Sexuelle Belästigung: Kellner begrapscht 17-Jährige

Bad Oeynhausen. Hinter den Kulissen der Gastronomie herrschen eine klare Hierarchie und bisweilen auch ein rauer Ton. Zwischen Küche und Tresen geht's oft hektisch zu, die Branche lebt davon, anderen Menschen den Tag so angenehm wie möglich zu machen. Das ist aber nicht immer angenehm für die Beschäftigten. Besonders unangenehm aber wird es, wenn Vorgesetzte ihre Macht missbrauchen. Der Oberkellner eines angesehenen Restaurants in Bad Oeynhausen hat offenbar drei junge Frauen, die als Aushilfen arbeiteten, sexuell belästigt. Das Amtsgericht hat den Mann verurteilt, der Richter gibt ihm deutliche Worte auf den Weg. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld hat den Mann Ende Juli angeklagt. Beim zweiten Prozesstermin am Dienstag werden weitere Zeugen vernommen. Zwei weitere Frauen schildern ihre Erlebnisse mit dem Mann. Es geht um insgesamt drei Vorfälle aus dem Jahr 2019, vor der Coronakrise. Der Kellner soll durch anzügliche Bemerkungen, Grapschereien und Übergriffe während der Arbeitszeit im Restaurant die drei Frauen sexuell bedrängt und belästigt haben. Einer Frau leckte er bei einer Begegnung im Wäschekeller über den Hals, eine andere wollte er am "Tag der offenen Tür" mit Tausenden Gästen an Erdbeeren lutschen lassen. Als die Frauen sich bei Vorgesetzten beschwerten, wurde der Kellner schriftlich abgemahnt. Anlass für die Kündigung war dann offenbar der Griff ans Gesäß einer erst 17-jährigen Aushilfe, die wenig später kündigte. Der Angeklagte widersprach den Vorwürfen nur halbherzig und vermutete eine Intrige seiner Vorgesetzten gegen ihn. Er wisse auch nicht mehr, wo genau seine Hände gewesen seien. Das Lecken am Hals der jungen Frau stritt er rundheraus ab. Als der Staatsanwalt beim ersten Termin die Anklage verlas, lachte er noch. Als der Richter die Zeuginnen anhörte, klingelte wiederholt sein Telefon. Der Klingelton klang wie "Thunderstruck" von der Metallband "AC/DC". Beim zweiten Prozesstermin war der Angeklagte dagegen auffallend schweigsam. Goldene Brücke des Staatsanwalts abgelehnt Der Staatsanwalt versuchte, dem Angeklagten zunächst "eine goldene Brücke" zu bauen, wie er sich ausdrückte: Er stellte ihm einen Bonus in Aussicht, sollte dieser den Frauen eine Aussage vor Gericht ersparen und ein glaubwürdiges Geständnis ablegen. Doch dazu konnte sich der Kellner nicht durchringen. Stattdessen lavierte er herum und erklärte, wenn er den Frauen zu nahe getreten sei, täte ihm das leid. Das reichte aber weder dem Staatsanwalt noch dem Richter. Die Frauen erzählten dem Richter, wie der Angeklagte sie belästigte und wann er wohin fasste. Die damals 17-jährige Aushilfe berichtete davon, dass sie von dem Kellner im Restaurant zu Getränkekisten an der Theke geschickt wurde, damit sie sich vor seinen Augen bückte. Dabei habe er ihr aufs Gesäß geschlagen und so getan, als würde er ein Eis am Stiel lecken. Eine andere Aushilfe, die damals 18 Jahre alt war, erzählt von einem Fototermin bei einem Tag der offenen Tür, als der Angeklagte mit ihr und einer zweiten Aushilfe für ein Foto posierte. Zum Fotografen sagte er dabei demnach: "Beeil dich, sonst bekomme ich eine Latte." Nach Ansicht des Staatsanwalts war der Angeklagte durch die Aussagen der drei Frauen und seiner ehemaligen Vorgesetzten überführt und widerlegt. Einer jungen Frau ans Gesäß zu fassen, sei in seinen Augen offenbar normal. "Die Gesellschaft hat dafür aber einen Straftatbestand festgesetzt." Untergebenen Mitarbeitern sei so nicht zu begegnen: "Das ist völlig aus der Zeit gefallen." Das sah auch der Richter so und verurteilte den Kellner wie vom Staatsanwalt gefordert zu 150 Tagessätzen zu 70 Euro (10.500 Euro). Die junge Frau im Wäschekeller sei dem Oberkellner förmlich ausgeliefert gewesen, argumentierte der Richter: "Sie waren Mitte 50, die Frauen jünger als 20 Jahre." Der Kellner habe seine Stellung ausgenutzt und trotzt Abmahnungen, wiederholt Frauen belästigt. Anlass zu Zweifeln hatte der Richter nicht: "Das Lecken war einfach ekelhaft." Der Angeklagte kündigte noch im Gerichtssaal Rechtsmittel gegen das Urteil an.

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