Mutter und Sohn verprügeln Schwangere mit Gehstock und Baseballschläger

Bad Oeynhausen. Das Wohnen in einem Mietshaus auf engstem Raum kommt selten ohne Reibereien mit den Nachbarn aus. Hinter den Türen dieses "ehrenwerten Hauses", gibt es manche Abgründe. Das hat schon der Liedermacher Udo Jürgens beschrieben. Das trifft auch auf ein Mietshaus der Städtischen Gemeinnützigen Heimstättengesellschaft in Bad Oeynhausen zu. Dort ist ein Konflikt zwischen zwei Familien offenbar in blanke Gewalt umgeschlagen. Eine 77-jährige Rentnerin und der bei ihr wohnende 39-jährige Sohn sollen laut Anklage der Staatsanwaltschaft Bielefeld mit Gehstock und Baseballschläger auf eine schwangere Frau eingeprügelt haben, weil sie im Flur Geräusche gemacht hat. Mutter und Sohn müssen sich deshalb wegen gemeinschaftlicher, gefährlicher Körperverletzung vorm Amtsgericht Bad Oeynhausen verantworten. Die Angeklagten verteidigen sich selbst und bestreiten vehement, auf die Schwangere eingeschlagen zu haben. "Wir haben nichts getan", sagt die 77-Jährige, "das schwöre ich auch unter Eid!" Dann verlangt sie nach einer Pause, ihr Herz sei zu schwach. "Nicht, dass sie wieder einen Herzkasper kriegt", sagt der Sohn. Der Richter gewährt die Pause und befragt derweil den Sohn, der ebenfalls alles bestreitet. "Diese Familie war immer sehr laut" Mit den Nachbarn habe es immer wieder Stress gegeben, behauptet er. An diesem Samstag habe er ausschlafen wollen, es sei schließlich Wochenende gewesen. Durch den Krach im Flur sei er aufgewacht. "Diese Familie war immer sehr laut!" Deshalb habe er die Tür aufgerissen und Ruhe gefordert. Doch in diesem Moment habe die Familie der Schwangeren auf ihn eingeschlagen. Die überraschend schnell erholte Rentnerin ruft in diesem Moment dazwischen: "Ich dachte, die schlagen meinen Sohn tot!" Und der Sohn erzählt dann weiter: Bei dem Angriff sei er mit dem Kopf gegen die Tür geschlagen worden. Dabei seien ihm Haare ausgerissen worden. Der Baseballschläger habe zwar innen an der Wohnungstür bereitgestanden. Er habe damit "aber noch nie jemanden geschlagen". Den Schläger brauchte er beruflich bloß als "Meinungsverstärker", erklärte er und mit Blick auf die Nachbarin: "Ich wusste nicht mal, dass sie schwanger ist." Die Nachbarin der beiden Angeklagten schilderte das ganz anders dar. Die damals im siebten Monate schwangere, 32-jährige Frau erzählt, dass sie an diesem Samstag, 26. März, mithilfe ihrer Geschwister aus der Wohnung im oberen Stockwerk ausgezogen sei. Die Brüder schleppten die schweren Kisten durchs Treppenhaus zum Lieferwagen, die beiden Schwestern die leichten Sachen. Doch als die werdende Mutter um 11.50 Uhr mit zwei Tüten an der Wohnungstür ihrer Nachbarn im Erdgeschoss vorbeiging, schlug die Tür auf und ihr 39-jähriger Nachbar schnauzte sie an, sie solle endlich Ruhe geben. Vor Schreck ließ die Schwangere ihre Sachen fallen. "Spinnst Du?", rief sie zurück. In diesem Moment fing der Nachbar offenbar an zu schlagen. Sie sei vornüber auf die Knie gefallen, um ihr Kind zu schützen. Sei sei an den Haaren in die Wohnung ihrer Nachbarn gezerrt worden und habe dabei mehrere Schläge auf die Schultern bekommen, aber nur Prellungen und Blutergüsse erlitten. "Ich bin schwanger!", rief sie und: "Hilfe, Hilfe!" Ein unbeteiligter Zeuge schaut durch Türspion Die Rufe hörten ihre Geschwister. Die Brüder eilten von der Straße zurück ins Haus und warfen sich ins Getümmel, die Schwester eilte aus dem Obergeschoss herbei und zerrte ihre Schwester an den Füßen zurück auf den Flur. Die Geschwister schilderten aus unterschiedlichen Perspektiven, wie der 39-jährige Nachbar mit einem Baseballschläger auf die Schwangere einschlug und wie dessen Mutter aus dem Hintergrund mit dem falsch herum gehaltenen Gehstock nachlegte. Ein unbeteiligter Nachbar aus der Wohnung gegenüber beobachtete den Gewaltausbruch durch seinen Türspion. Einer Polizistin berichtete er dann noch am gleichen Tag, wie das Mutter-Sohn-Gespann mit Baseballschläger und Gehstock auf die Nachbarin einschlug. Vor Gericht zeigt sich allerdings, dass der Mann kaum Deutsch spricht. Richter und Staatsanwalt haben Mühe, ihn zu verstehen. An diesem Samstag übersetzte eine Tochter des Zeugen für die Polizeibeamtin. Die Mietshaus-Prügelei löste einen Großeinsatz aus. Die Polizisten hatten alle Hände voll zu tun, den Tumult im Treppenhaus aufzulösen und die Beteiligten auseinander zu halten. So schilderte es die Beamtin dem Gericht. Sie hatte den Eindruck, dass beide Angeklagten alkoholisiert waren. Das stimmt jedoch nicht. Laut Laborbericht hatte der 39-jährige Angeklagte 0,98 Promille Alkohol im Blut, seine Mutter war nüchtern. "Offensichtlich viel zu kurze Lunte" Die Darstellung des Angeklagten macht den Staatsanwalt fassungslos. "Mir fehlt jedes Verständnis dafür, dass Sie sich Samstagmittag in ihrem Schlaf gestört fühlten", sagt er zum Angeklagten. Ein Umzug gehe nicht geräuschlos vonstatten. Der Angeklagte habe "offensichtlich eine viel zu kurze Lunte". Der Ankläger fordert zwölf Monate Haft für den Sohn und zehn Monate Haft für die Mutter. Die Strafen sollten zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Angeklagten stellen dagegen keine Anträge. Die Mutter erklärt: "Ich würde die Familie niemals anfassen, nicht mit dem Krückstock und nicht mit der Zange!" Der Richter verurteilt Mutter und Sohn, wie vom Staatsanwalt gefordert, zu Bewährungsstrafen: für den Sohn elf Monate Freiheitsstrafe, für die Mutter zehn. Obendrein muss der Sohn 2.000 Euro und seine Mutter 1.000 Euro an gemeinnützige Einrichtungen zahlen. "Die Schwangere hatte keine Chance", sagt der Richter: "Das war ein feiger Übergriff." Glücklicherweise habe weder die Schwangere noch ihr ungeborenes Kind schwerere Verletzungen davon getragen. Nur weil beide Angeklagten keine Vorstrafen hatten, setzte er beide Strafen drei Jahre zur Bewährung aus. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Angeklagten haben eine Woche Zeit, Widerspruch einzulegen.

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