazim, wir schaffen das?“ über eine türkische Männergruppe. &bdquo;Wer bist Du, Tod“ ist ihr viertes Buchprojekt. Weitere Informationen dazu: www.wer-bist-du-tod.de.

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