Sauberer Kompost in Bad Oeynhausen: Grüne fordern strengere Biotonnen-Kontrollen

Bad Oeynhausen. Ein einziger Schnappschuss offenbart das ganze Schlamassel: Da steht eine braune Tonne, in der eigentlich nur Biomüll entsorgt werden darf, mitten in der Kurstadt mit halbgeöffnetem Deckel - und aus der Öffnung quillt: Plastikmüll. Der grüne Ratsherr Thomas Dippert hat diese falsch befüllte Tonne im Vorbeiradeln gesehen und fotografiert. Im Gespräch mit der NW verrät er auch, wo er den falschen Biomüll gefunden hat: in einer Tonne am Schwarzen Weg, unweit des Technischen Rathauses. Außer Dippert scheint sich bislang niemand über die Vermüllung der Biotonne aufzuregen. Und Konsequenzen hat es bislang offenbar auch kaum. Doch das könnte sich ändern. Die Grünen-Fraktion will die Stadtwerke dazu bringen, falschbefüllte Tonnen schon bei der Müllsammlung automatisch auszusortieren. In einem Antrag fordern sie mehr Kontrolle und wollen eine &bdquo;Störstoffdetektion“ einführen. Die Gelegenheit dafür ist günstig. Die Stadtwerke entscheiden nämlich am kommenden Donnerstag, im nicht-öffentlichen Teil der Verwaltungsratssitzung, über die Biomüllabfuhr der nächsten acht Jahre. Allerdings steht der Grünen-Antrag gar nicht auf der Tagesordnung, obwohl der Hauptausschuss des Stadtrates diesen Antrag bereits im September an den Verwaltungsrat verwiesen hat. Rote Karte für Fehlwürfe Das Problem drängt. Bestimmte Chargen des Biomülls aus der Kurstadt lassen nach Informationen von Dippert zu wünschen übrig. Sie sind durchsetzt mit Plastik, metallfolierten Tüten oder Papier. Das alles gehört nicht in die Biotonne, weil beides in der Kompostierungsanlage nicht verarbeitet werden kann. Plastik hält nahezu ewig und Papier dummerweise länger als der etwa sechsmonatige Aufenthalt in der Kompostanlage. Nach Informationen von Dippert, der auch für die Grünen auch im Kreistag sitzt, hat die Kreisabfallgesellschaft bereits im Frühjahr kreisweit &bdquo;blaue Briefe“ verschickt und auf diesen Missstand hingewiesen. Die Stadtwerke bestätigen auf Anfrage &bdquo;Auswertungen hinsichtlich der Störstoffe“, die regelmäßig vom Kreis versandt würden. Im vergangenen September hätte es aus Bad Oeynhausen einen &bdquo;Störstoffanteil von größer als einem Prozent“ der Gesamtmenge gegeben. Den genauen Prozentsatz der Störstoffe nennen die Stadtwerke nicht. Allerdings darf ab nächstem Jahr maximal ein Prozent des Biomülls mit Plastik vermüllt sein. Eine Novelle der bundesweit geltenden Abfallverordnung schreibt das vor. Dann gilt sogar: Wenn mehr als drei Prozent des Biomülls verunreinigt sind, dürfen die Verwerter die ganze Ladung zurückweisen. Dann landet der Biomüll mit seinen Störstoffen beim teuren Restmüll. Und alle Gebührenzahler aus der Stadt Bad Oeynhausen müssen dafür zahlen. &bdquo;Das Problem wird ins Kompostwerk verschoben“ Vor allem in den Wintermonaten sinkt die Qualität des Biomülls, berichtet Dippert. &bdquo;Jede fünfte Lkw-Charge Bioabfall steht vor der Abweisung“, erklärt er. Schon jetzt betreibe die Kreisabfallgesellschaft einigen Aufwand, um den Biomüll von Störstoffen zu befreien. Letztlich bedeute das aber weniger Biomasse, also Kompost oder Rohstoff für den Gärreaktor und damit auch weniger Biogas. &bdquo;Also auch weniger Klimaschutz“, argumentiert der Grünen-Politiker und warnt: &bdquo;Das Problem wird zum Kompostwerk verschoben.“ Weil dann aber die Kosten für alle steigen, seien die Müllgebühren nicht mehr gerecht. Dippert: &bdquo;Und die Ehrlichen sind die Dummen.“ Ist Bad Oeynhausen auf die neuen Regelungen vorbereitet? Die Grünen finden: nein. Bislang setzen die Stadtwerke &bdquo;keine eigenen Mitarbeiter für Kontrollen“ ein, so Stadtwerke-Pressesprecherin Julia Hinkelmann auf Nachfrage. Lediglich in der bundesweiten Aktion &bdquo;Wir für Bio“ im September 2023 habe man in den Sammelgebieten mit schlechter Benotung &bdquo;stichprobenartige Tonnenkontrollen“ durchgeführt. Die Stadtwerke wissen also grob, wo die Bürger besonders oft beim Biomüll schlampen. Die Stadt Minden dagegen mache es anders, berichtet Dippert. In der Kreisstadt liefen menschliche Müll-Detektive zur Kontrolle von Biotonne zu Biotonne. Für die Kurstadt sei zusätzliches Personal aber keine Option. Beim Redaktionsbesuch werben die Grünen-Politiker Brand und Dippert für technische Lösungen, die Biotonnen schon auf dem Müllwagen nach Störstoffen durchleuchten können. Brandt: &bdquo;Die Stadtwerke sollen entscheiden, was zweckmäßig ist.“ Allerdings müsste das bei der Auftragsvergabe durch die Stadtwerke berücksichtigt werden. Künstliche Intelligenz könnte Biomüll kontrollieren Diese technische Lösung funktioniert entweder über eine Kamera, die bei der Entleerung im Müllwagen den Tonnen-Inhalt filmt und dem Fahrer oder künstlicher Intelligenz Störstoffe anzeigt. Oder über Wirbelstromtechnik, die eigentlich bloß Metalle in den Biotonnen erkennt. Das Prinzip dahinter ist aber so einfach wie bestechend, erklärt Dippert: &bdquo;Denn wer metallbedampfte Chipstüten in die Biotonne wirft, der wirft auch Plastik rein.“ Schlägt der Metalldetektor Alarm, ist die Wahrscheinlichkeit demnach groß, dass sich auch Plastik in der Biotonne findet. Beide Apparaturen wären als Aufsatz für Müllwagen erhältlich, argumentiert Dippert. Im Fall der Fälle kann der Müllwagenfahrer die Tonne so stehen lassen - ohne zu wissen, zu welchem Haushalt sie gehört. Möglich wäre aber auch, die Falschbefüller zu identifizieren. Dann müssen die Tonnen allerdings mit Identifikationschips ausgestattet werden. Das ist keine Science-Fiction. In der Nachbarstadt Löhne werden derzeit gechipte Tonnen an alle Haushalte ausgeliefert. In Zukunft kann Löhne Tonnenbesitzer zur Rechenschaft ziehen. In Bad Oeynhausen ist das Zukunftsmusik. Der Verwaltungsrat hat schon in seiner März-Sitzung eine Identifikation der Mülltonnen &bdquo;aus Kostengründen“ abgelehnt. Der Großteil der 12.477 Biotonnen-Besitzer, argumentiert Stadtwerke-Vorstand Andreas Schwarze, verhalte sich vorbildlich. Das wissen auch die Grünen. &bdquo;Aber in einem Prozent der am stärksten vermüllten Behälter befinden sich etwa 85 Prozent aller Störstoffe“, sagt Dippert mit Verweis auf eine Studie aus Tübingen. Einfach mal die Tonne stehen lassen? Umgerechnet auf die Kurstadt wären das 125 problematische Mülltonnen. Wie können deren Besitzer zu einer Verhaltensänderung gebracht werden? Womöglich reicht es, falsch befüllte Tonnen einfach mal Straßenrand stehenzulassen. Dazu müsste man jedoch in alle Tonnen gucken. Die Kosten für die neue Technik auf dem Müllwagen hält Dippert für tragbar: &bdquo;Weniger als einen Euro pro Haushalt.“ Grünen-Fraktionschef Volker Brandt hofft auf die Vernunft der anderen Verwaltungsrat-Mitglieder. Der letzte Grünen-Vorschlag zum Wiegen der Restmülltonnen ist allerdings genau an diesen Anschaffungskosten gescheitert. &bdquo;Es wäre aber das falsche Signal, das Problem so zu lassen“, sagt Brandt. Und Thomas Dippert: &bdquo;So, wie es ist, kann es nicht bleiben.“ Die Sitzung des Verwaltungsrats beginnt Donnerstag, 5. Dezember, um 18 Uhr im Konferenzraum der Stadtwerke, Weserstraße 23.

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