Defibrillatoren: Lebensrettendes Netzwerk ist in Bad Oeynhausen kaum bekannt

Bad Oeynhausen. Der Aufenthalt in der Kurstadt ist mitunter so &bdquo;herzerfrischend“, wie es die Reklame am Bahnsteig im Nordbahnhof verspricht. In vielen Fällen ist die Ursache der Herzerfrischung allerdings nicht der Genuss der sogenannten Heilquellen, sondern ein Besuch des Herz- und Diabeteszentrums, wo sich Profis um Herzkranke kümmern. Womöglich gibts in keiner anderen Stadt des Mühlenkreises so viele Herzkranke. Wenn dem so ist, steigt allerdings auch die Wahrscheinlichkeit, dass Innenstadtbesucher Zeugen eines akuten Herzanfalls werden können - und damit zu lebensrettenden Ersthelfern. Die ersten Minuten nach einem Herzinfarkt sind entscheidend. Es sind genau die Minuten, bevor die Profis vom Rettungsdienst übernehmen. Gunter Veit, ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes im Kreis Minden-Lübbecke, hat vor wenigen Tagen gegenüber der NW in drastischen Worten beschrieben, was passiert, wenn das Herz nicht mehr pumpt: &bdquo;Gehirnzellen erleiden bereits nach fünf Minuten irreparable Schäden.“ Statistisch betrachtet fährt der Rettungsdienst fast jeden Tag einmal zu einem Herzstillstand mit einer Herz-Lungen-Wiederbelebung, einer sogenannten Reanimation. Die Profis haben zahlreiche Hilfsmittel an Bord, darunter einen Defibrillator. Dieses Gerät beendet die Fehlfunktionen der Herzmuskeln mit einem Elektroschock. Es sorgt für einen Reset der Pumpe. Mindestens 35 Defis in Bad Oeynhausen Dieses Gerät hilft aber nicht nur den Rettungsprofis. Es gibt seit vielen Jahren immer mehr öffentlich zugängliche, automatische elektronische Defibrillatoren (AED). Vor allem die Stiftung der Volksbank Bad Oeynhausen-Herford, die mittlerweile zur Volksbank OWL fusioniert ist, hat in den vergangenen Jahren dafür gesorgt, dass zahlreiche dieser Geräte öffentlich verfügbar sind. Und zwar nicht nur in Bankfilialen, sondern auch an Treffpunkten, wo viele Menschen zusammenkommen. Über 220 Defi-Standorte hat die Volksbank bislang gefördert, weiß Pressesprecher Andreas Kelch. Diese Defis sind einfach zu bedienen. Sie sprechen mit den Ersthelfern und leiten sie durch eine Reanimation. Der Automat erkennt den Herzfehler und entscheidet selbst, wann der Elektroschock ausgelöst wird. Die Herzdruck-Massage muss der Ersthelfer trotzdem machen. Und den Patienten auch beatmen. Notarzt Gunter Veit verweist darauf, wie zeitkritisch so eine Herz-Lungen-Wiederbelebung ist. &bdquo;Die Frage ist doch: Wie übersteht jemand das Ganze, wenn wir wissen, dass pro Minute 15 bis 20 Prozent der Gehirnmasse verloren gehen?“ Wenn die Ersthelfer sofort mit der Wiederbelebung beginnen, kann das die Überlebenschancen der Betroffenen verdoppeln bis verdreifachen. &bdquo;Wichtig ist, dass Ersthelfer schnell an einen Defibrillator kommen“, sagt Notarzt Gunter Veit. Mit Technik zum Lebensretter: So bedienen Sie einen Defibrillator Kreisleitstelle kennt viele Defi-Standorte Die Chancen dazu wachsen in Bad Oeynhausen stetig. Nach der Volksbank hat auch die Sparkasse Bad Oeynhausen-Porta Westfalica Defis angeschafft. &bdquo;Wir haben im vergangenen Jahr in unseren drei mitarbeitergeführten Filialen in Bad Oeynhausen solche Defis installiert“, sagt Arnd Viering von der Sparkasse. Kreisweit gibt es inzwischen 445 solche öffentlich zugänglicher Defibrillatoren. Eine Liste der Standorte und ihrer Erreichbarkeit ist bei der Leitstelle des Rettungsdienstes in Hille hinterlegt. Wer bei einem Herzinfarkt als Ersthelfer die 112 ruft, bekommt also nicht nur telefonisch eine Anleitung zum Retten, sondern auch den Hinweis zum nächsten Defi. Das war vor neun Jahren noch anders. Im März 2016 erklärte die Bad Oeynhausener Feuerwehr noch, die Standorte der Defis nicht zu kennen. Inzwischen gehört der Rettungsdienst zum Kreis und die Kreisverwaltung hat alle Eigentümer von öffentlich zugänglichen Defis angeschrieben und ein eigenes Defi-Kataster erstellt. Ein vergleichbares bundesweites Kataster führt der Verein &bdquo;Definetz“. Dort kann sich jeder Eigentümer eines Defibrillators registrieren. Die Standorte werden auf einer Karte von Googlemaps dargestellt. Demnach gibt es in Bad Oeynhausen mindestens 35 solcher automatischen elektronischen Defibrillatoren, die einfach zu bedienen sind. Bei Definetz sind derzeit vor allem Defis verzeichnet, die von der Volksbank gestiftet wurden. Die Defis der Sparkasse aber fehlen. Es gibt schließlich keine Pflicht zum öffentlichen Defi-Kataster. Im öffentlichen Raum der Kurstadt sind die Defis nur für Kenner sichtbar. Hinweisschilder, zum Beispiel in der Fußgängerzone, gibt’s nicht. Zwei neue Defis in Bad Oeynhausen Die Sparkasse Bad Oeynhausen-Porta Westfalica ist auf das Definetz erst durch die Anfrage der NW aufmerksam geworden. Sprecher Arnd Viering kündigt an: &bdquo;Wir werden unsere Defis dort anmelden.“ Allerdings weist Viering auch darauf hin, dass die Bankfilialen wegen der Gefahr von Automatensprengern auf Anraten des Bundeskriminalamts nicht mehr rund um die Uhr geöffnet sind und nachts verschlossen werden. Dann kommt niemand zum Geldautomaten, aber auch niemand zum womöglich lebensrettenden Defi. Die Volksbank OWL geht deshalb einen ganz neuen Weg: Sprecher Andreas Kelch kündigt zwei neue Defi-Standorte von Defis in der Kurstadt an. Einer in der Vereinsgeschäftsstelle des TuS Eidinghausen und der andere in einer neuen Stele direkt vor der Auferstehungskirche, neben dem Schaukasten der Emmausgemeinde am Kurparkeingang. &bdquo;Das Thema ist uns eine Herzensangelegenheit“, sagt Kelch. Jeder neue Standort werde zuvor auf Eignung überprüft: &bdquo;Wir fahren jedes Mal raus und gucken uns das genau an.“ Zudem gelte der Grundsatz: Kein Defi ohne Schulung. Die Menschen in der Nähe sollen die Scheu vor dem Defi-Einsatz im Fall der Fälle verlieren. Die Angst vor Vandalismus schwingt dabei immer mit. Zu Unrecht, wie Kelch erklärt: &bdquo;Die Chance, ein Leben zu retten, ist größer als die Möglichkeit eines Vandalismusschadens.“ 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

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