Der Werre-Park will ein "dritter Ort" sein

Bad Oeynhausen. Das großzügige Wasserspiel am Haupteingang ist aus, die Fläche ist trocken. Der Stillstand draußen vorm Werre-Park ist ein äußeres Zeichen der Wasser- und Energiekrise - und ein krasser Gegensatz zum Gewusel drinnen. Die Menschen kommen und kaufen in Bad Oeynhausens einzigem Shoppingcenter. Trotz Corona, Geldentwertung, Online-Konkurrenz, Radschnellwegplanung, absehbarem Gasmangel, fehlendem Trinkwasser oder Lieferkettenschwierigkeiten. Die Geschäfte laufen. Center-Manager Torben Schultz erklärt bei der Sommerreise der Industrie- und Handelskammer (IHK), warum das so ist. Der 30-jährige Center-Manager ist vor drei Jahren aus Hamburg in die Region gekommen. "Ich kenne eigentlich nur Krise", sagt Schultz. Bürgermeister Lars Bökenkröger sitzt ihm gegenüber und stimmt zu: "Ich auch." Bökenkröger ist seit November 2020 Bürgermeister der Kurstadt. Der 49-jährige CDU-Politiker ist mit der Coronakrise ins Amt gekommen. In den letzten Jahren haben die beiden bereits häufiger miteinander gesprochen - und Lösungen trotz krisenhafter Probleme gefunden. Und genau das ist das Thema der IHK-Sommerreise und der Delegation um Karl-Ernst Hunting, IHK-Zweigstellenleiter in Minden: Lösungen. Kritik an Abschaffung kostenloser Bürgetests Torben Schultz hat da einiges zu bieten. Während der Coronakrise zum Beispiel blieben auch im Werre-Park zahlreiche Läden geschlossen. Einzelne Geschäfte durften allerdings öffnen, weil sie "systemrelevant" waren. Torben Schultz berichtet davon, wie er immer wieder freitags nach 18 Uhr auf die aktuelle Coronaschutzverordnung des Landes NRW gewartet hat, die dann drei Tage später, am Montag bereits in Kraft treten sollte. Innerhalb kürzester Zeit hat sich der Center-Manager in den Paragraphen-Dschungel eingelesen, versucht zu verstehen und die Unterschiede zur vorherigen Verordnung zu erfassen. Und dann hat er angefangen den Inhalt für seine Kunden zu übersetzen. "Wir haben es immer hingekriegt", sagt Schultz. Sollte es jedoch einen erneuten Lockdown im Herbst geben, macht der Center-Manager auch deutlich: "Das würden viele Betriebe nicht überleben." Mit Blick auf das aktuelle Infektionsgeschehen hält es Schultz deshalb auch für einen Fehler, die kostenlosen Bürgertests abzuschaffen. Schultz: "Das eigentliche Problem ist der Pflegekräftemangel und die komplette Überlastung der Menschen, die in der Pflege arbeiten." Die steigenden Energiepreise zwingen auch den Werre-Park dazu, sparsam mit Strom und Gas umzugehen. Anders als während der Coronakrise sind einzelne Ladengeschäfte im Shoppingcenter jedoch diesmal nicht "systemrelevant", um bei einem Gasmangel weiter mit Gas beliefert zu werden. "Auch wir heizen mit Gas", sagt Schultz. Wie viel das ist, verrät er nicht. Aber klar ist: Wenn kein Gas mehr ankommt, muss der Werre-Park schließen. Zumindest in der kalten Jahreszeit. Beim Strom spart der Center-Manager schon seit mehreren Jahren Energie über Dämmerungsschalter, Bewegungsmelder und LED statt Hallogen. "Früher hieß unser Leitsatz 'hell, sicher, sauber'", sagt Schultz: "Jetzt haben wir das "Hell" erstmal gestrichen." Die Architektur des Shoppingcenters sei ein "Bau alter Schule", so Schultz: "Wir haben eine bahnhofsähnliche Ladenstraße." Der Werre-Park sei deshalb rundum barrierefrei. Das habe in Zeiten der Coronakrise mit Abstands- und Hygieneregeln große Vorteile. Angesichts steigender Energiepreise jedoch auch Nachteile. Die Lösung soll eine Photovoltaikanlage auf dem Dach sein, kündigt Schultz an. Die Planungen laufen. Sonnenenergie ist auch Teil der Lösung für ein anderes Problem, mit dem sich der Werre-Park konfrontiert sieht: die Verkehrswende. Direkt vor dem Werre-Park soll der Radschnellweg RS3 gebaut werden. Die zweispurige Straße ist schon jetzt in einem Verkehrsversuch einspurig, dabei kommen die meisten Kunden mit dem Auto zum Werre-Park. 2.300 Parkplätze stehen täglich rund 11.548 Besuchern zur Verfügung. "Wir sind ein Autofahrer-Standort", sagt Schultz. Die Erreichbarkeit mit dem Auto ist eines der größten Pluspunkte des Werre-Parks. Eckhard Rüter, Mitglied der IHK-Vollversammlung, stimmt dieser Überlegung zu und sagt: "Das Lastenrad hilft uns im Mühlenkreis nicht an jeder Stelle weiter." Riesige Ladestation für Elektrofahrzeuge Die einspurige Straße vor der Tür sieht Schultz aber nicht als Problem. Sein Blick geht auf den Parkplatz, wo derzeit lauter Verbrennungsmoteren herumstehen und künftig viel mehr Elektrofahrzeuge stehen könnten. Seine Lösung: 20 Ladeplätze für Elektrofahrzeuge. "Wir sind damit derzeit eine der größten Ladestationen der Region." Der Zukunft des Werre-Parks sieht Schultz auch angesichts der stärkeren Online-Konkurrenz gelassen entgegen. Der Werre-Park gehört über die Hamburger ECE der Familie Otto, der mit der Hermes-Gruppe auch einer der größten Logistikdienstleister mit Online-Erfahrung gehört. "Wir können Angebote machen zur besseren Verzahnung von stationärem und Online-Handel", sagt Schultz: "Bei der Besucherzahl sind wir aber im Vergleich weiter ganz gut unterwegs." Vielleicht liegt einer der Gründe dafür auch in der Mischung des Angebots von Shopping und Event. Schultz spricht vom "Marktplatz- und Begegnungscharakter" des Werre-Parks, verweist auf Casino, Kino und Gastronomie und verwendet für seine Vision der Zukunft einen Begriff aus der Soziologie, den "dritten Ort", als einem Platz zwischen Familie und Beruf, an dem man sich gerne trifft.

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