Ehemaliges Hotel in Bad Oeynhausen wird zur Herberge für Lkw-Fahrer

Bad Oeynhausen. Das ehemalige Hotel und Restaurant Hahnenkamp wird zur Herberge für osteuropäische Lkw-Fahrer und zum Hauptsitz einer Firma für Logistikdienstleistungen. Seit ein paar Wochen sind Arbeiter damit beschäftigt, weitere Stellplätze für Autos rings ums Gebäude zu schaffen. Zahlreiche Fahrzeuge mit lettischen und litauischen Kennzeichen parken bereits am Hotel und drinnen herrscht erstmals seit vielen Jahren wieder reger Betrieb. In den nächsten Wochen soll eine zusätzliche Außentreppe ans Haus angebaut werden. Das ist eine Auflage des Brandschutzes. Neuer Besitzer der Immobilie ist der Unternehmer Ovkhan Takanaev. Im Telefongespräch mit der NW kündigt er an, den Hauptsitz seiner Firmen unter das Dach der "Oval Group" nach Bad Oeynhausen verlegen zu wollen. Die Oval-Gruppe befinde sich derzeit noch in Gründung. Takanaev will vier Einzelfirmen für Spedition, Personal, Dienstleistungen und Immobilien unter dem Dach der Gruppe vereinen. Derzeit sind 16 interne Beschäftigte und rund 40 Leiharbeiter unter Vertrag. Diese Zahlen nennt der zweite Geschäftsführer Ralf Bunzel. Er ist seit Januar in der Oval-Gruppe und hat sein Büro im ehemaligen Hotel bezogen, in dem insgesamt neun Büros eingerichtet wurden. Bunzel kommt vom Personaldienstleister Piening, hat zwölfeinhalb Jahre für die Zeitarbeitsbranche gearbeitet und ist zum Jahresanfang zur Oval-Gruppe nach Dehme gewechselt. Vor ein paar Tagen hat er zum Gespräch in den neuen Hauptsitz der Firmengruppe eingeladen. Oval-Gruppe will wachsen Bunzel führt durchs Erdgeschoss. Sein Büro befindet sich auf der Rückseite des Gebäudes, vorbei an der ehemaligen Hotelbar und Rezeption im großen Speise- und Festsaal. Arbeiter haben in den vergangenen Wochen den Saal mit Trockenbau-Wänden in kleinere Büros unterteilt. Nur das Parkett auf dem Fußboden ist geblieben. Für die Oval-Gruppe ist der Hotelkauf Teil eines größer angelegten Plans. "Das ist nicht das erste und auch nicht das letzte Hotel", sagt Bunzel. Die Firma will wachsen und die Chancen dafür stehen seiner Einschätzung nach gut. Die Logistikbranche sucht händeringend Personal. In Deutschland ist der Arbeitsmarkt aber so gut wie leer gefegt. Viele Arbeitnehmer, so Bunzel, seien zudem noch in Kurzarbeit. Unternehmer mit hervorragenden Kontakten nach Osteuropa hätten dagegen gute Chancen, zuverlässige Arbeitskräfte zeitweise nach Deutschland zu holen. Genau das macht die Oval-Gruppe. "Das Konzept ist zukunftsweisend", sagt Bunzel. Oval sucht über soziale Medien mit Stellenanzeigen und Kontaktanfragen nach Mitarbeitern. Die Angebote nehmen vor allem jüngere Männer an, die für eine begrenzte Zeit gutes Geld verdienen wollen, erklärt Bunzel. Die Oval-Gruppe zahlt nach deutschem Tarifrecht. Es gilt ein Vertrag zwischen dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und Arbeitgeberverbänden der Leiharbeitsbranche. Laut Entgelttabelle des DGB bekommen Leiharbeiter in der untersten Lohngruppe derzeit 10,45 Euro Stundenlohn. Das bedeutet Einkommen über dem deutschen Mindestlohn von derzeit 9,82 Euro pro Stunde. Für viele Litauer und Letten ist das sehr gut bezahlte Arbeit. Arbeit in Löhne Nicht alle Zeitarbeiter haben auch einen Führerschein für Lastwagen. Wer Brummis fahren darf, fährt aber mit Fahrzeugen der Oval-Gruppe und auch nur für feste Kunden. Wer ohne Führerschein kommt, arbeitet in der Logistikbranche. Die Unterkunft der Arbeiter im Obergeschoss des ehemaligen Hotels Hahnenkamp liegt nach Auskunft von Bunzel in der Nähe ihrer Arbeitsstätte. Das ist ein Betrieb aus der Logistikbranche in der Nachbarstadt Löhne. Für welche Kunden die Litauer und Letten im Einsatz sind, sagt Bunzel nicht. Auch zum Kaufpreis des Hahnenkamps macht er keine Angaben. 2019 stand das 40-Betten-Haus, das in einem rund 200 Jahre alten Fachwerkgebäude eingerichtet wurde, laut einer öffentlich einsehbaren Immobilienanzeige für 630.000 Euro zum Verkauf. Von der Hotel-Einrichtung ist noch einiges im Gebäude erhalten. Bar und Küche stehen noch. In der nächsten Zeit soll das Inventar aber ausgebaut werden. Stattdessen entstehen Sozialräume für die Büromitarbeiter. Auf dem Tresen der Bar steht bereits eine große Kaffeemaschine und ein großer Behälter für Tee. Die kleine Fachwerk-Nische gegenüber der Hotelbar wird bleiben. Dort können Mitarbeiter künftig mitgebrachtes Essen verspeisen. Auf den Tischen davor haben Bewohner aus dem Obergeschoss Geschenke zur Einweihung des neuen Firmensitzes abgestellt, die jeweils ungefähr die Ausmaße der Kaffeemaschine haben: zwei große Teigzapfen mit litauischem Baumkuchen. Der Umbau des Obergeschosses mit den ehemaligen Hotelzimmern ist bereits weitgehend abgeschlossen. Die Firma Oval hat zwischen den Einzelzimmern drei Küchenzeilen eingebaut, damit die Arbeiter sich selbst Essen zubereiten können. Eine Brandmeldeanlage ist nach Angaben von Bunzel inzwischen installiert, eine zusätzliche Fluchttreppe soll in einigen Wochen geliefert und außen am Gebäude befestigt werden. Erinnerung ans afrikanische Restaurant Die Büros der Mitarbeiter des Recruiting-Teams sind bereits fertig und ans Internet angeschlossen. Sie liegen im alten Speisesaal des afrikanischen Restaurants. Ein Teil des Saals bleibt erhalten, ebenso wie der dortige Tresen. "Das soll ein Schulungsraum werden", sagt Bunzel. Die Logistikbranche hat Bedarf an Staplerfahrern, für die man allerdings einen Extra-Führerschein braucht. Wer den nicht hat, soll ihn demnächst im Hahnenkamp machen können. Dann wird dort gebüffelt, wo früher Büffel höchstens auf den Teller kamen. Das Hahnenkamp war schließlich auch als afrikanisches Restaurant bekannt geworden. Eine letzte Erinnerung an Spezialitäten wie Krokodil- und Straußenfleisch in dem Gebäude ist ein Gemälde von Zebras an einer Oase. Jetzt hängt es im künftigen Schulungsraum für Staplerfahrer.

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