Park-Debatte in Bad Oeynhausen: Mutiger Kampf gegen die zugeparkte Stadt

Die Grünen rühren an einem Tabu. Sie wollen die Bewohnerparkzonen ausweiten und die Gebühren dafür saftig erhöhen. Ein Tabu beruht auf einer stillschweigend praktizierten gesellschaftlichen Übereinkunft, die bestimmte Verhaltensweisen auf elementare Weise verbietet. Das Bad Oeynhausener Tabu untersagt die Debatte über das Parken. Seit nunmehr 24 Jahren versucht der Stadtrat unter Ehrfurcht gebietenden Begriffen wie &bdquo;Parkraumbewirtschaftungskonzept“, &bdquo;Masterplan klimafreundliche Mobilität“ oder &bdquo;Parkleitsystem“ der Thematisierung des Tabus aus dem Wege zu gehen. Seit 2017 müssen die Stadtwerke auf Weisung des Rates über das Park-Tabu wachen. Sie bedienen sich dabei einer alten, uralten Erzählung: Die Enttabuisierung des Parkens rund um den Park sei erst erlaubt, wenn das Herz- und Diabeteszentrum und die Mühlenkreiskliniken wüssten, wo Mitarbeiter und Patienten dereinst ihre Autos abstellen könnten. Städte wurden nicht errichtet, um Autos in ihnen zu parken Und nun stören die Grünen dieses ach so bequeme Narrativ, das immer getaugt hat, die Park-Debatte auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Die Ratsfraktion der Grünen watet mit einer Erkenntnis auf, die in anderen Rathäusern seit Jahrzehnten die Stadtplanung dominiert und wie folgt zusammengefasst werden kann. Städte wurden nicht errichtet, um Autos in ihnen zu parken. Mit Blick auf die Bad Oeynhausener Südstadt ist das schwere Kost für die Verantwortlichen. Wer einmal versucht hat, die Wielandstraße zu passieren, kann sich einfach nicht vorstellen, dass diese Straße nicht einzig und allein dem ruhenden Verkehr und dem Parkplatzsuchverkehr gewidmet ist. Kenner behaupten gar, das ganze Dichterviertel sei nicht den Poeten, sondern dem stehenden Kraftfahrzeug gewidmet. Lesen Sie auch: Darum könnte Anwohnerparken in Bad Oeynhausen bald 360 Euro im Jahr kosten Und nun wollen die heimischen Grünen eine Kraft sein, die das Auto endlich in den Dienst des Menschen stellt. Das ist vor allem in einer Stadt, in der die Parkhäuser leer und die Straßen voll stehen, durchaus vernünftig, sicher aber nicht mehrheitsfähig. Man meint die Gegner des Antrags schon poltern zu hören: &bdquo;Umerziehung!“ &bdquo;Bevormundung!“ In einer Zeit, in der Faschisten mit ihren Lügen die Parlamente entern, ist der öffentliche Gebrauch der Vernunft mutig – und mutig ist auch der Antrag der Grünen. Grünen konfrontieren Wähler mit einer unbequemen Wahrheit Ob es schlau ist, das Fass jetzt aufzumachen, nur weil Bad Oeynhausen nach und nach ver-SUV-t, darf bezweifelt werden. Die Grünen konfrontieren die Bad Oeynhausenerinnen und Bad Oeynhausener und damit auch ihre potenziellen Wähler nämlich mit einer unbequemen Wahrheit, die argumentativ kaum zu beschädigen sein wird. In Zeiten des konsequenten Hedonismus’, in der das private Glück des Einzelnen in der dauerhaften Erfüllung individueller physischer und psychischer Lust gesehen wird, ist eine solche Konfrontation ein Wirkungstreffer, der die Adressaten zumeist wild werden lässt: Man will es nicht hören! Erst recht nicht, wenn es um das Auto und sein quasi naturgegebenes Recht geht, Städte zu blockieren. Bemerkenswert ist der Antrag, weil er versucht, ein Thema auf die politische Agenda zu setzen, das aus leidvoller Erfahrung von der heimischen Kommunalpolitik tabuisiert wurde. Ein Jahr vor der Kommunalwahl wendet sich die Ratsfraktion der Grünen einem Problem zu, das kaum taugen dürfte, ihre Popularität zu steigern. Dennoch setzen sie ein Zeichen: Auch unpopuläre Themen müssen – ohne Angst vor den Konsequenzen für die eigene Partei – auf die Tagesordnung. Wenn dieses Verhalten Schule macht, dann sehen die Tagesordnungen der Räte in Zukunft anders aus, dann ist vertagen keine Option mehr und wenn, dann eine eher schlecht beleumundete.

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