Auffällige Wasserproben im Kieswerk: Wurden die Heilquellen angebaggert?

Bad Oeynhausen. Gleich die erste Wasseruntersuchung ergab Besorgniserregendes. Als der Staatsbad-Eigenbetrieb im August Proben aus dem frisch entstanden Baggersee des Kieswerks am Gut Deesberg entnommen hatte, ergab die Analyse Werte, die "über den für einen Kiessee üblichen" lagen, wie die Stadt am Mittwoch mitteilte. Das Ergebnis nährt den Verdacht, dass Solewasser aus den unterirdischen Heilquellen durch die Baggerarbeiten angegraben sein könnten und das Heilwasser nun in den See strömt. Die Stadt hat die Bezirksregierung in Detmold als zuständiger Aufsichts- und Genehmigungsbehörde für das Kieswerk aufgefordert, den Sachverhalt zu prüfen und gegebenenfalls weitere Schritte einzuleiten. Im Mai 2018 hatte das Land Nordrhein-Westfalen – vertreten durch die Bezirksregierung in Detmold – den Planfeststellungsbeschluss erteilt und damit den Kiesabbau am Deesberg an der Weser genehmigt. Das Kieswerk der Unternehmensgruppe Reese (Rinteln) nahm 2019 den Betrieb auf. Laut Planfeststellungsbeschluss darf das Unternehmen nun bis zu 180.000 Kubikmeter Kies und Sand jährlich abbauen – und das zwölf Jahre lang. Bis zu acht Meter tief gräbt sich der Schwimmbagger ins Gelände. Die Bezirksregierung hatte Reese zur Auflage gemacht, regelmäßig Wasserproben aus dem See zu entnehmen, der durch die Kiesabgrabungen entsteht. "Die Analyse-Ergebnisse dieser Proben sind für die Stadt einsehbar", erklärt Bürgermeister Lars Bökenkröger. Und im Sommer seien diese Werte auffällig gewesen. "Deshalb habe die Stadt umgehend entschieden, selbst - ausgeführt vom Staatsbad - Proben zu entnehmen und zu untersuchen. Dieses Recht ist Bestandteil eines Vergleichsvorschlages, den das Oberverwaltungsgericht in Münster im April dieses Jahres gemacht hatte und der dann von allen Beteiligten akzeptiert wurde. Der Vergleich beendete ein Klageverfahren, das die Stadt gegen den Kiesabbau angestrengt hatte. Sie hatte darin die Sorge geäußert, dass die Heilquellen durch die Kiesabgrabungen gefährdet werden könnten. In der ersten Instanz hatte das Verwaltungsgericht Minden die Klage abgewiesen, durch das Recht auf eigene Wasserproben wurde der Rechtsstreit dann im Mai beigelegt. "Das ist genau das, was wir immer befürchtet haben" Und schon die erste Probe habe eine erhöhte Leitfähigkeit - Hinweis auf einen hohen Mineralgehalt und eine erhöhte Salzkonzentration - und auch höhere Temperaturen als die zu erwartenden ergeben. Die Frage, die sich dadurch für die Stadt ergibt, lautet: Können diese Werte darauf zurückzuführen sein, dass Wasser aus den unterirdischen Heilquellen in den Kiesabbau eindringt? Grundsätzlich wäre auch denkbar, dass die Weser unmittelbar neben dem Kieswerk mit ihrer bekannt hohen Salzfracht zumindest für den erhöhten Salzgehalt im Kiessee verantwortlich ist. Bökenkröger aber fürchtet, dass die Ursache in den Heilquellen liegt. "Das ist genau das, was wir immer befürchtet haben", so Bökenkröger mit Verweis auf die Klage der Stadt. Allerdings hatte die Bezirksregierung schon im Zuge des Planverfahrens die Ansicht vertreten, dass der Schutz der Heilquellen ausreichend sei. Auch NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) hatte im April 2019 dem SPD-Landtagsabgeordneten Christian Dahm auf seine Anfrage geschrieben, dass "eine Beeinträchtigung der Heilquellen durch den Kiesabbau auszuschließen" sei. "Nun aber haben wir Werte, die auf etwas anderes schließen lassen", fürchtet der Bürgermeister. "Der Heilquellenschutz hat für uns in Bad Oeynhausen höchste Priorität" , sagte der Bürgermeister der NW. "Wir müssen die Ursache deshalb schnellstens klären lassen." Bezirksregierung schließt Weser als Quelle der Versalzung aus Das aber könne die Stadt nicht selbst tun. Zuständig dafür ist die Bezirksregierung. Die habe zugesagt, nun weitere Ermittlungen aufzunehmen, berichtet die Stadt. Was die Bezirksregierung bestätigt. Die Detmolder Behörde habe zur weiteren Klärung des Sachverhalts den Betreiber der Kiesabgrabung bereits im Oktober aufgefordert, weitere Untersuchungen im See und zur Baggertechnik durchzuführen. "Sobald die Ergebnisse vorliegen, prüft die Bezirksregierung diese erneut. Erste Untersuchungsergebnisse sollten Ende des Jahres vorliegen", schreibt Pressesprecherin Juliane Fröhling auf Anfrage der NW. Schon jetzt aber geht die Landesbehörde davon aus, dass nicht der Fluss Quelle der Versalzung im Kiessee ist. Natürlich aufsteigendes, salziges Tiefenwasser aus dem unter der Weser liegenden Gebirge sei regionstypisch und in der Fachwelt bekannt. Salzhaltiges Grundwasser steige an Bruchzonen im Gebirge auf, die mehr als 1.000 Meter in die Tiefe reichen. Diesen geologischen Strukturen sei auch das Heilquellenvorkommen von Bad Oeynhausen zu verdanken. "Die Weser hat geringere Salzgehalte, daher ist ein Zusammenhang auszuschließen", so die Pressesprecherin der Bezirksregierung. Neuer Quellenschutz bleibt "im Verfahren" Eine neue Heilquellenschutzverordnung für Bad Oeynhausen befindet sich laut Detmold zurzeit im rechtlich dafür vorgesehenen Verfahren. Die Entwurfsfassung des Schutzgebietsgutachtens liege der Bezirksregierung vor. Die Gutachter seien dabei, notwendige Änderungen einzuarbeiten und bis Ende Januar 2022 die Endfassung des Gutachtens zu übermitteln. Der Verordnungsentwurf werde im ersten Quartal 2022 mit den Hauptbeteiligten vorabgestimmt. Einen Nachteil für die Stadt durch eine fehlende, rechtsgültige Schutzverordnung sieht die Bezirksregierung offenbar nicht. "Die Notwendigkeit der Ausweisung eines Heilquellenschutzgebietes für die staatlich anerkannten Heilquellen von Bad Oeynhausen steht in keinem Zusammenhang mit der Abgrabung Gut Deesberg", so die Pressesprecherin.

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