Corona-Spaziergänger aus Bad Oeynhausen verurteilt

Bad Oeynhausen. Der Mann mit der Lampe an der Spitze der Corona-Spaziergänger hat nach Überzeugung des Amtsgerichts Bad Oeynhausen wiederholt unangemeldete Demonstrationen durch den Kurpark angeführt. Nach drei Prozessterminen, in denen zahlreiche Polizeibeamte als Zeuge aussagten, verurteilte der Strafrichter den 40-jährigen Angeklagten deshalb zu einer Geldstrafe. Der zeigte sich überrascht, dass der Prozess noch am Donnerstag zu Ende ging. Er habe kein Plädoyer vorbereitet, erklärte er, hielt dann aber doch einen Schlussvortrag aus dem Stegreif und forderte seinen Freispruch. Bei dem Angeklagten handelt es sich um eine 40 Jahre alten, arbeitslosen Koch aus Bad Oeynhausen, der zuletzt als Hochzeitsfotograf gearbeitet hat. Nach eigener Auskunft hat er seine berufliche Zukunft durch die Coronapolitik in Gefahr gesehen. Auf Nachfragen des Staatsanwalts schränkt er ein, dass er sich bereits Ende 2019 beruflich neu orientiert habe, also vor Beginn der Coronakrise. Derzeit lebt er von Hartz IV. In dem Prozess haben zahlreiche Polizisten dargestellt, welchen Eindruck die Corona-Spaziergänger bei ihren sogenannten Lichterspaziergängen machten. Die Treffen im Winter vor der Auferstehungskirche am Kurpark liefen demnach nach immer gleichem Muster ab. Die Polizisten stellte eine nicht angemeldete Versammlung fest und wollten den Leiter sprechen, fanden aber niemanden, der die Verantwortung tragen wollte. Trotzdem begleiteten die Polizisten die getarnte Demonstration, um die Teilnehmer im Straßenverkehr oder gegen Anfeindungen zu schützen. Anschließend schrieben sie Strafanzeigen gegen unbekannt. Mit der Petroleumlampe vorneweg Bei fünf Demonstrationen aber fiel den Polizisten auf, dass ein Teilnehmer der Lichterspaziergänge eine führende Rolle innehatte. Der 40-jährige Mann sprach die Beamten auf eigene Initiative an, mischte sich ein, als das Ordnungsamt Maskenkontrollen durchführte, trug selbst eine große Lampe, spazierte vorneweg und gab der Gruppe die Richtung vor. Das schilderten mehrere Polizisten aus unterschiedlichen Perspektiven und auf unterschiedliche Art und Weise dem Gericht. Eine Polizistin erklärte, sie habe gehört, wie der Angeklagte "Kommandos gegeben" habe. Was er sagte, konnte sie jedoch nicht mehr erinnern. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Bielefeld ist damit "hinreichend deutlich, dass der Angeklagte der einzige mit leitender Funktion war". So fasste es der Staatsanwalt in seinem Schlussvortrag zusammen. Wichtigster Beleg war demnach die Lampe. Dabei soll es sich - wie der Angeklagte selbst erklärte - um eine große Petroleumlampe gehandelt haben. Der Staatsanwalt sprach zum Schluss über den Angeklagten nicht mehr von einem "Rädelsführer", wie er es noch zum Anfang des Prozesses getan hatte. Allerdings machte der Ankläger dem Angeklagten klar, dass dieser das demokratische Mittel der Demonstration entweder verwechselt oder missbraucht habe. Auf demokratische Weise könne jeder, der mit der Coronapolitik nicht einverstanden ist, darunter leidet oder seine berufliche Existenz gefährdet sieht, seinem Unmut durch eine Demonstration Ausdruck verleihen. "Aber so nicht", sagte der Staatsanwalt. Der Angeklagte sei dafür zur Rechenschaft zu ziehen. Das Gericht kennt die Aufrufe auf Telegram Der Angeklagte, der sich selbst verteidigte, behauptete dagegen, es sei gar nicht erwiesen, dass die Treffen im Kurpark und die Lichterspaziergänge "wirklich Versammlungen" gewesen seien. "Das müsste erst mal geklärt werden." Die vielen Polizisten, die als Zeugen aussagten, hätten keinen Nachweis dafür erbracht, dass er die Spaziergänge begonnen, dazu aufgerufen oder Ansprachen gehalten habe. Es habe auch keine politischen Meinungsäußerungen gegeben. Mit "den Werbeanzeigen im Internet" - der Richter hatte ihm einen Papierausdruck vom Aufruf zum Coronaspaziergang in Bad Oeynhausen auf dem Messengerdienst Telegram vorgehalten - habe er nichts zu tun. Das sah der Richter anders und verurteilte den 40-jährigen Bad Oeynhausener, wie vom Staatsanwalt gefordert, zu einer Geldstrafe 150 Tagessätzen zu 15 Euro (2.250 Euro). In seiner Begründung verwies der Richter auf einschlägige Verwaltungsgerichtsurteile, die Lichterspaziergänge als unangemeldete Demonstrationen eingestuft hätten. Er habe keine Zweifel, dass der Angeklagte in den fünf angeklagten Fällen eine führende Rolle innehatte: "Sie waren faktischer Versammlungsleiter." Ziel der "als Spaziergänge getarnten" Versammlungen sei es gewesen, Auflagen der Maskenpflicht zu verhindern, führte der Richter aus. Polizei und Ordnungsamt seien schlichtweg ignoriert worden. Dem Angeklagten hielt er zugute, dass die Versammlungen friedlich verliefen und es nur zu kleineren Diskussionen über die Maskenpflicht gekommen sei. Dennoch habe der Angeklagte fünf Straftaten begangen und das, obwohl die Polizei ihn immer wieder darauf hingewiesen habe: "Es ging ihnen nur um Provokation und Aufmerksamkeit." Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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