Von der Westernstadt bis zum Palmenstrand

Bad Oeynhausen. Ein Palmenstrand in der Karibik. Ein Restaurant in China. Oder doch lieber eine lebendige Westernstadt? Für Michael Gronau ist das kein Problem. In dem 1.500 Quadratmeter großen Lager, das der Firmenchef der Viva-Veranstaltungsagentur über zwei Stockwerke hinweg in einem historischen Fabrikgebäude in der Südstadt verwaltet, gibt es Kulissen und Dekorationsartikel für nahezu jede Szenerie und für jedes Motto. Schließlich stattet der 61-Jährige seit den 80er Jahren Feste, Messen und Veranstaltungen in ganz Deutschland aus. Über die Jahrzehnte hinweg hat sich da ein gigantischer Fundus angesammelt. Verdammt kalt ist es im Winter in den Lagerräumen der historischen Fabrik, in der vor dem Zweiten Weltkrieg Möbel hergestellt wurden. Denn: Beheizt werden nur die Büroräume mit den meterlangen Schränken, in denen Michael Gronau hunderte Akten aufbewahrt und den organisatorischen Teil seiner Arbeit erledigt. Anders sind die Temperaturen in dem Lager: Gleich neben dem Eingang sind dort 30 laufende Meter von der Fassade einer Westernstadt aufgestapelt. &bdquo;Die stammen aus dem Auftrag einer Küchenmöbelfirma in Hiddenhausen“, erinnert sich Michael Gronau. Der Weg führt vorbei an Palmenstränden Vorbei an dicken Tauen, Wasserschläuchen, Tontöpfen und Petroleumlampen geht es weiter zu riesigen Leinwänden mit Karibikmotiven und Palmenstämmen. Ein Fundus, der selbst einen erfahrenen Regisseur wie den aus Bad Oeynhausen stammenden Dramatiker Fred Apke beeindruckt: &bdquo;Hier lagert mehr, als in vielen Theatern“, schätzt der Fachmann das Ausmaß des Inventars ein. Ganze Hausfassaden bewahrt Michael Gronau in seinem Lager auf. Dazwischen sind die ausgedienten Bühnenbilder, die der Firmenchef dem Detmolder Landestheater abgekauft hat, deponiert. In einem extra Raum überwintern allein rund hundert Grünpflanzen. 70 Meter Zaun grenzen an Regalwände, in denen hunderte Scheinwerfer untergebracht sind. &bdquo;Schließlich ist mein Hauptgeschäft mit ungefähr einem Drittel die Einrichtung von gewerblichen Veranstaltungen. Ein Viertel meiner Tätigkeit spielt sich auf Messen ab. Und den Rest machen lokale Veranstaltungen aus“, beschreibt Michael Gronau seine Auftraggeber. Zu denen gehört auch das Staatsbad, für das der 61-Jährige sowohl für die Parklichter als auch für den Weihnachtsmarkt tätig ist. Genau von dort stammen auch die orangefarbenen Weihnachtssterne aus der Klosterstraße, die ihren festen Platz in einem bestimmten Bereich des Lagers haben. Allerdings: Die Pandemie hat auch dem erfahrenen Veranstaltungsfachmann einen Strich durch die Rechnung gemacht: &bdquo;Meine Aufträge sind um rund 95 Prozent eingebrochen“, beziffert der Geschäftsmann den Verlust. Verschiedene Berufe in einer Person Auf der gleichen Ebene wo die Weihnachtssterne untergebracht sind, bewahrt Michael Gronau die großen Rollen mit den Resten des Bodenbelags auf, der in unterschiedlichen Farben im Mensazelt der Grundschule Altstadt die einzelnen Aufenthaltsbereiche kennzeichnet. Einen Raum weiter lagern die Utensilien, mit denen der Veranstaltungsmanager für das hiesige Casino ein chinesisches Neujahrsfest eingerichtet hat. Und die textilen Drucke in Zelthöhe, die er für das 100-jährige Jubiläum des Lebensmittellieferanten Edeka eingesetzt hat. Aber auch die Eingangskulisse für das Café Casablanca, das Michael Gronau für eine Filmparty zum Thema &bdquo;Oscar“ im Herforder Elsbachhaus gebaut hat. Für diese Arbeiten verfügt der Firmenchef mitten in seinem Lager nicht nur über einen extra Raum, in dem Stoffe und Folien zugeschnitten und bearbeitet werden, sondern auch über eine eigene Werkstatt. Die nötigen Kenntnisse erwarb Michael Gronau von seinem Vater, einem gelernten Tischler. &bdquo;Ich bin ihm bereits als 13-Jähriger beim Hausbau zur Hand gegangen“, erinnert sich der Agenturinhaber an seine Lehrjahre. Handwerker, Dekorateur, Kaufmann, Ideengeber. Und vor allem: Ein Organisationstalent. Der Aufgabenbereich von Michael Gronau ist vielseitig. Und ist noch vielseitiger geworden, seit der 61-Jährige jüngst das Bühnenbild mit der riesigen Voliere und dem Thron für die neuste Inszenierung des Kleinen Theaters Rehme gebaut hat: &bdquo;Als Johannes Kindler mir erzählte, was er plant, hatte ich sofort eine Idee für den Schauplatz“, erinnert sich Michael Gronau. Wirkliches Neuland sei das für ihn nicht, sagt der Veranstaltungsmanager. Denn: &bdquo;Egal ob ich eine Messe ausstatte oder eine Bühne einrichte – es geht immer darum, die Erwartungen des Publikums in einem Spannungsbogen zu brechen. Sobald die behördlichen Auflagen geprüft sind, werden der Theaterchef und der Agenturinhaber vermutlich dauerhaft zusammenarbeiten. Denn das Kleine Theater Rehme plant, in der alten Möbelfabrik sesshaft zu werden. Direkt neben dem Lager, in dem alles liegt, was ein Theaterherz höher schlagen lässt.

Meistgelesen