Betrunkener Arzt beschimpft und attackiert Sanitäter im Bierhaus Brösel

Bad Oeynhausen. Sich um betrunkene und randalierende Kneipengäste zu kümmern, gehört für Polizeibeamte wie für Rettungssanitäter zum Alltag. Dass der Einsatz im Bierhaus Brösel am 23. April 2019 in besonderer Erinnerung bleibt, liegt an dem Beruf des Angeklagten. Hubert Schulz (Name von der Red. geändert) ist Internist, hat jahrelang selbst als Notfallarzt gearbeitet. "Ich hatte zu den Sanitätern einfach kein Vertrauen und fühlte mich provoziert", nennt er vor dem Amtsgericht als Grund für sein Verhalten, das ihm ein Strafverfahren wegen Beleidigung und Widerstands gegen Rettungskräfte eingebracht hat. Als der 55-jährige Mediziner abends die Kneipe in der Klosterstraße betritt, hat er fest vor, sich zu betrinken: "Ich suchte einen Ausweg aus meiner schweren seelischen Krise". Am Morgen hatte er die Konsequenzen aus jahrelangem Stress mit seinem Chef gezogen und gekündigt. Nach mehreren Gläsern Weizenbier verspürt er keine Entspannung, dafür starke, bis in den Arm ausstrahlende Schmerzen in der Brust. Als Mediziner weiß er, dass das Symptome von Angina pectoris, möglicherweise auch Vorboten eines Herzinfarktes sind. Er greift zum Handy und alarmiert den Rettungsdienst. Unhöflich und übergriffig "Die beiden Sanitäter haben sich nicht vorgestellt", kritisiert er. Stattdessen hätten sie ihn sofort angefasst. "Aufdringlich" empfindet er das und lehnt sofort weitere Maßnahmen durch die Sanitäter ab. Stattdessen will er sich jetzt von seiner Freundin, die er zuvor ebenfalls angerufen hat, direkt ins Krankenhaus bringen lassen. Die Situation ist aus dem Ruder gelaufen, räumt er in der Verhandlung ein. Er sei ausgerastet und habe die Sanitäter mehrfach beschimpft und beleidigt. Andererseits hätten die Sanitäter auch zur Eskalation beigetragen. Gegen seinen Willen sei er zur Toilette begleitet worden: "Das war übergriffig". Mit weiteren Beleidigungen habe er sich dagegen zur Wehr gesetzt. Für die entschuldigt er sich ausdrücklich und mehrfach, macht aber auch klar: "Ich bin nicht gewalttätig geworden". Der Sanitäter, der vor dem Amtsgericht als Zeuge vernommen wird, hat das allerdings anders in Erinnerung. Hubert Schulz habe einen Aschenbecher ergriffen und damit seine Kollegin bedroht. Weil sie weitere Ausschreitungen fürchten, alarmieren sie die Polizei. Als "stark alkoholisiert und aggressiv" haben die beiden Beamten den Angeklagten in Erinnerung. Eine halbe Stunde versuchen sie vergeblich, ihn zu beruhigen. "Wir wurden massiv beschimpft", erklären die Zeugen. "Weil ich provoziert wurde", hält der Angeklagte dagegen. Als er sich als Arzt vorgestellt habe, sei das mit abschätzigem Lachen und der Bemerkung, das kann ja jeder sagen, kommentiert worden. Bei der Festnahme wurde ein Finger gebrochen Vorübergehend wird Schulz mit Handfesseln fixiert, schließlich gelingt es den Beamten, ihn in den Rettungswagen zu setzen. Sie begleiten das Fahrzeug zum Krankenhaus und bleiben weiter im Einsatz. Pflegekräfte in de Notaufnahme bitten um Schutz, weil Schulz auch sie beleidigt. 2,2 Promille Blutalkoholgehalt weist seine Blutprobe aus - dazu aber auch deutliche Spuren eines starken Beruhigungsmittels. "Das habe ich nie genommen", erklärt der Angeklagte. Dass ihm das von einem Kollegen gespritzt worden sei, sei ein ärztlicher Kunstfehler. Das juristisch zu klären, hat er allerdings nicht vor. Offen bleibt auch, wer für den Bruch eines Fingers während der Festnahme verantwortlich ist. Ob Schulz aber tatsächlich die Sanitäterin mit dem Aschenbecher bedroht hat, diese Frage will das Gericht mithilfe eines weiteren Zeugen beantworten. Auch der Wirt des Brösel hat den Vorfall beobachtet, ist aber nicht zur Verhandlung erschienen. Seine Vernehmung ist nun für den 17. März ab 10 Uhr geplant. Auch für das Gericht ist das Geschehen im Brösel nicht alltäglich. Der Paragraf 115 (Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Rettungskräfte) wurde erst 2017 ins Strafgesetzbuch aufgenommen.

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