Gemeinsam: Bad Oeynhausener Rentnerinnen entlarven dreisten Fahrraddieb

Bad Oeynhausen. Meisterdetektiv Sherlock Holmes bekommt weibliche Konkurrenz aus der Kurstadt. Zwei Frauen aus einem Mietshaus an der Eidinghausener Straße haben der 84-jährigen Radlerin Margret Gerke dabei geholfen, ihr gestohlenes Fahrrad zurückzubekommen: Anna Enns und Sama Kassab haben es auf dem Hinterhof ihres Mietshauses gesichert. Ein dubioser Mann hat behauptet, die &bdquo;alte Dame“ habe ihm das Rad zum Verkauf überlassen. Die Frauen wussten es besser. Sie stellten das Fahrrad sicher und versuchten dann aber fast zwei Monate lang, die Eigentümerin zu finden. In der vergangenen Woche klappte endlich die Übergabe des ehemaligen Diebesgutes. Auf dem Parkplatz zwischen Aldi und Lidl an der Werrestraße entdeckte Anna Enns die Radlerin und stürmte auf sie zu. Margret Gerke war so perplex, dass sie die Frau nicht sofort erkannte. Schnell wurde aber klar: Es ist die Anwohnerin des Mietshauses gleich neben der Bushaltestelle, wo das Fahrrad gestohlen wurde. Mit ihr hatte sie über den Diebstahl gesprochen. Margret Gerke hatte das Fahrrad am weißen Zaun angekettet und sich dann in den Bus gesetzt. An diesem Mittwoch, 17. April, hatte sie einen Arzttermin in Volmerdingsen. Die 84-jährige Rehmerin hat keinen Führerschein und ist ihr Leben lang stets Fahrrad gefahren. Der Arzttermin war überraschend schnell vorbei. Als die Rentnerin gegen 11.30 Uhr zurückkam und aus dem Bus ausstieg, war das Fahrrad weg. Es stand bloß wenige Stunden unbeobachtet, aber angekettet am helllichten Tage an der Eidinghausener Straße herum. Männer mit Interesse fürs besondere Damenfahrrad Offenbar hatte eine Gruppe Männer großes Interesse an dem Damenrad mit tiefem Einstieg. Das jedenfalls haben die Anwohner des Mietshauses beobachtet und Margret Gerke erzählt. Die Radlerin war von Haustür zu Haustür gelaufen und hatte sich erkundigt, ob jemand ihr Fahrrad gesehen hatte. Einen Diebstahl hatte aber niemand beobachtet. Anna Enns versprach, sich im Haus noch einmal umzuhören. Margret Gerke schrieb ihre Telefonnummer für alle Fälle auf einen Zettel. Danach ging die Rentnerin von der Eidinghausener Straße zur Polizeiwache in der Blücherstraße und erstattete Anzeige. Währenddessen fragte Anna Enns ihre Nachbarn. Eine arabischsprachige Mieterin, es war Sama Kassab, hörte vom Diebstahl und klopfte ihrerseits die arabischsprachige Nachbarschaft ab, um die Nachricht von den frechen Damenraddieben vor der Haustür zu verbreiten. Und siehe da: Noch am gleichen Tag tauchte ein Mann mit einem Damenfahrrad auf dem Hof des Mietshauses auf. Er behauptete, das Rad habe ihm &bdquo;eine alte Dame“ gegeben, damit er es verkaufen könne. Wie zum Beweis hielt er ein geöffnetes Schloss mit einem Schlüssel in der Hand, den ihm angeblich die Fahrradeigentümerin gegeben habe. Eine irre Geschichte. Und offensichtlich gelogen. Die Frauen banden das Damenrad mit dem neuen Schloss im Hof fest und nahmen den Schlüssel an sich. Dann versuchten sie, Margret Gerke telefonisch zu erreichen. Ohne Erfolg. Die Rentnerin war nämlich längst auf der Polizeiwache. Außerdem hatte sie in der Aufregung einen Zahlendreher bei ihrer eigenen Telefonnummer gemacht. Für die beiden Fahrraddetektivinnen war die Rentnerin unerreichbar. Die Polizei verweist ans Fundbüro Sama Kassab rief die Polizei: Sie habe ein Damenrad gefunden, das offenbar gestohlen sei. &bdquo;Doch die Polizisten“, erzählt sie, &bdquo;wollten nichts davon wissen.“ Die Beamten verwiesen sie stattdessen ans Fundbüro. Wollte die Polizei den Diebstahl nicht aufklären? &bdquo;Die Kollegen konnten in diesem Moment nichts von einem Diebstahl wissen“, sagt Polizeipressesprecher Thomas Bensch. Die Anzeige von Margret Gerke war erst wenige Stunden zuvor aufgenommen worden und noch nicht für alle anderen Polizisten einsehbar. Lesen Sie auch: Zwei Fahrraddiebe vom Südbahnhof Bad Oeynhausen verurteilt Gerke sei am 17. April um 11.57 Uhr auf der Wache gewesen. Der Anruf von Sama Kassab erreichte die Polizei am frühen Nachmittag des 17. April. Die Diebstahlsanzeige war jedoch erst einen Tag später, am 18. April, im Polizeicomputer für andere Polizisten sichtbar. &bdquo;Zwischen Anzeige und Sichtbarwerden im System liegt eine Art Qualitätskontrolle“, erklärt Bensch: &bdquo;Insofern war der Hinweis aufs Fundbüro auch richtig.“ Im Fundbüro aber wollten die Frauen aus dem Mietshaus das mutmaßlich gestohlene Fahrrad nicht abgeben. Wer fährt schon gern mit mutmaßlichem Diebesgut zum Amt? Und setzt sich womöglich auch noch dem Verdacht aus, das Fahrrad selbst gestohlen zu haben? Der alte Schlüssel passt nicht ins neue Schloss Anna Enns gab trotzdem nicht auf und suchte nach der Eigentümerin. &bdquo;Ich habe jeden Tag gebetet, dass ich sie wiedersehe“, erzählt sie. Und tatsächlich: Im dichten Feierabendverkehr entdeckte sie vom Beifahrersitz aus den orangefarbenen Helm der Radlerin. Anna Enns konnte aber nicht mal eben aus dem Auto herausspringen und die Radlerin anhalten. Margret Gerke radelte also vorbei, ohne zu ahnen, dass ihr altes Fahrrad längst wieder aufgetaucht war. In der Zwischenzeit hatte Gerke auch wieder mehrere Arzttermine in Volmerdingsen. Ihr Fahrrad aber kettete sie woanders an. Um den Tatort machte sie einen großen Bogen. Erst im dritten Anlauf, fast zwei Monate nach dem Diebstahl, trafen sich die Frauen beim Einkaufen auf dem Parkplatz zwischen Lidl und Aldi. Margret Gerke ist überglücklich, als sie davon erzählt. Allerdings hat sie jetzt alle Hände voll damit zu tun, allen Menschen um sie herum zu erklären, wieso das alte Fahrrad plötzlich wieder aufgetaucht ist. Die Geschichte vom Verkauf stimmt jedenfalls nicht, sagt Gerke: &bdquo;Ich habe ja noch den alten Schlüssel - und der passt nicht ins neue Schloss.“

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