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Kampf gegen Fachkräftemangel: Bad Oeynhausener Klinik setzt auf Kaffee und Kekse

In der Maternus-Klinik gibt es seit einigen Wochen ein Bewerber-Café. In Zeiten des Fachkräftemangels muss die Personalabteilung neue Wege gehen.

Gehen neue Wege in der Maternus-Klinik: Pia Schäfers (v. l.), Petra Ensminger, Clara Plewka und Heidi Lilienkamp. | © Nicole Sielermann

Nicole Sielermann
12.12.2024 | 12.12.2024, 16:02

Bad Oeynhausen. Ein unverbindlicher Plausch. Kekse zum Kaffee. Und das alles ganz ohne Bewerbungsunterlagen. Pia Schäfers, Teamleiterin Personal in der Maternus-Klinik, geht in Zeiten des Fachkräftemangels neue Wege. „Wir wollen die Hemmschwelle senken“, erklärt Schäfers. Seit einigen Wochen versucht sie das mit dem neuen Bewerber-Café, bei dem in ungezwungener Atmosphäre die gegenseitige Sympathie entdeckt werden kann. Schäfers kann sogar einen ersten Erfolg verbuchen.

Der Fachkräftemangel im deutschen Gesundheitswesen ist eklatant. Prognosen zeigen, dass in zehn Jahren knapp 1,8 Millionen offene Stellen nicht mehr besetzt werden können, weil qualifizierte Kräfte fehlen. Damit läge der Engpass bei 35 Prozent. Besonders betroffen vom Personalnotstand ist derzeit die Alten- und Krankenpflege. Allein in den Jahren 2023/2024 konnten mehr als 47.000 Stellen nicht passend besetzt werden, wie eine Studie des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft aufzeigt.

Die meisten Engpässe gibt es demnach mit knapp 11.600 Stellen bei den Physiotherapeuten, in der Gesundheits- und Krankenpflege fehlen 7.100 Mitarbeiter. Krankenhäuser und andere Einrichtungen des Gesundheitswesens müssen sich also auf große Herausforderungen in ihrem Personalmanagement einstellen. Dabei geht es nicht nur um das Anwerben neuer Kräfte, sondern auch um die Mitarbeiterbindung - denn die Fluktuation ist hoch.

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540 Bettenhaus hat Fachkräftemangel

Auch in der Bad Oeynhausener Maternus-Klinik am Brinkkamp fehlen Mitarbeiter. „Vor allem Pflegefachkräfte und Therapeuten - Ergo- und Physiotherapeuten“, sagt Pia Schäfers. Gesucht sind in der Rehaklinik, die 540 Betten aus den Bereichen Orthopädie, Neurologie und Kardiologie zählt, zudem auch Psychologen. Weshalb die Personalchefin zusammen mit der Pflegedienst- und der Therapieleitung jeden zweiten und vierten Mittwoch zum Kaffeetrinken in die Cafeteria einlädt. Zwischen 16 und 18 Uhr können sich Interessenten bei Kaffee und Keksen über die Klinik informieren. „Alles ganz ungezwungen und ohne Anmeldung“, betont Schäfers. Auch Unterlagen müssen die Gesprächspartner nicht dabei haben. „Erst einmal schnuppern und Interessenten fürs Haus begeistern“, nennt sie das.

Wie viele andere Firmen auch geht die Personalabteilung aber viele neue Wege. „Wir bespielen viele Kanäle“, sagt Schäfers. Von der klassischen Stellenanzeige, über die eigene Homepage, Werbung in den sozialen Netzwerken und eine Bonuszahlung für die eigenen Mitarbeiter, die neue Mitarbeiter für die Klinik begeistern, wird alles abgedeckt. „Wir müssen die Barrieren ganz gering halten, um überhaupt eine Chance zu haben, Mitarbeiter zu gewinnen.“ Das allein aber reicht nicht: „Wir müssen zudem etwas bieten. Und wir müssen Abstriche machen“, gibt Schäfers zu. „Da können wir nicht gleich auf eine vollständige Bewerbung achten.“

Die Bewerber wiederum haben die freie Auswahl: „Wir können uns nie sicher sein, ob die Neuen auch wirklich kommen und anfangen“, bilanziert die Teamleiterin. Oft komme es auch vor, dass sich potenzielle neue Mitarbeiter noch einen Tag vorher umentscheiden würden. Durch das Bewerber-Café aber seien nun einige Gespräche geführt worden. „Und wir haben sogar schon einen neuen Mitarbeiter eingestellt.“

INFORMATION


Pilotprojekt Ernährung

Gemeinsam mit der Krankenkasse DAK nimmt die Maternus-Klinik am bundesweiten Pilotprojekt „Ernährung“ teil. Dabei geht es darum, Mitarbeiter aus dem Schichtdienst im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsvorsorge für Ernährung zu sensibilisieren.

Aber nicht nur die eigenen Mitarbeiter profitieren von der neuen Lehrküche, auch die Patienten können dort mit der Leiterin der Ernährungsberatung, Heidi Lilienkamp, köcheln. Dem aber geht der Einkauf voraus: „Ein Modul der Rehabilitation bei uns ist das Einkaufstraining“, erklärt Lilienkamp. Gemeinsam mit einer kleinen Patientengruppe geht sie dafür regelmäßig in den Gohfelder Wez. „Es geht um regional, saisonal, um Zuckergehalt und natürlich nehmen wir auch Fertigprodukte unter die Lupe.“

Einmal pro Woche lässt sie die Patienten einkaufen. Manchmal auch für ein von ihr zusammengestelltes Menü. „Wer schaut auf den Preis? Wer achtet auf die Qualität? Wer auf die Inhaltsstoffe?“ seien die Fragen, die sie dabei im Blick habe. „Wir als Klinik wollen schon ein Botschafter für die regionale Küche sein.“ Auch das ein Grund, warum die Klinik Brot und Brötchen vom heimischen Handwerksbäcker beziehe.