So wächst der neue Wald im Wiehengebirge in Bad Oeynhausen heran

Bad Oeynhausen. Die lieben Kleinen haben sich erfolgreich durch Brombeergestrüpp, Farne und trockenes Astwerk gekämpft. Schon anderthalb Meter hoch ragen die jungen Ebereschen-Sprößlinge auf der ehemals von Fichten bestandenen Brachfläche auf dem Kamm des Wiehengebirges nördlich von Bergkirchen. Doch Markus Uhr winkt ab. "Ne, die haben wir nicht gepflanzt", sagt der Förster. Und die Birken daneben freilich auch nicht - Birken sind schließlich Pioniergehölze, die bei der Besiedelung von Freiflächen immer vorneweg dabei sind. Aber die jungen Bergahornpflänzchen? Uhr schüttelt mit dem Kopf. Auch Lärchen, Eichen, Ilex und Fichten sind hier ganz von allein gekeimt und gewachsen. Ein Paradebeispiel für die Kraft der Natur, sich selbst - und in diesem Fall den Wald - zu verjüngen. Eine Kraft, auf die sich der Förster trotzdem nicht allein verlassen will. Doch auch der Förster ist beeindruckt von der Vielfalt, die sich auf der rund zwei Hektar großen Fläche angesiedelt hat, auf der bis vor drei Jahren noch Fichten standen. Dann kamen Stürme, Hitze, Trockenheit und Borkenkäfer. Die Fichten starben, vor zwei Jahren wurde das Areal abgeräumt. Zumindest grob. Die Stämme wurden abgefahren, das Kleinholz blieb liegen. "Die Fläche ist nicht geputzt", sagt Uhr. Was auch seine Vorteile hat. So ist der Boden bedeckt und trocknet nicht so rasch aus. Und die jungen Bäume, die sich hier selbst aussäten, haben es ja trotzdem geschafft. Hier wächst ein rundes Dutzend Baumarten heran Trotz der sieben Arten, die hier ohne Zutun der Menschen sprießen, haben Uhr und seine Pflanzhelfer hier auch noch gezielt Jungpflanzen gesetzt. "Wenn wir hier nur auf die Naturverjüngung setzen, laufen wir Gefahr, dass auf großen Flächen Wälder entstehen, mit denen wir in 20 oder 30 Jahren ähnliche Probleme bekommen, wie wir sie heute haben", sagt Uhr. Wenn man aber andere Baumarten haben wolle, die noch nicht in der Nachbarschaft wachsen, dann müsse man die gezielt anpflanzen. Vogelkirsche und Esskastanie, Spitzahorn, Weißtanne und Douglasie hat der Förster auf die Fläche gesetzt. Damit wächst hier nun ein rundes Dutzend Baumarten heran. Fast ein bisschen zu viel für die kleine Fläche, überlegt Uhr. Meint dann aber doch: "So wie diese Fläche aussieht, könnte ich mir den Wald der Zukunft schon vorstellen." Mischung, Mischung, Mischung lautet schon seit Jahren das Mantra des Försters. Ideal ist für ihn eine Mischung aus den bewährten Baumarten und neuen, die mit dem Klima gut zurechtkommen, mit dem wir in Zukunft wohl zu rechnen haben. Wobei sich einige Arten stärker behaupten werden als andere. Aber keine Art solle zu dominant werden, sagt Uhr. Monokulturen, wie sie gerade in den Fichtenbeständen üblich waren, sollen nicht wieder entstehen. Etwa 30.000 Jungpflanzen hat Uhr in den vergangenen Jahren in seinem Revier gesetzt, viele davon mit Unterstützung von Sponsoren und Pflanzhelfern. Uhr selbst ist in dem Revier allerdings nur noch für die hoheitlichen Aufgaben des Forstamtes zuständig. Forstliche Arbeiten - wozu auch das Aufforsten gehört - sind nach einer Gesetzesänderung von den Waldeigentümern selbst zu vergeben. Das Laub fällt wie sonst Mitte Oktober Die Hitze und Dürre dieses Sommers haben den Jungpflanzen auf dem Wiehengebirgskamm bei Bad Oeynhausen übrigens überraschend wenig ausgemacht. "Klar wären die jungen Bäume besser gewachsen, wenn es mehr geregnet hätte", erklärt Uhr. Aber schlecht geht es dem Nachwuchs im Wald nicht. Was auch an den guten Bodenverhältnissen auf dem Wiehenkamm liegt. "Es gibt andere Bereiche, in denen die Probleme größer sind", weiß Uhr. Den erwachsenen Waldbäumen kann der Förster den Stress des trockenen Sommers 2022 deutlicher ansehen. "Man erkennt das an den vielen vergilbten oder schon braunen Blättern. Das Laub fällt wie sonst Mitte Oktober", sagt Uhr. Besonders ins Auge fällt das am Südhang des Wiehengebirges, zwischen Dehme und dem Porta-Denkmal. "Die Katastrophe ist noch nicht vorbei" Gerade hier sei auch das vermehrte Absterben von Buchen zu sehen, der vorherrschenden Art in diesem Teil des Waldes. "Bislang ist bei den Buchen kein großflächiges Absterben zu beobachten, sondern eher bei einzelnen Bäumen, vor allem den älteren Exemplaren", berichtet Uhr. Die jüngeren Bäume können sich offenbar noch leichter auf die sich verändernden Lebensbedingungen einstellen. "Betroffen sind aber im Grunde alle Baumarten", sagt Uhr. Wie die Bäume die Trockenheit des Sommers 2022 wirklich wegstecken, das werde man erst im nächsten Jahr deutlicher sehen, sagt Uhr. Der Förster ist überzeugt: "Die Katastrophe ist noch nicht vorbei."

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