Nach Gläserwurf: Adiamo-Türsteher verliert beinahe sein Augenlicht

Bad Oeynhausen. Ein junger Türsteher der Diskothek &bdquo;Adiamo“ im Kaiserpalais hat wegen eines randalierenden Gastes beinahe sein Augenlicht verloren. Wie erst jetzt durch einen Strafprozess im Amtsgericht Bad Oeynhausen bekannt wird, hat es nach dem Lou-Bega-Konzert (&bdquo;Mambo NumberFive“) am 21. September 2018 auf der After-Show-Party weit nach Mitternacht mehrere Verletzte gegeben. Lou Bega war da schon weg. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld hat mehr als zwei Jahre später einen 24-jährigen Mann aus dem Landkreis Hildesheim wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Der Mann soll mehrere Gläser und Flaschen von der Bar in die tanzende Menge geworfen haben. Dabei wurde der Türsteher, sein Chef sowie zwei Gäste getroffen. Ein Glas zerschellte auf der Stirnglatze des Sicherheitschefs der Diskothek. Der 52-jährige blinzelte offenbar im richtigen Moment. Ein Splitter traf ihn am rechten Auge, verletzte ihn aber nicht schwer. Die Narbe auf der Stirn ist dagegen deutlich zu sehen. Sein 24 Jahre alter Mitarbeiter hatte Glück im Unglück. Ein Glassplitter durchbohrte sein linkes Auge und durchtrennte die Netzhaut. Noch in der gleichen Nacht wurde er operiert. Er wird wohl keine bleibenden Schäden davon tragen, kann wieder sehen, laboriert aber noch an den Folgen der Verletzung. Das Auge schmerzt bei Hell-Dunkel-Wechseln. Der Angeklagte schweigt zunächst Angeklagt ist ein ebenfalls 24 Jahre alter Mann aus dem Landkreis Hildesheim, der mit Freunden und deren Eltern zum Lou-Bega-Konzert angereist war. Er schweigt zu den Vorwürfen. Offenbar gab es bereits an der Tür Probleme. Der Sicherheitschef der Diskothek wollte die Gruppe nicht hereinlassen. &bdquo;Ich hatte kein gutes Bauchgefühl“, erklärte der Sicherheitschef. Die Gäste hätten &bdquo;einen aggressiven und arroganten Eindruck“ gemacht. &bdquo;Optisch waren die top gekleidet, aber innen?“, so der Sicherheitschef, der nach eigenen Angaben früher beim sowjetischen Militär gearbeitet hat. Nach längerer Diskussion ließ dann jedoch der Geschäftsführer des &bdquo;Adiamo“ die Gruppe ein. Nach dem Konzert und auch erst weit nach Mitternacht gab es dann Stress auf der Tanzfläche. Angeblich sollen der Angeklagte und seine Begleiter mehrere Frauen belästigt haben. Die Frauen erzählten das mehreren Männern aus ihrem Freundeskreis und die machten sich auf, die vermeintlichen Belästiger zurecht zu weisen. Dann flogen die Gläser. "Gesichter vergesse ich nicht!" Der Sicherheitschef will den Angeklagten als Täter erkannt haben. Das hat er bereits am 22. September 2018 gegenüber der Polizei ausgesagt. &bdquo;Namen vergesse ich, Gesichter nicht!“, sagt der 52-Jährige und wendet sich direkt an den Richter: &bdquo;Ihr Gesicht vergesse ich auch nicht, wenn sie bei mir an der Tür erscheinen.“ Der junge, verletzte Türsteher ist damals von der Polizei offenbar nicht sofort zum mutmaßlichen Täter befragt worden. Im Gerichtssaal erkennt er den Angeklagten jedoch wieder. Die beiden Männer, die den tanzenden Frauen zur Hilfe kamen, erinnern sich nur noch an einen kleinen Mann mit kurzen, dunklen Haaren und mit markanter Narbe auf der Stirn. Sie glauben nicht, dass der Gläserwurf ihnen gegolten haben könnte, obwohl sie ebenfalls leicht verletzt wurden. Eine junge Mutter, die mit den Männern, darunter auch ihr Schwager, zum Konzert gekommen war, wurde von Splittern leicht am Hals verletzt. Sie ist sich sicher: &bdquo;Der Angeklagte wollte meinen Schwager treffen.“ Auf Nachfragen des Verteidigers, wieso sie sich so sicher sei, entgegnet die Eisverkäuferin: &bdquo;Sein Bild wurde mir eben gezeigt.“ Wie sich herausstellt, haben die zahlreichen Zeugen sich offenbar die Wartezeit vorm Gerichtssaal mit Gesprächen über den Diskoabend vertrieben. Ein Türsteher hat auf seinem Handy die Facebookseite des Adiamo geöffnet, wo ein Foto vom Angeklagten zu sehen sein soll. Der Verteidiger findet, dass diese Absprache die Glaubwürdigkeit der Zeugen erschüttert. Das Gericht laufe Gefahr, einen Unschuldigen zu verurteilen. Er fordert Freispruch. Vermeintliche Falschaussagen Das sieht die Staatsanwältin ganz anders. Der Täter sei nicht erst über Facebook, sondern bereits durch die Zeugenaussage des Sicherheitschefs ermittelt worden. Freunde und Bekannte des Angeklagten wollten ihm offenbar ein Alibi geben und seien damit &bdquo;nahe an der Falschaussage“. Sie kündigt Ermittlungen an. Der Angeklagte ergreift schließlich doch noch das Wort und wiederholt, was Freunde und Bekannte dem Gericht erzählt haben: Er sei mit einem Freund auf die Toilette gegangen und habe von dem Glaswurf gar nichts mitbekommen. Als die Disko vorzeitig geschlossen wurde, habe er davon erfahren. Der Richter schenkt diesen Aussagen keinen Glauben und verurteilt den bereits wegen gefährlicher Körperverletzung vorbestraften Angeklagten, wie von der Staatsanwaltschaft gefordert, zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft. Der Angeklagte habe es versäumt, ein Geständnis abzulegen und Pluspunkte zu sammeln: &bdquo;Es war purer Zufall, dass zwei Zeugen nicht ihr Augenlicht verloren haben.“ Die Strafe sei hoch, aber angemessen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Meistgelesen