Bad Oeynhausen/Ruli. Arne Friedrich kennt das Projekt seiner ehemaligen Schule seit den Anfängen: 1995, ein Jahr nach dem Völkermord in Ruanda, beschlossen Achtklässler der Realschule Süd in Bad Oeynhausen, Kindern im ruandischen Bergdorf Ruli zu helfen. Was als Nothilfeaktion begann, entwickelte sich zu einer nachhaltigen Partnerschaft. Ein großer Meilenstein war der Aufbau der Primarschule Ruli Anfang der 2000er Jahre. Arne Friedrich engagierte sich schon damals für das Projekt – unter anderem als er 2002 an einem Sponsorenlauf zugunsten des Schulbaus teilnahm.
Seitdem ist viel passiert: Die Schulpartnerschaft, aus der später der Verein Ikiraro hervorging, förderte verschiedene Bildungsprojekte in Ruli. Neben der Primarschule wurden eine Sekundar- und eine Berufsschule unterstützt. Zahlreichen (Waisen-)Kindern und Jugendlichen wurde der Besuch von weiterführenden Schulen und Universitäten ermöglicht. Und immer wieder waren Schülerinnen und Schüler aus Bad Oeynhausen in Ruanda.
Der Kontakt zwischen Arne Friedrich und Werner Eyßer, der das Projekt mit seiner damaligen Klasse initiiert hatte, blieb über die Jahre bestehen. Heute engagiert sich Friedrich mit seiner Stiftung selbst für die Bildungs- und Chancengleichheit von Kindern. Mit dem Projekt “Vielfalt gewinnt” setzt er sich für Grundschulkinder in sozial schwächeren Teilen Berlins ein. „Dabei ist uns wichtig, Begegnungen zwischen Kindern unterschiedlicher Herkunft und Hintergründe zu schaffen und so Empathie und interkulturelles Verständnis zu fördern“, erklärt Friedrich.
Primarschule Ruli empfängt Team der Arne-Friedrich-Stiftung
Als die Idee aufkam, „Vielfalt gewinnt“ international auszuweiten, lag die Zusammenarbeit mit Ikiraro nahe. Arne Friedrich: „Wir legen großen Wert auf persönliche Kontakte zuunseren Partnern und wollen die Menschen und Projekte vor Ort möglichst auch selbst kennenlernen”, so Arne Friedrich. Mit Hermann Dörner, ein Freund und Kollege aus seiner Zeit bei Hertha BSC und heute aktiv in der Arne-Friedrich-Stiftung, begleitete er Werner Eyßer nach Ruanda.
Höhepunkt der Reise war der Besuch der Primarschule Ruli, wo insgesamt 1.000 Kinder in zwei Schichten unterrichtet werden. Trotz Ferien war ein Großteil von ihnen für den Empfang vor Ort. „Es war beeindruckend zu sehen, was Werner und die Schülerinnen und Schüler aus Bad Oeynhausen und Hausberge über die Zeit geschafft haben und mit welcher Motivation die Kinder dort zur Schule gehen”, berichtet Arne Friedrich. „Eine tolle Erfahrung und ein unglaublich herzlicher Empfang“, bestätigt auch Hermann Dörner. „Wir haben wichtige Einblicke bekommen, wie in der Schule gearbeitet und gelernt wird – und konnten uns selbst davon überzeugen, wie wir als Stiftung sinnvoll unterstützen können.“
Erste Ergebnisse der Reise: Die Arne-Friedrich-Stiftung ermöglicht der Schule aktuell den Bau eines „Mädchenraums“ und eines Lagerraums für Lebensmittel für die Schulspeisung. Mädchenräume bieten Schülerinnen sichere und ruhige Rückzugsorte – etwa bei Perioden- oder gesundheitlichen Beschwerden. Ruandische Schulen sind verpflichtet, diese Räume vorzuhalten, können sie aber oft nicht finanzieren. Zudem wird eine neue Wasserleitung für die Schule gelegt. Darüber freut sich Werner Eyßer: „Ikiraro hat hier vor fünf Jahren neue Toiletten gebaut. Doch während der Trockenzeit gab es immer wieder Probleme mit der Wasserversorgung, die mit dem neuen Anschluss behoben werden können.”
Nächstes Jahr feiert die Partnerschaft 30-jähriges Bestehen
Für die Zukunft kamen während der Reise weitere Projektideen auf: In Planung ist unter anderem der Aufbau eines Girls Club an der Primarschule – eine AG zur Stärkung und Aufklärung von Mädchen. „Dafür haben wir eine starke Partnerin im Boot. Delphine Uwomahoro, die wir als Schülerin unterstützt haben, ist heute mit ihrer eigenen Organisation erfolgreich. Mit Our Sisters`Opportunity (OSO) setzt sie sich vor allem mit Business-Programmen für Mädchen und Frauen für die Armutsbekämpfung im eigenen Land ein – mittlerweile mit Unterstützung großer internationaler Geber“, so Werner Eyßer.
Nächstes Jahr feiert die Partnerschaft 30-jähriges Bestehen. Ziemlich sicher ist, dass auch vor Ort wieder gemeinsam gefeiert wird. Arne Friedrich wird zumindest in Gedanken dabei sein. Denn in seinem Berliner Wohnzimmer erinnert ihn ein besonderes Souvenir an die prägende Reise: Neben dem Fußball, mit dem er 2010 sein WM-Tor gegen Argentinien schoss, liegt nun noch ein aus Plastiktüten gefertigter Ball. „Ich habe ihn mit ruandischen Kindern gegen einen Lederfußball getauscht. Und jetzt erinnert er mich täglich daran, dass Kinder auf der ganzen Welt die gleichen Spiele spielen, dabei ganz ähnliche Träume und Ziele haben – aber völlig unterschiedliche Chancen, sie zu erreichen. Der Gedanke bestätigt mich darin, den Austausch zwischen den Kindern der Welt voranzubringen und den ärmeren zu helfen.“
INFORMATION
Der Verein und die Stiftung
- Der Freundeskreis Ikiraro Bad Oeynhausen/Porta Westfalica mit Ruli/Ruanda wurde 2017 gegründet und setzt das 1995 gestartete Ruanda-Projekt der Realschulen Bad Oeynhausen Süd und Hausberge in veränderter Organisationsform fort. Das ruandische Wort Ikiraro heißt Brücke. Mit dieser Brücke will der Freundeskreis die seit fast 30 Jahren bestehende Verbindung zu den Menschen in Ruanda erhalten und ausbauen. Im Mittelpunkt der Arbeit steht die Förderung der schulischen Bildung von Kindern und Jugendlichen in Ruli, einem Ort in den Bergen nordwestlich der Hauptstadt Kigali – und die Information über Ruanda in Deutschland. Das Projekt entstand aus einer spontanen Idee von Schülerinnen und Schülern aus Bad Oeynhausen. 1995 – ein Jahr nach dem Genozid in Ruanda – beschlossen die damaligen Achtklässler, Kindern in Ruanda zu helfen. www.ruanda-projekt.de
- „Wir stiften an“ – so lautet das Credo der Arne-Friedrich-Stiftung. Seit der Gründung im Jahr 2015 stehen die Werte Mut, Bildung & Vielfalt sowie Gesundheit im Mittelpunkt der Arbeit. Die Stiftung setzt sich dafür ein, die Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen zu verbessern. Durch vertrauensvolle, langjährige Partnerschaften unterstützt die Stiftung kranke, sozial benachteiligte und ausgegrenzte junge Menschen und bietet ihnen neue Perspektiven. www.arnefriedrichstiftung.de