"Kein Geld für die Kleinsten": Kritik an der Bezahlung von Pflegeeltern in Bad Oeynhausen

Bad Oeynhausen. Regina Hasler ist frustriert. Seit 20 Jahren ist die Bad Oeynhausenerin als Bereitschaftspflegemutter registriert und musste, so sagt sie, immer wieder feststellen, dass in der Kurstadt immer wieder die Kinder hinten runter fallen. "Für alles ist Geld da - aber nicht für die Kleinsten", bemängelt sie. Das zeige sich auch daran, dass nahezu alle umliegenden Kommunen die Tagespauschalen für Pflegeeltern längst erhöht hätten. Nur Bad Oeynhausen nicht. Das soll aber, so beschloss es jüngst der Jugendhilfeausschuss, zum 1. Januar 2024 nachgeholt werden. Dann gibt es fünf Euro mehr. Regina Hasler hat Zeit ihres Lebens ein Herz für Kinder. Und so wurde sie vor nahezu drei Jahrzehnten Pflegemutter und vor rund 20 Jahren erklärte sie sich bereit, zudem Bereitschaftspflege zu übernehmen. "Die Kinder haben sich ihr Schicksal nicht ausgesucht", sagt sie. "Denen muss doch geholfen werden." Immer mehr Gewalt existiere in den Familien und die werden an den Schwächsten ausgelassen. "Diese kleinen Wesen brauchen eine Stimme - denen darf es nicht so schlecht gehen, wie zuhause", findet Hasler, die derzeit ein Kleinkind und ein Baby in Bereitschaftspflege betreut. "Man wird gern belächelt" 55 Euro zahlt die Stadt Bad Oeynhausen derzeit pro Tag und Kind an Pflegeeltern. In Zeiten, in denen alles massiv teurer geworden sei, zu wenig, findet Regina Hasler. "Andere Kommunen haben die Sätze längst angeglichen und zahlen zum Teil auch deutlich mehr als Bad Oeynhausen." In Haslers Augen ein Unding, dass die Städte im Kreis alle unterschiedlich für die gleichen Leistungen zahlen. "Leistungen für Kinder werden in Oeynhausen gerne weggedrängelt", urteilt sie. Dabei sei für andere Dinge genug Geld da. "Für Märchenfiguren zum Beispiel", winkt sie ab. Weshalb Hasler die Berichterstattung über die Bronzefiguren zum Anlass nahm, auf das Problem der Pflegekinder aufmerksam zu machen. "Ich war auch schon beim Bürgermeister", sagt sie. Habe aber nicht das Gefühl, dass sie mit ihrem Anliegen ernst genommen werde. "Man wird an vielen Stellen belächelt." Dabei gehe es um echte Menschen, die aufgefangen werden müssten. Anders als bei Dauerpflegefamilien werden die Bereitschaftspflegepauschalen nicht durch das Landesministerium festgesetzt. Dies bedeutet, dass die jeweiligen Jugendämter die Bereitschaftspflegepauschalen in eigener Verantwortung festlegen. Ab dem kommenden Jahr sollen die Tagessätze für die Bereitschaftspflege in Bad Oeynhausen angehoben werden: "Derzeit gibt es bis zum 31. Dezember 55 Euro pro Tag, ab dem 1. Januar 2024 werden es 60 Euro pro Tag sein", erklärt Stadtsprecher Volker Müller-Ulrich auf Nachfrage der NW. Neu hinzu käme ab Januar zudem eine Tagespauschale von 15 Euro, wenn die Bereitschaftspflegefamilie nicht belegt ist. Müller-Ulrich: "Pauschalbeträge für Pflegekinder in Dauerpflege werden in Anlehnung an die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge gezahlt." Pauschalen zwei Mal seit 1995 angehoben In Bad Oeynhausen wurden die Pauschalen erstmals am 9. Mai 1995 im Jugendhilfeausschuss beschlossen. Seitdem wurden die Pauschalen zweimal angehoben, zuletzt im August 2017, von 45 Euro auf 55 Euro pro Tag und Kind/Jugendlichen. Vor dem Hintergrund gestiegener Lebenshaltungskosten sollen die Pauschalen nunmehr auf 60 Euro angehoben werden. Derzeit liegt die Bereitschaftspflegepauschale im Kreisgebiet zwischen 55 Euro und 70 Euro pro Tag. "Ich wurde derzeit von Bad Oeynhausen an die Stadt Minden ausgeliehen, die deutlich mehr bezahlen", erklärt Regina Hasler. Wovon sie selbst aber nicht profitiert: "Ich bin ausgeliehen - und werde somit nach Oeynhausener-Satz bezahlt." Das Jugendamt ist verpflichtet, Kinder und Jugendliche auf eigenen Wunsch, in Krisen oder bei Verdacht auf eine Kindeswohlgefährdung in Obhut zu nehmen. In Bad Oeynhausen werden Kinder und Jugendliche in einer der oben genannten Lebenslage unter anderem in einer Bereitschaftspflegefamilie untergebracht. "Was für die Stadt deutlich günstiger als eine professionelle Wohngruppe ist", weiß Hasler. "Das Jugendamt sucht doch händeringend Pflegepersonen - und die müssen einen gewissen Standard in ihrem Haus nachweisen." Dafür brauche es eben auch finanzielle Mittel. Derzeit hat die Stadt Bad Oeynhausen 30 minderjährige und elf volljährige Pflegekinder in Pflegefamilien untergebracht. "Vier Kinder sind aktuell in Bereitschaftspflege", teilt Stadtsprecher Volker Müller-Ulrich mit. Zum Vergleich: 2018 waren 52 minderjährige und sieben volljährige Pflegekinder untergebracht, 2022 waren es 45 minderjährige und sieben volljährige. "Wir haben 20 Pflegefamilien, 12 Verwandtenpflegefamilien und 4 westfälische Pflegefamilien, die durch einen Träger betreut werden."

Meistgelesen