Herforder Nachtschwärmer greift vorm "Brösel" in Bad Oeynhausen Polizisten an und muss in Haft

Herford/Bad Oeynhausen. Kurz vorm Richterspruch steigen dem Angeklagten die Tränen in die Augen, er heult Rotz und Wasser. Seine Verteidigerin reicht ihm ein Taschentuch. Auf sein letztes Wort im Strafprozess verzichtet der 38-jährige Familienvater aus Herford. Da ahnt er schon, was kommt: die Quittung für seine Randale auf der Innenstadtfete Bad Oeynhausen. Laut Anklage der Staatsanwaltschaft hat sich der angeklagte Herforder nach der Innenstadtfete in Bad Oeynhausen morgens um 2 Uhr auf der Klosterstraße vor der Gaststätte "Brösel" mit einer Polizeistreife angelegt, einen Platzverweis ignoriert, im Streifenwagen und in der Zelle randaliert und versucht, Beamte zu verletzen. Der Richter sieht darin nicht nur "Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte", sondern den strafrechtlich schwerwiegenderen Vorwurf, einen "tätlichen Angriff auf Beamte". Darauf steht eine Mindeststrafe von drei Monaten Gefängnis. Das Urteil im Fortsetzungstermin vorm Amtsgericht Bad Oeynhausen lautet dann auch: ein Jahr Haft. Und zwar ohne Bewährung. Der Angeklagte hat zwar zugegeben, dass die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft Bielefeld zutreffen. Er hat aber bereits eine ganze Latte von Vorstrafen, hat sich in der Vergangenheit öfters mit der Polizei angelegt und verbüßt eine laufende Bewährungsstrafe wegen eines Diebstahls. An die Randale kann sich der Angeklagte wegen seiner 1,71 Promille Alkohol im Blut angeblich nicht in allen Einzelheiten erinnern. Der Angeklagte hat selbst erhebliche Schrammen vom Polizeieinsatz davon getragen. Seine Verteidigerin legt Fotos von einem Veilchen, Prellungen und Abschürfungen am Hinterkopf und an den Handgelenken vor. Polizist: "Ich hatte Muskelkater" Der 51-jährige Polizist, dem der betrunkene Nachtschwärmer zuerst vorm "Brösel" begegnete, fehlte beim ersten Prozesstermin entschuldigt. Staatsanwältin und Richter wollten ihn aber unbedingt hören, weshalb das Gericht zwei Tage vor Heiligabend zum zweiten Prozesstermin zusammenkommt. Der Beamte schildert anschaulich, was er an diesem Tag erleben musste. Offenbar wurde er mit einem Kollegen auf der Klosterstraße auf lautes Geschrei und einen Streit zwischen zwei Männern aufmerksam. Der Angeklagte rangelte mit einem anderen Mann und ließ sich nur schwer von den Polizisten dabei stören. Den Platzverweis nahm der Herforder nicht Ernst. "Er sagte: Ja, ja, aber ich gehe noch ein Bier im Brösel trinken", so der Polizist. Die Beamten verstellten ihm jedoch zu zweit den Weg, worauf der Angeklagte in Boxerstellung ging. "Wir haben ihn dann in Bauchlage gebracht", sagt der Polizist, "und ihn mehr oder weniger abgelegt". Doch schon gegen den Versuch, die Hände zu fixieren wehrte sich der Angeklagte heftig. Und das setzte sich im Streifenwagen bis hin zur Gewahrsamszelle in Minden fort. Der Angeklagte versuchte noch auf der Fahrt, den 51-jährigen Polizisten zu beißen und der wehrte sich, in dem er ihn mit der Hand ins Gesicht schlug. Die Staatsanwältin will von dem Beamten wissen, ob er Schmerzen erlitten habe, doch der schüttelt den Kopf: "Ich hatte Muskelkater." Der Richter verurteilt den Angeklagten und Vater zweier Grundschulkinder schließlich wie von der Staatsanwältin gefordert zu einem Jahr Haft. Der Ablauf der Tat sei im Grunde unstrittig. Die Beleidigungen, mit denen der Angeklagte die Polizisten fortwährend schmähte, seien aber nicht Teil der Anklage und deshalb auch nicht Teil des Urteils. "Das war im Grunde alles völlig ohne Sinn", sagt der Richter zum Angeklagten: "Spätestens im Streifenwagen hätten Sie ihre Situation erfassen können." Ursache für die Randale sei unzweifelhaft der Alkohol. Mit Blick auf die Vorstrafen des Angeklagten und zwei verpasste Bewährungschancen verzichtet der Richter darauf, die Haftstrafe erneut zur Bewährung auszusetzen. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig.

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