Die Generation Alpha

Ausbildungsforum in Bad Oeynhausen: Vom Rhythmus der jungen Generation

Beim neunten Deutschen Ausbildungsforum „Aubi-plus“ im GOP untersuchen Experten, wie die Generation Alpha tickt und was das für ihre zukünftigen Arbeitgeber bedeutet.

Der Jungendforscher Simon Schnetzer forscht seit mehr als zehn Jahren über die Lebenswelt der jungen Generation. Beim Ausbildungsforum im GOP entwickelt er aus den Ergebnissen Vorschläge für Arbeitgeber. | © Elke Niedringhaus-Haasper

20.05.2024 | 20.05.2024, 16:00

Bad Oeynhausen. Wie tickt die Generation Alpha, also die ab 2010 Geborenen? Und wie können sich Arbeitgeber auf die Berufseinsteiger von übermorgen einstellen? Auch wenn Simon Schnetzer viele Details noch nicht vorhersagen kann, steht aber für den renommierten Jugendforscher bereits fest, was es von Seiten der Arbeitgeber braucht, um die jungen Menschen künftig an sich zu binden: Eine Wohlfühlatmosphäre schaffen. Ziele so formulieren, dass sie auch bewältigt werden können. Etappensiege feiern. Und sich auf Augenhöhe begegnen. Simon Schnetzer war einer der Referenten beim neunten Deutschen Ausbildungsforum des Hüllhorster Familienunternehmens „Aubi-plus“ im GOP.

200 Ausbilder und Ausbilderinnen aus ganz Deutschland informierten sich unter dem Motto „Fit für die Generation Alpha?!“ über Herausforderungen und Lösungen in der betrieblichen Ausbildung. Zentrale Themen des Ausbildungsforums, bei dem auch der Sozialwissenschaftler Klaus Hurrelmann und die Ausbildungsexpertin Felicia Ulrich die Alphas und ihre zukünftigen Arbeitgeber unter die Lupe nahmen, waren die Berufs- und Lebensvorstellungen der jungen Generation, ihre psychische Gesundheit und Motivation, die Gestaltung der Ausbildung sowie die Bindung der Nachwuchskräfte an das Unternehmen.

Aber was ist das Besondere an den Alphas, den Nachfolgern der Generation Z? „Sie wachsen in ihren Elternhäusern mit der Erfahrung auf, dass Regeln verhandelbar sind. Und stoßen dann mit dieser Erfahrung auf das Regelkonzept von Ausbildungsbetrieben“, weiß Simon Schnetzer. Und sagt: „Der alte Spruch ´Lehrjahre sind keine Herrenjahre´ und der generelle Respekt vor dem Alter funktionieren nicht mehr“.

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Youtube statt Auswendiglernen

Das Beispiel, das der Jugendforscher gibt, ist von enormer Schlagkraft: Ein Kraftfahrzeugmechaniker muss ein Ersatzteil einbauen. Das ist kniffelig und braucht viel Zeit. Er orientiert sich am Vorgängermodell und legt los. Der Lehrling schaut sich dazu ein passendes Video auf Youtube an. Und erledigt die Aufgabe dann in drei Minuten. „Was macht das mit dem Respekt vor dem Alter und der Lebenserfahrung, mit der die sogenannte Baby-Boomer-Generation aufgewachsen ist?“, fragt Simon Schnetzer. Und sagt: „Die Respektkultur hat sich geändert. Man respektiert jemanden nicht mehr, weil er etwas auswendig gelernt hat. Das Wissen kann sich heute jeder innerhalb von Minuten auf Wikipedia abrufen“.

Mehr als zehn Jahre hat der heute 45-Jährige über die Lebenswelt junger Menschen geforscht. Und dabei auch herausgefunden, dass die Alphas, anders als ihre Vorgängergeneration, viel Zeit mit ihrem Smartphone verbringen. Konkret: Mehr als vier Stunden am Tag. Dadurch sind sie zwar digital fit, aber auch einer enormen Reizüberflutung ausgesetzt. „Die Unbeschwertheit der Jugend geht verloren. Und wir blicken mit Sorgen auf die mentalen Probleme, die das verursacht. Was das Smartphone mit unserer Gesellschaft macht, ist krass“, sagt der Experte für die junge Generation. Und weiter: „Die Kinder von heute haben nicht gelernt, mit Stress umzugehen und viele Eltern fühlen sich überfordert“. Das schlägt sich auch in den statistischen Zahlen nieder: 21,5 Prozent der 14- bis 19-Jährigen haben bereits Depressionserfahrungen gemacht und 10,9 Prozent von ihnen wurden psychologisch behandelt“, weiß der Fachmann.

Als Ursache dafür sieht Schnetzer einerseits die Nachwirkungen der Corona-Zeit, in der die jungen Menschen auf vier Wände reduziert waren, aber auch den Druck, der von sozialen Medien ausgeht: „Etwa dass sich junge Frauen nicht schön fühlen, weil sie sich mit den Bildern vergleichen, die andere gepostet haben“. Welche Konsequenzen hat das für Arbeitgeber? „Sie müssen genauer hinhorchen, wie es den Menschen geht. Sie in die Kraft führen. Und für sie ihre Erfolge spürbar machen“, sagt der Jugendforscher. Und empfiehlt einen Schulterschluss mit der Baby-Boomer-Generation.