Ein Politiker-Paar sagt Tschüß zur Kommunalpolitik in Bad Oeynhausen

Bad Oeynhausen. Gesunde Finanzen sind das A & O für eine erfolgreiche Kommunalpolitik. Nur dann könne Politik gestalten. Da ist sich das Politiker-Ehepaar Gisela und Ulrich Kaase einig. Und so lag beiden bei ihrem kommunalpolitischen Engagement vor allem die Finanzpolitik am Herzen. Mit dieser Einigkeit war es allerdings vor bei, wenn es um das Thema Kreisumlage ging. "Ein ewiger Knackpunkt", sagt Gisela Kaase, "denkt bitte an die armen Städte. Wird die Umlage an den Kreis erhöht, nehmen die Gestaltungsmöglichkeiten der Stadt ab." Gegenrede ihres Mannes Ulrich: "Die Kreisumlage ist die einzige wesentliche Einnahme, die wir beeinflussen können. Die Ausgaben dagegen - Soziales und andere Transferleistungen - sind fremdbestimmt." Am Ende einer jeden Haushaltsdiskussion in den vergangenen 26 Jahren aber hatten die beiden SPD-Politiker in ihrem Haus in Werste den notwendigen Kompromiss in Sachen Kreisumlage meist schon früher gefunden, als der Kreistag im großen Sitzungssaal der Kreisverwaltung. 26 Jahre im Stadtrat, 31 Jahre im Kreistag Doch dererlei Diskussionen haben die beiden bereits vor der Kommunalwahl im September ad acta gelegt. Denn Gisela Kaase hat nicht mehr für den Stadtrat kandidiert und Ulrich Kaase nicht mehr für den Kreistag. Das Ehrenamt der stellvertretenden Bürgermeisterin, das sie seit 1999 bekleidet, übt sie noch aus bis die Nachfolge ernannt ist. "Allerdings habe ich da - auch corona-bedingt - kaum noch Termine", sagt die 74-Jährige. Termine hat sie in diesen 21 Jahren zahllose gehabt. Ihr allererster ist ihr dabei besonders in Erinnerung geblieben. "Das war eine Charity-Veranstaltung im Kurhaus, Schirmherr und Ehrengast war der Prinz von Jugoslawien. Da musste ich meine erste Rede halten und war sehr nervös", erzählt Gisela Kaase. Es habe aber alles gut geklappt. Gestalten wollen die Kaases künftig nur noch ihre Zeit im Ruhestand. 31 Jahre lang war der 73-Jährige Mitglied des Kreistages, war von 2004 bis 2014 Vorsitzender der SPD-Fraktion, Mitglied der Landschaftsversammlung und des Ausschusses für kommunale Wirtschaft, saß im Verwaltungsrat der Mühlenkreiskliniken und war Vorsitzender des Betriebsausschusses. Im Hauptberuf war Ulrich Kaase von 1974 bis zu seiner Pensionierung als Sonderschullehrer an der Bernartschule tätig, davon 25 Jahre als deren Leiter. "Ich habe Mathematik und Physik für die Sekundarstufe I studiert und später noch ein zweijähriges Zusatzstudium für Sonderpädagogik in Dortmund", erzählt Kaase. Zur Kommunalpolitik brachte ihn sein Lehrerkollege Lothar Dräger und die Erkenntnis, dass "einfach nur wählen zu gehen, zu wenig für den Erhalt unserer Demokratie ist." Mitglied der SPD war er seit 1978. "Vor der Kommunalwahl 1989 war ein Wahlkreis in Bad Oeynhausen vakant", erinnert sich Ulrich Kaase. Nach der Wahl zog Kaase in den Kreistag ein. Beide machten die Finanzpolitik zu ihrem Hauptanliegen Neben seinem Interesse für die Finanzpolitik engagierte sich der heute 73-Jährige in der Sozialpolitik. Als wichtige Säulen in der Sozialpolitik des Kreises stuft er die Entwicklungdes Altenhilfeplans und Psychiatriekonzept Anfang der 90er Jahre ein, Ende der 90er Jahre die Einführung von Hartz IV - der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, die Gründung der ProArbeit. Und natürlich später in den 2000er Jahren die Planungenfür den Neubau des Mindener Klinikums. "Die 90er Jahre waren geprägt von der Wiedervereinigung", erinnert sich Ulrich Kaase und damit auch an einen Besuch im Kreis Prenzlau, dem Partnerkreis von Minden-Lübbecke im Jahrder Wiedervereinigung. Dass dieses Jahrzehnt aber auch von klammen Kommunalkassen geprägt war, erlebte er als Mitglied der Landschaftsversammlung hautnah mit. "Da ging es viel darum, von welchen Beteiligungen sich das Land trennen kann. RWE, EMR - wesentliche Anteile wurden verkauft", so Kaase. 1999 folgte mit der Abschaffung der Doppelspitze der nächste Umbruch. An der Spitze der Kreisverwaltung stand nun Landrat Wilhelm Krömer, die SPD im Kreis musste sich mit der Rolle der Opposition begnügen. Gisela Kasse: "Hatte immer das Gefühl etwas gestalten zu können" Gleiches erlebte auch Gisela Kaase im Stadtrat mit Gerhard Paul als erstem hauptamtlichem Bürgermeister der Kurstadt an der Spitze. Gisela Kaase, seit 1989 in der SPD, wollte bei ihrem Eintritt in die Stadtpolitik 1994 eigentlich nur als sachkundige Bürgerin mitmachen. "Aber Kurt Brandt hat mich damals überredet für den Rat zu kandidieren", so Kaase. Sie willigte ein, denn Politik war im Hause Kaase damals schon das Thema Nr. 1 - manchmal auch zum Leidwesen der beiden heute längst erwachsenen Kinder. "Ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass ich etwas gestalten und bewegen kann", beschreibt Gisela Kaase ihre Motivation. Einen solchen Gestaltungserfolg verbuchte sie gleich zu Beginn ihres politischen Engagements. "Es ging um die Erweiterung des Kindergartens an der Stüher Straße. Der Wunsch kam aus der Werster Bevölkerung", erinnert sich Kaase. Der Antrag auf Erweiterung sei bei dem damaligen Stadtdirektor Kröll auf wenig Gegenliebe gestoßen - letztlich aber sei er vom Stadtrat befürwortet worden. Nicht nur aufgrund dieser Erfahrung sei ihr der Kontakt zu den Menschen immer sehr wichtig gewesen. "Das ist zwar nicht immer einfach, wenn man berufstätig ist und Familie hat", sagt die Bilanzbuchhalterin im Ruhestand, die gemeinsam mit ihrem Mann zwei erwachsene Kinder und nun zwei Enkeltöchter hat. "Aber wir haben uns bei Feiern und Veranstaltungen, bei Festen in den Vereinen immer sehen lassen und so mitbekommen, wo der Schuh drückt."

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