Strompreis-Abzocke: Bad Oeynhausener EON-Kunde soll 110 Prozent mehr bezahlen

Bad Oeynhausen. Stefan Schmidt musste zwei Mal hinschauen. Und wollte es dann immer noch nicht glauben. Um satte 110 Prozent hatte sein Versorger EON den Preis für eine Kilowattstunde Strom zum 1. Februar 2025 angehoben. Statt etwas mehr als 28 Cent/kWh, soll Schmidt demnächst 60 Cent/kWh bezahlen. Damit liegt sein Preis um 20 Cent über dem Grundversorgungspreis. Der 31-Jährige vermutet eine Masche – und kündigte umgehend. Nun möchte er andere Kunden sensibilisieren, noch einmal einen genauen Blick auf die Rechnung zu werfen. Keine 800 Kilowatt Strom verbraucht Stefan Schmidt im Jahr. Und fällt damit vermutlich eher in die Kategorie alleinstehender Senioren. Er vermutet deshalb Kalkül hinter dem Vorgehen seines Stromanbieters. Viele ältere Menschen würden so einen Brief kurz vor Weihnachten vermutlich gar nicht richtig wahrnehmen und ihn im Weihnachtsstress vergessen. Schmidt selbst verbraucht nur deshalb so wenig Strom, weil er tagsüber kaum daheim ist und auch keinen PC oder Sonstiges betreibt. &bdquo;Ich habe alles im Büro auf dem Hof, auf dem ich arbeite“, erklärt er. &bdquo;Für viele Menschen viel Geld“ Die Kilowattstunde Strom steigt für Stefan Schmidt um mehr als 31 Cent, die Zählergebühr allerdings bleibt gleich. Beim Blick auf die Kostenbestandteile der Kilowattstunde wird deutlich: Es ist vor allem ein Posten, bei dem der Preis massiv angehoben wurde. &bdquo;Beschaffung und Vertrieb steigen um 24,28 Cent“, sagt Stefan Schmidt und deutet auf das Blatt Papier auf dem Tisch. Statt 11,38 Cent stehen dort nun 35,66 Cent. Damit macht dieser Bestandteil mehr als die Hälfte des Strompreises aus. Mit der Erhöhung steigt zudem sein Abschlag von 27 Euro auf 61 Euro pro Monat. &bdquo;Das ist für viele Menschen viel Geld.“ Lesen Sie auch: &bdquo;Wer soll das noch bezahlen?“: Rödinghauser verärgert über Preiserhöhung von EON Das Warum bleibt von EON-Seite unklar. Auf die Anfrage der NW, wie denn der neue Strompreis zustande kommt und warum er deutlich über dem Grundversorgerpreis liegt, gab es vom Energieversorger EON leider keine Antwort. Für Stefan Schmidt aber waren die Konsequenzen schon vorher klar. Der Agrarbetriebswirt kündigte umgehend seinen Vertrag. Und ärgerte sich erneut. &bdquo;Während des Vorganges über das Vergleichsportal im Internet ploppte dann ein Fenster auf“, berichtet er. &bdquo;Wir würden Sie gerne als Kunden behalten. Unser Angebot: 42 Cent pro Kilowattstunde“ stand dort geschrieben. &bdquo;Ach, dann geht’s auf einmal“, sagt er und schüttelt den Kopf. Für Schmidt erst recht ein Grund, die Kündigung durchzuziehen. Er bezieht nun Strom aus dem Schwarzwald. Für 32 Cent. Weitere Konsequenz: Auch die Verträge für seine GbR, zu der zwei Mehrfamilienhäuser gehören, wird er bei Eon kündigen. Dort stieg der Grundversorgerpreis zwar lediglich um 2 Cent von 38,35 aus 40,35 Cent – aber nach seiner horrenden Erhöhung würden diese Verträge aus Prinzip gekündigt. &bdquo;Daran wird auch deutlich, dass mein neuer Strompreis 20 Cent über dem Grundversorgerpreis liegt – wie ist das denn zu erklären?“ Verbraucherzentrale rät zur Sonderkündigung Der Verbraucherzentrale werden in den letzten Tagen mehrere ähnliche Fälle gemeldet: &bdquo;Uns werden derzeit von Kundinnen und Kunden der EON Energie Deutschland GmbH sehr auffällige Preiserhöhungen zum 1. Januar 2025 mitgeteilt. Dabei steigt der Preis in den gemeldeten Fällen für eine Kilowattstunde von rund 30 Cent auf 60 Cent pro Kilowattstunde brutto. Lesen Sie auch: EON entschuldigt sich erneut bei Bünder – mit 100-Euro-Gutschein Die Preiserhöhung sollte im Weihnachtstrubel nicht untergehen“, empfiehlt Heike Troue, Vorständin der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. &bdquo;In der Regel besteht bei einer angekündigten Preisänderung ein gesetzliches Sonderkündigungsrecht. Dies bietet die Gelegenheit, zu einem günstigeren Vertrag eines anderen Anbieters zu wechseln und damit deutlich Geld zu sparen.“ Fabian Fehrenbach, Referent Energierecht bei der Verbraucherzentrale, rechnet vor: &bdquo;Die Stromkosten muss man für einen Durchschnittsverbrauch eines Drei- bis Vier-Personenhaushalts in Deutschland mit 3.500 Kilowattstunden im Jahr durchrechnen. Bei der oben dargestellten Erhöhung bezahle ich durchschnittlich dann 1.050 Euro mehr im Jahr. Nicht zuletzt wird auch der verbrauchsunabhängige Grundpreis bei allen gemeldeten Fällen deutlich angehoben. Das kommt dann noch on top“, erläutert Fehrenbach.

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