Einblicke in eine besondere Bad Oeynhausener WG

Bad Oeynhausen. Wenn es nach Jamiro geht, dann gibt es jede Woche sein Lieblingsgericht: Spinat mit Kartoffeln und Fischstäbchen. Aber in einer Wohngemeinschaft müssen alle mal zum Zug kommen. Das ist in den selbstbestimmten Wohnräumen des Wittekindshofes nicht anders als in einer Familie. Rund um den Wilhelmsplatz unterhält die diakonische Stiftung zwei Häuser und zwei Wohnungen. Dort leben zurzeit 31 Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr zu Hause wohnen können und hier beim gemeinschaftlichen Leben professionell unterstützt werden. Das Ziel: Über ein Ablösungskonzept in kleinen Schritten immer selbstständiger werden. Jamiro und Anna haben Schnittchen vorbereitet und den Tisch gedeckt. Dort stehen ein Teller mit Mettbroten, ein anderer mit Käsebrötchen und etwas zum Schlickern. Das gemeinsame Abendessen gehört zu den Konstanten im Leben ihrer Wohngemeinschaft. &bdquo;Mittagessen gibt es nur für diejenigen, die krank sind oder Urlaub haben“, sagt Sandra Wiele. Die gelernte Erzieherin und studierte Sozialmanagerin ist die Bereichsleiterin der selbstbestimmten und offenen Lebensräume in der Wilhelmstraße. Sie begleitet die jungen Erwachsenen mit leichter geistiger Beeinträchtigung, sozialen Anpassungsschwierigkeiten und den Folgen von mütterlichem Alkoholkonsum während der Schwangerschaft auf ihrem Weg in die Eigenverantwortlichkeit. Dazu gehören neben einer Tagesstruktur und Freizeitgestaltung auch hauswirtschaftliche Kompetenzen wie das Putzen. Für die Sauberkeit im eigenen Zimmer ist jeder selbst zuständig Genau dabei braucht Anna Maria Krüger noch etwas Unterstützung. &bdquo;Kochen und backen kann ich“, sagt die 21-Jährige, die als Fachpraktikantin der Hauswirtschaft in Bielefeld Bethel beschäftigt ist. Um dort ihren Dienst anzutreten, muss die junge Frau jeden Morgen um fünf Uhr aufstehen. Eine Dreiviertelstunde später klingelt der Wecker von Marvin Schlemper, der seit sechs Jahren in der Löhner Gärtnerei Ulenburg arbeitet. Und ungefähr zu derselben Zeit geht auch der Alarm von Jamiro Hay, der zurzeit in der Werkstatt des Wittekindshofes beschäftigt ist. Damit zu Hause alles läuft, muss jeder von ihnen mit anpacken. Für die Sauberkeit im eigenen Zimmer und Bad ist jeder selbst zuständig, für die Gemeinschaftsräume gibt es einen Putzplan und der Küchendienst wird gerecht aufgeteilt. Lesen Sie auch: Besondere Wohngemeinschaft in Bad Oeynhausen Der Altbau in der Wilhelmstraße ist das Zuhause von zehn jungen Menschen, die dort auf drei Etagen wohnen. Auf jeder Ebene gibt es eine Küche, ein Esszimmer und ein Wohnzimmer. Und im Flur steht ein Tischfußball. Schon beim Einzug werden die Regeln des Zusammenlebens in einer Art Hausordnung abgesteckt. Dazu gehört auch, dass sich am Donnerstag alle zu einem Hausabend treffen. Dabei wird besprochen, was gekocht und was für den gemeinsamen Brunch am Sonntag eingekauft werden soll. Und wohin sie die gemeinsamen Ausflüge, Urlaube und Freizeitbeschäftigungen führen soll. Schwimmengehen ist etwas, worauf sich alle schnell einigen können. Aber auch Drachenbootfahren, Jazztanz und Fußballspielen kommen bei den jungen Menschen gut an. Ein 21-köpfiges Team kümmert sich um die Bewohner Seit letztem Sommer lebt Anna Maria Krüger in der Wohngemeinschaft. Ihre Mutter hatte während der Schwangerschaft getrunken und die 21-Jährige wird lebenslang unter den Folgen leiden. &bdquo;Die Abkürzung für das Krankheitsbild ist FASD“, weiß die Bewohnerin. Schon als Kind musste sie sich um ihre fünf Geschwister kümmern. Bis zu dem Tag, als sie beim Einkaufen zufällig eine Mitarbeiterin des Jugendamtes traf, die dafür sorgte, dass die Kinder außerhalb der Familie untergebracht wurden. Von einer Wohngruppe für Jugendliche ist die Fachpraktikantin dann im letzten Jahr in die externe Wohngruppe des Wittekindshofes umgezogen. Lesen Sie auch: Wie Bad Oeynhausen gegen Überlastung im Jugendamt ankämpft Was ihr daran besonders gut gefällt ist der Zusammenhalt unter den Bewohnern. &bdquo;Mein Leben ist hier viel besser, als es früher in meiner Familie war. Darüber bin ich sehr erleichtert“, sagt Anna Maria Krüger, die den Kontakt zu ihrer Mutter bereits vor 14 Jahren abgebrochen hat. Ihr größter Wunsch für die Zukunft: &bdquo;Dass ich mit meinem Freund in eine eigene Wohnung ziehen kann“. Das ist auch der Herzenswunsch von Marvin Schlemper. Der 29-Jährige ist schon auf dem Sprung in die Selbstständigkeit. Zusammen mit seiner Freundin Larissa sucht er nach einer gemeinsamen Wohnung. Und sagt: &bdquo;70 Quadratmeter und Innenstadtlage wären wunderbar“. Langfristig ausziehen möchte auch Jamiro Hayn. Ein wenig Unterstützung brauchen alle drei noch auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit. So wie die anderen 28 Bewohner aus dem Bereich Wilhelmstraße auch. Damit ihnen das gelingt, steht ihnen ein 21-köpfiges Team aus Fachkräften, darunter zwei Schlafbereitschaften, zur Verfügung, sodass rund um die Uhr ein Ansprechpartner erreichbar ist. Sie alle helfen dabei, dass sich die Herzenswünsche der Bewohner auf ein selbstständiges Leben erfüllen können. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

Meistgelesen