Vier Jahre Haft für Therapeuten? Urteil im Missbrauchsprozess erwartet

Bad Oeynhausen. Den Besitz von Kinderpornos sowie das Fotografieren seiner kleinen unbekleideten Patientinnen hat Rainer M.-B. im Verlauf des Prozesses gestanden. Den Verdacht des sexuellen Missbrauchs aber weist der 61-jährige Therapeut weit von sich und begründet Berührungen mit therapeutischen Maßnahmen. Am heutigen Mittwoch nun soll in Bielefeld das Urteil gesprochen werden. Wie berichtet legt die Staatsanwaltschaft dem Physiotherapeuten 40 Mal sexuellen Missbrauch von Kindern, davon 23 Mal schwerer sexueller Missbrauch, Körperverletzung sowie der Besitz und die Erstellung von Kinderpornografie – hier ist die Rede von mehr als 10.000 Fotos – zur Last. Seine ein Jahr ältere Ehefrau steht wegen Beihilfe ebenfalls seit September vor dem Landgericht Bielefeld. Die gelernte Kinderkrankenschwester arbeitete als 450-Euro-Kraft in der Praxis. Staatsanwaltschaft fordert vier Jahre Haft für den Hauptangeklagten Am letzten Verhandlungstag am Dienstag sprach hinter verschlossenen Türen der psychiatrische Gutachter Carl von Schönfeld, anschließend wurde plädiert. Weil Teile des Prozesses nicht öffentlich waren, wurden auch die Plädoyers hinter verschlossenen Türen gehalten. Laut Richter Guiskard Eisenberg, dem Sprecher des Bielefelder Landgerichts, fordert die Staatsanwaltschaft für den Hauptangeklagten eine Freiheitsstrafe von vier Jahren. In einigen Anklagepunkten plädiere sie für Freispruch. Außerdem solle das Gericht ein vierjähriges Berufsverbot für die Behandlung von minderjährigen Mädchen verhängen. Die Frau solle freigesprochen werden. Die Nebenklage wolle auch eine vierjährige Freiheitsstrafe, wobei ein Teil davon zur Bewährung ausgesetzt werden solle. Die Nebenkläger forderten im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft aber auch eine Strafe für die mitangeklagte Frau des Physiotherapeuten. Die Urteilsverkündung und die Urteilsbegründung am Mittwoch sind öffentlich. Anfang Oktober gab Rainer M.-B. zu, kinderpornografische Fotos besessen und angefertigt zu haben. &bdquo;Mein Mandant weiß, dass er eine Richtung in die Pädophilie hat“, erklärte Anwältin Iris Grohmann. &bdquo;Aber er kennt seine Grenzen.“ Somit habe ihr Mandant zwar Kinderpornos besessen, selbst angefertigt und zuhause gelagert, aber nicht weiter verbreitet. Seine Ehefrau Reinhild M.-B. will von all dem nichts mitbekommen haben. Sie kenne weder die sexuelle Neigung ihres Mannes, noch Nacktfotos, noch habe sie sich gewundert, dass er fremde nackte Kinder bei ihren Urlauben am Strand fotografiert habe. &bdquo;Ich denke, er hat Fehlstellungen bei den Kindern fotografiert“, begründete Reinhild M.-B. die Fotos. Auch sei ihr das Wort &bdquo;Pädophilie“ unbekannt, erklärte die gelernte Kinderkrankenschwester und ausgebildete Tagesmutter vor Gericht. Dabei, so die Richter im Oktober, hätten Tochter und Schwiegersohn Reinhild M.-B. bereits früher mit dem Pädophilie-Verdacht gegen den Vater konfrontiert. Acht mutmaßliche Opfer des Therapeuten hat die Staatsanwaltschaft ausfindig gemacht Acht mutmaßliche Opfer des Therapeuten hat die Staatsanwaltschaft ausfindig gemacht, sie alle sollen zum Tatzeitpunkt zwischen sechs und zwölf Jahre alt gewesen sein. Bei den Behandlungen der Kinder wollte Rainer M.-B. laut Zeugenaussagen gern allein sein. Aus therapeutischen Gründen mussten Eltern in der Praxis an der Bahnhofstraße meist vor der Tür auf ihren Nachwuchs warten. Weil die Ermittlungen gegen den 61-Jährigen nur mit großen Verzögerungen vorankamen und die Polizei von den ersten Hinweisen bis zur Verhaftung 16 Monate brauchte, machte der Fall bundesweit Schlagzeilen. Drei Durchsuchungsversuche der Mindener Polizei scheiterten, weil die Beamten niemanden antrafen. Erst der vierte Versuch Anfang März war erfolgreich – drei Wochen später folgte die Verhaftung. Zur Unterstützung übernahm die Dortmunder Kripo den Fall.

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